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Siemens Gamesa bekommt Staatsstütze durch Garantien

Weil die schon aus dem Vorjahr bekannten Probleme bei der Windenergietochter Siemens Gamesa länger anhalten und schärfer ausfallen, als erwartet, hat die Bundesregierung nach wochenlangen Verhandlungen mit dem eigenständigen Siemens-Unternehmen Siemens Energy nun eine Bürgschaft von 7,5 Milliarden Euro nicht zuletzt zur Produktion von Windenergieanlagen und ihrer Errichtung für neue Großprojekte bei Siemens Gamesa aufgelegt. Das vereinbarte Hilfspaket sieht insgesamt eine Garantiesumme von 15 Milliarden Euro für Siemens Energy vor. Siemens Energy ist ein zu 25 Prozent noch zum ehemaligen Mutterkonzern Siemens gehörendes eigenständig agierendes Unternehmen, zu dem außer Siemens Gamesa auch die Sparten für Netztechnik, Gas- und Dampfturbinen mitsamt dem Service und für Industrietransformation gehören – grob: Energieeffizienz- und Klimaschutztechnik für die Industrie einschließlich Wasserstoff-Elektrolyse. Banken und der ehemalige Mutterkonzern Siemens sollen den überwiegenden Rest der Bürgschaft beisteuern. Auch der spanische Staat plane offenbar Bankgarantien für Siemens-Gamesa-Projekte im Ausland, was die noch offene Garantiesumme von drei Milliarden Euro abdecken soll. So berichten seit Mittwoch übereinstimmend Wirtschaftsredaktionen deutscher Medien.

Die Anleger sehen den Schritt offenbar positiv. So war die Aktie seit Beginn der ersten öffentlichen Meldungen über die Vorhaben der Staatsbürgschaften stetig um 35 Prozent gestiegen – von einem allerdings tiefen Niveau, nachdem ihr Kurs erst im Juni und dann kontinuierlich ab August auf nur noch ein Drittel des vormaligen Niveaus eingebrochen war.

Das Unternehmen hat nach einer sehr schnellen Produktentwicklung immer größerer Anlagen in den vergangenen Jahren technische und Qualitätsprobleme in den Anlagenplattformen 4.X und 5.X für Windparks an Land zu bewältigen. Außerdem sanken die Margen wie überall in der Branche gegen Null und mitunter noch darunter, weil die Explosion der Rohstoffkosten, stockende Lieferketten und womöglich die Personalknappheit oder verschärfte Ausschreibungsregeln wie überall in der Branche kaum noch Mehreinnahmen oberhalb der Ausgaben in der Anlagentechnologie zuließen. Zuletzt sich wieder erholende Turbinenpreise wirkten sich offenbar im vergangenen Geschäftsjahr 2023, das in der Siemens-Konzernfamilie immer von Oktober bis September des nächsten Jahres dauert, nicht wesentlich aus. Kritiker monieren auch, dass Siemens Gamesa es versäumte, in ihren Lieferverträgen auch Klauseln zu Kostensteigerungen oder zur Turbinenpreisentwicklung einzufügen, die eine Anpassung der Preise im langen Zeitraum von der Bestellung bis zur Fertigung und Lieferung der Turbinen beinhalten. Die Auftragsvolumen für Turbinen nehmen dagegen weiterhin stark zu. Zuletzt aber die Banken oder andere Finanzierer das große Polster zu erledigender Windparkerrichtungen als nicht mehr sicher genug für die weitere Finanzierung des Unternehmens, was die Bürgschaften nun ändern sollen.

Ebenfalls am Mittwoch veröffentlichte Siemens Energy den Geschäftsbericht für das abgelaufene 2023-Firmenjahr – und verdeutlichte die vorübergehende Schieflage bei Siemens Gamesa. So ging der Umsatz nicht zuletzt aufgrund der Lieferprobleme der Anlagen für Windparks an Land von 9,8 auf 9,0 Milliarden Euro zurück. Alleine das Onshore-Windenergieanlagengeschäft war um 1,4 Milliarden Euro rückläufig und fiel auf 3,359 Milliarden zurück, während das Geschäft mit Windturbinen für Offshore-Windparks im Meer 900 Millionen Euro mehr Umsatz brachte, insgesamt 3,7 Milliarden Euro. Der Umsatz aus dem Service inklusive Wartung und Überwachung oder Steuerung der Windparks war im Vergleich zum Vorjahr mit gerundet 2,1 Milliarden im Vergleich zu 2,2 Milliarden Euro fast stabil. Das Ergebnis inklusive Sondereffekte rutschte dabei aber auf den tiefen Minuswert von 4,439 Milliarden Euro Verlust nach minus 713 Millionen Euro aus dem Vorjahr, gemessen an der Kenngröße Ebit sogar auf minus 4,6 Milliarden Euro. Zugleich zeigen die Bestellungen steil nach oben: Dank stark zunehmender Aufträge für Offshore-Windparks bestellten die Kunden neue Anlagen im Kaufwert von 12,6 Milliarden Euro im Vergleich zu einem Auftragswert der Turbinenneubestellungen im Geschäftsjahr 2022 von knapp 8,8 Milliarden Euro, wobei auch hier die Onshore-Aufträge rückläufig waren. Zusätzlich nahm auch der Auftragswert im Service deutlich, nämlich um 1,4 Milliarden Euro auf 4,254 Milliarden Euro zu.

Fürs kommende Geschäftsjahr sehen die Geschäftsplaner nun einen Rückgang der Verluste auf noch 2,0 Milliarden Euro vor. 2026 soll der Break-Even erreicht werden – die Rückkehr zum verlustfreien Geschäft. In der Anlagenentwicklung plant Siemens Gamesa derweil mit der Produktion ihres ersten Maschinenhauses im kommenden Februar 2024 für die neuen 14-Megawatt-Offshore-Windturbinen. Die Fertigung wird in Cuxhaven stattfinden. Die ersten Rotorblätter des neuen Typs Anlagentyps SG14-236 mit 236 Meter Rotordurchmesser sollen im Mai 2024 aus der Halle am dänischen Fertigungsstandort Aalborg rollen.