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Grünes Geld

Von allem weniger

Keine 24 Stunden, dann war Bürgerwind Markt Dachsbach finanziert. Zwei Wochen hatten Bürger der Region die Möglichkeit gehabt, dem Projekt Geld zu leihen. Dann schaltete die Crowdfunding-Plattform GLS Crowd die Investitionsmöglichkeit auch für andere Interessenten frei. Noch am gleichen Tag gegen 23 Uhr war das benötigte Geld zusammen. Das Beispiel zeigt, wie begehrt Investitionen in erneuerbare Energien derzeit sind. Und wie eng der Markt ist. Interessenten müssen gute Angebote suchen – und ihre Rendite-Erwartungen im Vergleich zu früher deutlich runterschrauben.

Üppiges Angebot vor zehn Jahren

Noch vor gut zehn Jahren war es einfach: Wind- und Solarparks, Biogasanlagen, solarthermische Kraftwerke und andere Objekte kamen reihenweise auf den Markt. Anleger hatten die Qual der Wahl. In der Regel beteiligten sie sich über einen geschlossenen Fonds an einer GmbH amp; Co. KG. Es hieß, Investitionsobjekt auswählen, Geld einzahlen und gut – oder auch nicht, falls sie auf einen Betrüger oder einfach nur auf einen dilettantischen Anbieter hereinfielen.

Heute sieht das anders aus. „Es sind eher deutlich zu wenig Projekte im Markt“, hat Anton Berger, Partner bei der Kanzlei Rödl amp; Partner, beobachtet. Die Nachfrage sei erheblich, auch weil andere Möglichkeiten zur Geldanlage fehlten. Das führe unter anderem dazu, dass Risiken nicht angemessen bewertet würden. Auch bei den auf nachhaltige Geldanlagen spezialisierten Banken sieht man das Problem. Insbesondere für institutionelle Investoren sei das Angebot geringer als die Nachfrage, weiß GLS-Bank-Sprecher Christof Lützel: „Im Geschäft mit Privatkunden reicht das Angebot aus, um die Nachfrage zu decken.“

Großes Interesse seitens der Anleger

Bei der Umweltbank hingegen ist kurzfristig kein weiteres Angebot zu erwarten. „Zuletzt hat die Umweltbank im Jahr 2014 zwei Projektanleihen mit einem Volumen von fast 25 Millionen Euro platziert“, sagt Jürgen Koppmann, Leiter des Bereichs Marketing und Kommunikation. Allerdings sei man auf der Suche. Zumal auch die Nürnberger ein großes Interesse seitens der Anleger regis­triert haben. Doch der Markt sei auch wegen der Niedrigzinsphase ausgetrocknet, erklärt Koppmann: „Viele Banken sind inzwischen dazu übergegangen, in Relation zur Gesamtinvestition höhere Darlehen zu vergeben, so bleibt kein Raum für Anlegergeld.“

Die Folgen sind deutlich spürbar. „Die Zeiten, als New-Energy-Fonds mit rund 14 Prozent Marktanteil die drittstärkste Kraft bei den Beteiligungsmodellen war, sind vorbei“, sagt Tilman Welther, Chefredakteur des Branchendiensts Fondstelegramm. Der Trend gehe weg von der Erzeugung erneuerbarer Energien hin zur Steigerung der Energieeffizienz, beispielsweise im Immobilienbereich.

Negativ wirkt sich ein weiterer Punkt aus. Nach wie vor unterscheidet sich die Qualität der angebotenen Investitionsobjekte stark, warnt der auf nachhaltige Finanzanlagen spezialisierte Anlageberater Olaf Köster: „Man muss als Käufer weiter sehr genau prüfen.“ Nicht nur das: Insgesamt ist es schwierig, Perlen zu finden. „Die Qualität der Projekte ist im Laufe der letzten Jahre schlechter geworden“, stellt Anton Berger klar. Die Zahl der Projekte im Markt, die nur eine geringe Chance hätten, realisiert zu werden, habe zugenommen. Auch die Herangehensweise der Anbieter ist mittlerweile eine andere. „Neben einer Vielzahl kleiner lokaler Bürgerprojekte gibt es eigentlich nur noch Anleihemodelle, etwa die Stufenzinsanleihen von Energiekontor, die eine bei fünf Prozent gedeckelte Verzinsung in Aussicht stellen“, sagt Welther.

Crowdfunding-Plattformen

Und dann ist da noch die Crowd. Zahlreiche Crowdfunding-Plattformen haben erneuerbare Energien für sich entdeckt. Einige wie Bettervest haben sich auf nachhaltige Projekte spezialisiert, bei anderen machen sie nur einen Teil des Angebots aus. Mit Interesse haben Banken und etablierte Vertreter des Bereichs erneuerbare Energien die Entwicklung beobachtet und sind mittlerweile selbst auf den Zug aufgesprungen. Juwi hat Wiwin.de gestartet, die GLS-Bank ist in die GLS-Crowd involviert. Vorteil dieser Plattformen: Auch Kleinanleger kommen zum Zug, ohne gleich ihre Altersvorsorge aufs Spiel zu setzen. Die Mindestbeteiligung beträgt in der Regel zwischen 50 und 500 Euro und nicht, wie oft bei geschlossenen Fonds, mehrere tausend Euro. Anlegerschützer kritisieren allerdings seit Jahren, dass dadurch auch Menschen Geld in solche Projekte steckten, die nicht über genügend Wissen über die Funktionsweise verfügten.

Denn in den meisten Fällen handelt es sich bei Crowd-Investments um Nachrangdarlehen. Die Investoren leihen den Anbietern Geld gegen einen festen Zins. Sie haben kein Mitspracherecht, erhalten keine Gewinnbeteiligung und wenn die Sache schiefgeht, bekommen sie als Letzte etwas aus der Insolvenzmasse zurückgezahlt – wenn dann noch etwas da ist. Immerhin, die Emittenten haben Erfolg. „Bei Privatkunden und Stiftungen sind Genussscheine und festverzinsliche, nachrangige Wertpapiere beliebt“, weiß Lützel. Institutionelle Investoren hingegen schauten nach wie vor nach klassischen geschlossenen Fonds, aber auch nach Genussrechten und Nachrangdarlehen.

Windpark hinter Blumen | Mehr davon: Institutionelle Investoren wie die Allianz AG wollen weiter Geld in Windenergie investieren. - © Foto: Allianz AG
Windpark hinter Blumen | Mehr davon: Institutionelle Investoren wie die Allianz AG wollen weiter Geld in Windenergie investieren.

Konkurrent Triodos hat einen anderen Weg gefunden und eigens ein besonderes Produkt aufgelegt: das Bürgersparen. Hier können sich Bürgerwindparks, die ihre Finanzierung über die Bank laufen lassen, zusätzliches Geld holen. Investieren können allerdings nur Anleger aus der jeweiligen Region. Sie erhalten einen garantierten Zins von 0,5 Prozent pro Jahr. Der Projektentwickler entscheidet selbst, wie viel er zusätzlich aus seinen Mitteln obendrauf legt. Das Besondere daran: Es handelt sich um ein klassisches Sparprodukt. Der Investor legt sein Geld bei Triodos an. Die wirtschaftliche Lage des Windparks spielt für ihn keine Rolle. Und sollte die Bank tatsächlich in Schieflage geraten, greift, wenn alle Stricke reißen, der Einlagensicherungsfonds. Erste Projekte aus dem Windbereich sollen nach Angaben eines Firmensprechers bald an den Start gehen.

0,5 Prozent pro Jahr klingen wenig. Tatsächlich sind die Erträge aus Investitionen in erneuerbare Energien nicht mehr üppig. „Die in Aussicht gestellten Renditen von Öko-Investmentangeboten sind im Laufe der vergangenen 10 bis 15 Jahre von acht bis zehn Prozent pro Jahr auf unter sechs Prozent zurückgegangen“, hat Welther beobachtet. Viel hängt auch davon ab, in welchem Land die Anlagen stehen. „In Deutschland liegt die Rendite im niedrigen Bereich von circa zwei bis vier Prozent“, erläutert Berger. Im Ausland sind auch schon mal fünf bis zehn Prozent möglich. Und es hängt von der Technologie ab. Photovoltaikanlagen bringen in der Regel weniger als Windparks. Tendenziell erwarten institutionelle Investoren vier bis sechs Prozent pro Jahr, Privatkunden vier bis fünf, weiß Lützel: „Realistisch sind aber auch im institutionellen Geschäft eher 3,5 bis 4,5 Prozent pro Jahr.“ Laut Umweltbank geben sich Kleinanleger angesichts niedriger Zinsen auf dem Sparbuch bei Projektanleihen aber auch mit zwei Prozent zufrieden.

Thomas Hartauer, Vorstandsvorsitzender bei CAV-Partners, hat eine Möglichkeit gefunden, höhere Renditen zu erhalten: „Im Bereich Zweitmarkt tendieren die Renditen bei Laufzeiten von circa zehn Jahren höher als bei Windenergie im Erstmarkt, deutlich jenseits der fünf Prozent.“ Auf dem Zweitmarkt werden bereits emittierte Beteiligungen und andere Strukturen gehandelt. Allerdings schränkt Hartauer ein: „Der Markt ist für große institutionelle Investoren zu klein.“ Ein Vorteil für die Akteure, denn ein Teil der Konkurrenz um die begehrten Investitionsobjekte spielt hier nicht mit.

Vor allem geht es um Wind- und Solarenergie. „Biomasse spielt praktisch kaum mehr eine Rolle“, sagt Hartauer. Eher wird, gerade im Geschäft mit Privatkunden, noch Wasserkraft beigemischt, wie es beispielsweise Green City Energy derzeit im Angebot hat. Auf der Suche nach mehr Rendite bleibt Anlegern nur der Schritt über die Grenzen Deutschlands hinaus. Das birgt allerdings zusätzliche Risiken. Außerhalb der Eurozone beeinflussen schwankende Wechselkurse den Ertrag. Hinzu kommt die politische Lage in den jeweiligen Regionen. Denn die ist nicht in jedem Fall stabil.

Attraktive Märkte im Ausland

„Im PV-Bereich boomen momentan insbesondere Schwellenländer wie Indien, China, Kenia, Südafrika, Mexiko und Chile“ erklärt Berger. Für Windkraft seien zudem die USA und Kanada, aber auch Frankreich, Italien, Polen und Schweden interessant. Und ein Überraschungskandidat. „Trotz der schwierigen politischen Situation kann die Türkei gute Zubauzahlen vorweisen“, hat Berger beobachtet. Nur muss der Anleger auch die Möglichkeit erhalten, sich an diesen Projekten zu beteiligen. Green City hat immerhin Frankreich und Italien integriert. Energiekontor setzt ebenfalls teilweise aufs Ausland, wird allerdings nicht so konkret wie die Konkurrenz aus München. Und wer sein Geld in Projekte in Ländern wie Ghana, Namibia, Indien und Uganda stecken will, wird auf der Crowd­funding-Plattform Bettervest fündig.

Nur eine Projektart bleibt Anlegern in den meisten Fällen versperrt. Obwohl der Gesetzgeber sie sogar schwächer reguliert als andere Finanzprodukte: Bürgerenergieprojekte. Branchenkenner Welther kennt den Grund: „Durch ihren jeweils lokalen Bezug entziehen sie sich der allgemeinen Investorenöffentlichkeit nahezu vollständig.“ Investitionen in den Bereich erneuerbare Energien sind nach wie vor möglich, wenn auch Angebote seltener auf den Markt kommen als vor ein paar Jahren. Anbei einige Varianten. Über die Qualität der Angebote sagt diese Auflistung nichts aus. (Jochen Bettzieche)

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