Insgesamt 4.700 Quadratmeter des Parkplatzes am Königssee wurden mit Solarmodulen überdacht. Für die Gemeinde ist dies in Zukunft eine Einnahmequelle.
Solar überdachte Parkplätze sind für Kommunen interessant. Ein Projekt am Königssee zeigt, dass die Projekte wirtschaftlich sind.
Sven Ullrich
Wer in Schönau am Königssee wohnt, lebt dort, wo andere Urlaub machen. Am Nordufer des zauberhaften Sees im Berchtesgadener Land ist das Panorama eindrucksvoll. Es ist ein perfekter Ausgangspunkt für eine Tages- oder auch längere Tour durch die Berge der Alpen.
Entsprechend groß ist der Andrang. Viele Besucher kommen mit dem Auto. Die Gemeinde ist dafür gut gerüstet. Allein der Großparkplatz unweit des Nordufers des Sees umfasst 2.300 Stellplätze, die jedes Jahr etwa 800.000 Wanderer nutzen.
Das ist gut für den Geldbeutel der Gemeinde, denn der Tourismus ist ihre Haupteinnahmequelle. Gleichzeitig ist Schönau am Königssee aber auf eine intakte Natur als Hauptattraktion angewiesen. Um diese zu schützen, hat die Gemeinde mit Partnern die Watzmann Natur Energie (WNE) ins Leben gerufen.
Das Unternehmen hat sich auf die Versorgung mit Ökostrom spezialisiert. „Wir haben gleich nach der Gründung mit dem Bau von eigenen Photovoltaikanlagen begonnen, um den Anteil an grünem Strom in der Region zu erhöhen – und das mit lokal erzeugter Energie. Die Photovoltaik ist dafür das beste Mittel“, sagt Anton Poettinger, Geschäftsführer der WNE.
500 Euro war die Mindesteinlage, die die Bürger von Schönau am Königssee in die Anlage investieren konnten. Die maximale Beteiligung lag bei 5.000 Euro pro Person.
Bisher hat das Unternehmen schon vier große Solaranlagen, meist auf Dächern der Gemeinde, gebaut. „Parallel sind wir in die Elektromobilität eingestiegen. Inzwischen betreiben wir insgesamt über 100 Ladepunkte.“
Ende des vergangenen Jahres sind 62 Ladepunkte mit jeweils elf Kilowatt Leistung hinzugekommen. Diese stehen strategisch günstig am Großparkplatz. „Wir hatten ursprünglich auch zwei Schnellladepunkte mit jeweils 50 Kilowatt Leistung geplant. Doch die Fahrzeuge stehen ohnehin in der Regel mindestens drei Stunden auf dem Parkplatz, sodass sie ausreichend Strom laden können“, sagt Anton Poettinger.
Zusätzlich tanken dort die Elektromobilisten Sonnenstrom aus einer Produktion direkt vor Ort. Denn Watzmann Natur Energie hat 273 der Stellplätze mit einer Solaranlage überdacht. Auf einer Fläche von 4.700 Quadratmetern liefern die Solarmodule eine Leistung von 550 Kilowatt. „Die Carports wurden speziell für die Solaranlage errichtet. Dadurch fallen sie unter die Regelungen für besondere Solaranlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG“, erklärt Anton Poettinger.
E-Mobilität sorgt für Wirtschaftlichkeit
WNE bekommt für den eingespeisten Strom aus der neuen Solaranlage eine feste Vergütung. „Wir geben den Strom aber direkt von der Photovoltaikanlage an die 62 Ladepunkte ab“, sagt Poettinger. „Nur überschüssiger Strom fließt ins Netz. Durch ein intelligentes Lastmanagement kann die Ladeinfrastruktur bedarfsorientiert versorgt werden. Dadurch stammen voraussichtlich etwa 80 Prozent des Ladestroms direkt aus der Photovoltaikanlage.“
Die Carports wurden speziell für die Solaranlage errichtet. Dadurch fallen sie unter die Regelungen für besondere Solaranlagen nach EEG.
Dies entlastet das Stromnetz. „Zusätzlich ist die Elektromobilität ein Schlüssel für die Wirtschaftlichkeit des solaren Carports“, weiß Hannes Rasp, Bürgermeister von Schönau am Königssee. „Auf dem Parkplatz ist auch noch Fläche für mehr Leistung. Doch dann hätten wir zu viel Strom ins Netz einspeisen müssen, was sich nicht rechnet. Auf einen zusätzlichen Speicher haben wir zunächst verzichtet. Doch im Bauleitplan ist ein Speicher schon enthalten, sodass dieser jederzeit bei Bedarf nachgerüstet werden kann.“
Degradation eingerechnet
Ab einem Megawatt hätte die Anlage zudem in die Ausschreibung gehen müssen. Bei einer Investitionssumme von 1,25 Millionen Euro für die 550 Kilowatt wäre die Konkurrenz gegen die herkömmlichen Freiflächengeneratoren schwer geworden. Die hohe Investitionssumme resultiert aus der Tatsache, dass aufgrund der hohen Schneelasten die Unterkonstruktion sehr massiv sein muss. Zudem musste ein Mittelspannungstrafo errichtet werden. Darüber speist WNE den Sonnenstrom in die Mittelspannungsleitung ein, die gleich neben dem Parkplatz verläuft.
Für die Watzmann Natur Energie rechnet sich die Anlage trotz der hohen Investitionskosten innerhalb weniger Jahre. So zeigt der aufgestellte Geschäftsplan eine eindeutige Tendenz. Die hohen Kosten fallen vorwiegend in den ersten Betriebsjahren an. Die Berechnung basiert auf einem Jahresertrag von anfänglich knapp 520.000 Kilowattstunden. Realistisch haben die Planer der DKB, über die die Finanzierung läuft, eine jährliche Degradation eingerechnet. So sinkt der erwartete Ertrag innerhalb der ersten zehn Betriebsjahre auf knapp 500.000 Kilowattstunden.
Erlöse aus der Anlage steigen
In der gleichen Zeit steigen die finanziellen Erlöse aus der Solaranlage, wenn sukzessive mehr Solarstrom vor Ort für die Elektromobilität genutzt wird. Denn diese macht die Solaranlage erst wirtschaftlich, da der Ladestrom zu einem höheren Preis verkauft werden kann, als die Anlage mit der gesetzlich festgelegten Einspeisevergütung einspielt. Die Finanzexperten von der DKB rechnen so damit, dass die Einnahmen über die ersten zehn Jahre von knapp 75.000 auf fast 127.000 Euro steigen. Einen starken finanziellen Hebel bildet hier auch die Treibhausgasminderungsquote, die WNE für das Laden der Elektroautos bekommt.
Diese Prämie für jede Kilowattstunde getankter Energie generiert Einnahmen zusätzlich zum Solarstrom, den das Unternehmen an die Elektromobilisten verkauft. „Dazu mussten wir ein entsprechendes Messkonzept umsetzen, um die erzeugten und direkt vor Ort verbrauchten Strommengen genau zu ermitteln“, sagt Anton Poettinger.
Bürger beteiligt
Dazu kommt noch, dass im Laufe der Zeit der Aufwand für die Finanzierung des Fremdkapitals sinkt. Denn der Versorger hat 250.000 Euro Eigenkapital in den Bau der Anlage gesteckt. Der größte Teil wurde über einen Kredit finanziert. „Uns war aber nicht nur die lokale Wertschöpfung wichtig, indem der größte Teil der Aufträge an Unternehmen in der Region vergeben wurde. Wir wollten auch die Bürger beteiligen, auch um Akzeptanz für das Projekt zu schaffen“, sagt Hannes Rasp.
Die Elektromobilität ist ein Schlüssel für die Wirtschaftlichkeit des solaren Carports.
Aus diesem Grund wurde ein Kontingent von 300.000 Euro über eine Bürgerbeteiligung eingeworben. Jeder Einwohner der Gemeinde hatte die Möglichkeit, zwischen 500 und 5.000 Euro in die Anlage zu investieren. „Diese Anlagemöglichkeit war innerhalb von drei Tagen vergriffen“, erinnert sich Hannes Rasp.
Nun muss WNE jährlich die Kredite bedienen, die es für den Bau der Anlage bei der Bank und bei den Bürgern aufgenommen hat. Denn diese Bürgerbeteiligung läuft über zehn Jahre bei einer jährlich konstanten Tilgung des aufgenommenen Nachrangdarlehens. Dadurch sinken aber nach und nach die Zinszahlungen, die pro Jahr aufzubringen sind.
Abschreibungen möglich
Auf diesem Weg steigen trotz wachsender Kosten für die Direktvermarktung des überschüssigen Solarstroms, für die Versicherung, für die technische Betriebsführung und für die Messung der Strommengen die Einnahmen aus der Anlage. Ein zentraler Bestandteil sind die Abschreibungen. Der Betrieb der solaren Parkplatzüberdachung ist steuerrechtlich auf 20 Jahre ausgelegt. Bei einer Investitionssumme von 1,25 Millionen Euro kann WNE jedes Jahr 62.500 Euro steuerlich als Kosten geltend machen.
Insgesamt reicht diese Entwicklung aus, dass sich die gesamte Investition innerhalb von etwa 15 Jahren amortisiert. Danach verdienen die Gesellschafter von WNE Geld mit der solaren Parkplatzüberdachung. Dieses kann die Gemeinde Schönau am Königssee für die weitere Tilgung der Schulden einsetzen – oder für die Umsetzung weiterer Vorhaben im Bereich der erneuerbaren Energien.
Zinsplus von 20,5 Prozent
Die Gewinne steigen nach zehn Jahren umso schneller, da dann die Darlehen, die der Versorger bei den Bürgern aufgenommen hat, zurückgezahlt werden. Auch für die Bürger, die sich an der Anlage beteiligen, ist es ein riesiger Gewinn.
Bei einer Einlage von 5.000 Euro, die maximal möglich sind, bekommen sie am Ende 6.398,59 Euro ausgezahlt. Das sind fast 1.400 Euro an Zinsen, die das Projekt bei dieser Anlagesumme ausschüttet. Nach Abzug von Kapitalertragssteuern und Solidaritätszuschlag, der für Kapitalerträge derzeit noch anfällt, verringert sich der Reingewinn zwar auf knapp 1.300 Euro. Doch damit bekommen die Anleger immer noch 20,5 Prozent mehr ausgezahlt, als sie am Anfang des Projekts angelegt haben.
Foto: Watzmann Neue Energie
62 Ladepunkte wurden unter den Solarmodulen installiert.
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