Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Gefahrenbefeuerung

Licht aus

Wenn Windenergieplaner neue Projekte in Bürgerversammlungen vorstellen, steht ein Thema immer auf der Tagesordnung: Wie haltet ihr es mit der Befeuerung? Kaum ein anderes Thema vermag die Gemüter der Anwohner so zu erhitzen wie das nächtliche rote Dauerblinken, mit dem Windenergieanlagen Piloten herannahender Hubschrauber oder Flugzeuge auf sich aufmerksam machen müssen. „Seit Windenergieanlagen regelmäßig eine Höhe von mehr als 100 Metern erreichen, haben sich Beschwerden von Anwohnern über diese Lichtemissionen gehäuft“, heißt es in einem Hintergrundpapier der Fachagentur Wind­energie an Land unter Berufung auf eine Studie aus dem Jahr 2008.

Doch seit dem 1. September 2015 erlaubt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Lufthindernissen (AVV) die sogenannte bedarfsgesteuerte Befeuerung für Windenergieanlagen – unter bestimmten Bedingungen: Neben den technischen Vorschriften zur Lichtstärke und Farbe muss das System von der Deutschen Flugsicherung (DFS) anerkannt sein.

Drei Systeme am Markt

Mittlerweile haben drei Systeme die Anerkennung der DFS erhalten und sind mindestens mit Pilotprojekten am Markt präsent: Airspex von Enertrag und Quantec Networks mit einem System des dänischen Unternehmens Terma, das auch der Windenergieanlagenhersteller Nordex verwendet. Beide setzen auf Primärradar. Das bedeutet: Im oder in der Nähe des Windparks wird ein elektromagnetischer Sender und Empfänger installiert, dessen Signale von nahenden Flugobjekten reflektiert werden. Über eine Datenverbindung zum Windpark und entsprechende Schnittstellen wird die Befeuerung der Anlagen rechtzeitig in Betrieb genommen.

Gescheitert ist indessen die Idee, ein Empfangsgerät im Windpark zu installieren, das die Strahlung aus den im Flugzeug installierten Transpondern auffängt. Denn laut AVV muss das System grundsätzlich von der technischen Ausstattung der Luftfahrzeuge unabhängig sein.

„Bisher basierte unser Airspex-System auf einem Primärradarsensor, der an der Peripherie des Windparks angeordnet wurde“, sagt Thomas Herrholz, Geschäftsführer Enertrag Systemtechnik, dessen System als erstes bereits 2014 die Zulassung der DFS erhielt. Doch statt wie bislang einzelne Windparks mit Systemen auszustatten, wollen die Uckermärker in zwei neuen großen Projekten verbesserte Technik einsetzen. In der Uckermark und in Schleswig-Holstein plant das Unternehmen, die Sensoren so einzusetzen, dass sie jeweils mehrere hundert Windenergieanlagen erfassen können. „400 Windenergieanlagen werden in der Uckermark mit zwei Sensoren erfasst. So können auch andere Betreiber das Radarsignal als Dienstleistung nutzen“, sagt Herrholz.

Monatliche Servicegebühr

Auch Quantec Networks aus Hannover will das von seinem System bereitgestellte Radarsignal für verschiedene Betreiber anbieten. Für die Nutzer sind dann eine einmalige Anschluss- und eine monatliche Servicegebühr fällig. „Kunden können von uns natürlich auch ein schlüsselfertiges System bekommen“, betont Geschäftsführer Alexander Gerdes. Die Quantec-Sensoren könnten ein Gebiet von bis zu 1.000 km² abdecken.

Für Bestandsparks ist dann noch die Frage zu klären, wie das Signal zu den Anlagen kommt. Quantec löste das Problem über eine Empfangsbox im Windpark, Airspex hat hingegen für das Südermarsch-Projekt in Schleswig-Holstein einen Nutzungsvertrag mit dem regionalen Breitbandanbieter abgeschlossen. Probleme mit den zusätzlichen Strahlungsemissionen gebe es nicht, versichern beide Anbieter. Natürlich komme diese Frage auf jeder Bürgerversammlung, aber die Intensität der Strahlung sei nicht größer als die eines Mobilfunkmastes. „Die Bundesnetzagentur prüft zudem jedes System und jeden Standort“, sagt Alexander Gerdes.

Passivradarsensoren erfassen Echo

Ein anderes System wartet hingegen noch auf die endgültige Zulassung. Parasol – vom Projektentwickler Dirkshof gemeinsam mit dem Fraunhofer-­Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR entwickelt – setzt auf Empfang. Passivradarsensoren im Windpark erfassen das Echo, das Flugobjekte in den ohnehin schon vorhandenen Strahlen auslösen. Darin lägen Vorteile, sagt Michel Ahrendsen, Vertriebsingenieur Passivradarsysteme: „Wir verzichten auf zusätzliche Strahlung und brauchen keine Frequenzfreigabe der Bundesnetzagentur.“ Zudem sei Parasol wartungsärmer, weil keine aktiven Systeme verbaut würden.

Allerdings hat dem Unternehmen die Abschaltung des digitalen Satellitenfernsehens HDTV einen Strich durch den Zeitplan gemacht. „Unser System hat die erste Stufe der Zulassung durch die DFS geschafft“, sagt Ahrendsen. Nun muss das Pilotprojekt im Beisein der DFS abgeflogen werden, um die Funktion auch praktisch unter Beweis zu stellen. „Das neue DVBT-2-System sendet mehr Informationen, wir konnten unser System aber erst nach der kompletten Umstellung Ende März darauf einstellen“, so Ahrendsen. Er rechnet fest damit, dass das Parasol-System in absehbarer Zeit am Markt zur Verfügung steht.

Und die Systeme sind gefragt. Alle Anbieter haben Projekte unter Vertrag oder in der Warteschlange. „Es kommt Bewegung in den Markt“, sagt Gerdes, da nun nach langer Diskussion die gesetzlichen Regelungen feststünden und die ersten Projekte umgesetzt würden. Neben den Anwohnern sind auch die Behörden aufmerksam geworden. So kann die Installation eines Systems zur bedarfsgerechten Befeuerung als Teil der Genehmigung oder per städtebaulichen Vertrag geregelt sein. Zudem legen einige Bundesländer vor: In Mecklenburg-Vorpommern ist eine Befeuerung nach Bedarf seit dem 1. Januar dieses Jahres verpflichtend für alle Windparks, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchlaufen müssen. Diese besteht für alle Parks, die mehr als 20 Windenergieanlagen umfassen.

In Schleswig-Holstein setzt man auf Kooperation. Hier wird ein Abschlag auf die Ersatzzahlung für Eingriffe ins Landschaftsbild gewährt. Der nordrhein-westfälische Landtag hat Ende Januar die Landesregierung aufgefordert zu prüfen, ob für neue Windenergieanlagen eine allgemeine Pflicht zur bedarfsgerechten Befeuerung eingeführt werden sollte und wie diese ausgestaltet sein könnte. Für Bestandsanlagen soll die Landesregierung zudem ausloten, wie und in welchem Umfang die Ausgleichszahlungen der Anlagenbetreiber über den Einsatz bedarfsgerechter und vernetzter Befeuerung modifiziert werden können.

Der Bundesverband Windenergie (BWE) lehnt eine gesetzliche Regelung ab und setzt auf einen Ausgleich über die Berechnung des Ersatzgeldes für den Eingriff in das Landschaftsbild, wobei die Instal­lation des Systems auch wirtschaftlich darstellbar sein müsse. „Wir brauchen keine zusätzliche gesetzliche Regelung, denn aus dem Minimierungsgebot des Bundesnaturschutzgesetzes geht schon hervor, dass Eingriffe so gering wie möglich ausfallen sollen, wenn es wirtschaftlich tragbar ist“, betont auch Alexander Gerdes.

„Für eine Verpflichtung ist es aus technischer und aus Kostensicht zu früh“, meint auch Michel Ahrendsen. Für kleine Projekte könnte das ein K.o.-Kriterium sein. „Eine bundesweit einheitliche Regelung wäre auf jeden Fall sinnvoll, gerade auch mit Blick auf die Ausschreibungen“, sagt auch Thomas Herrholz. Noch sei die Installation „in den meisten Fällen reines Wohlwollen der Betreiber.“ Klar sei aber: „Licht aus – und die Leute sind glücklich.“ (Katharina Wolf)

Dieser Artikel ist in unserem Print-Magazin erschienen. Mehr exklusive Artikel erhalten Sie, wenn Sie jetzt ein  kostenloses Probeheft   online bestellen.