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Strom aus der Wüste

Neuer Dämpfer für Desertec

Das deutsche Solarunternehmen Bosch Rexroth wird zum Jahresende beim Wüstenstromprojekt Desertec aussteigen. Dann läuft die Mitgliedschaft bei der Desertec Industrie Initiative (Dii) aus, sie wird nicht verlängert. Das Branchenmagazin Photovoltaik in Berlin zitierte eine Unternehmenssprecherin mit den Worten: „Es stimmt, dass Bosch Rexroth im Rahmen seiner jährlichen Aktivitätenplanung entschieden hat, die Mitgliedschaft bei Desertec über das Jahresende hinaus nicht zu verlängern.“ Gründe wurden nicht genannt, allerdings dürfte die schleppende Entwicklung der Kraftwerkspläne bei der Dii dafür maßgeblich sein. Bosch Rexroth entwickelt Systeme zur Aufständerung und Nachführung von Photovoltaikgeneratoren, auch bietet die Firma Fertigungstechnik für die Modulproduktion an.

Drei Jahre ohne Ergebnis

Ende 2012 laufen die Verträge zur Dii aus, die vor drei Jahren geschlossen wurden. Vor wenigen Wochen hatte bereits der Industriekonzern Siemens erklärt, sich aus Desertec zurückzuziehen. Siemens hatte mit solarthermischen Kraftwerken Verluste in dreistelliger Millionenhöhe verursacht, nun zog die Konzernspitze die Reißleine. Bosch Rexroth war assoziierter Partner der Dii, Siemens sogar Gesellschafter.

Der Ausstieg von Bosch Rexroth ist ein weiterer Dämpfer für die seltsame Idee, in den politisch instabilen Regionen Nordafrikas Sonnenstrom für Europa zu produzieren. Allein in Deutschland wird das Potenzial der sonnentauglichen Dachflächen auf 160 bis 200 Gigawatt geschätzt, so dass selbst ein Industrieland wie Deutschland ausreichend Sonnenstrom von dem eigenen Territorium ernten könnte – ohne zusätzlichen Ausbau von Stromtrassen nach Südeuropa und über das Mittelmeer. Völlig unklar ist auch die technologische Machbarkeit der Wüstenkraftwerke, die Desertec vollmundig versprochen hat. Denn der Wüstensand erweist sich als hartnäckiger Gegner von Nachführsystemen, wie sie beispielsweise für die Spiegelkraftwerke benötigt werden.

Sogar Rösler winkt ab

Auch politisch deutet sich das Ende der hochfliegenden Pläne an. So wurde Anfang November ein lange vorbereitetes Abkommen zwischen den Mitgliedsstaaten der EU und Marokko einmal mehr verschoben. Noch fehle die Zustimmung Spaniens, bestätigte Paul van Son, Geschäftsführer der Dii, auf der Jahreskonferenz in Berlin. Spanien kann Solarstrom bereits zu wirtschaftlichen Konditionen selbst erzeugen, dazu braucht es keine Investitionsruinen in Nordafrika. In Spanien soll der Wüstenstrom angelandet werden, ohne die Regierung in Madrid läuft nichts.

Mittlerweile hat sogar Bundeswirtschaftsministers Philipp Rösler (FDP) vor „zu viel Euphorie“ gewarnt. Gegenüber der Osnabrücker Zeitung sagte er, dass die Bundesregierung zwar grundsätzlich bereit sei, ein von RWE in Marokko geplantes Pilotprojekt zu unterstützen. Noch sei aber der Aufbau der Netze für den Transport des Stroms nach Europa ungeklärt. Auch gebe es keinerlei Zusagen zur Finanzierung des Vorhabens. Seine angekündigte Teilnahme an der Jahreskonferenz von Desertec hatte Rösler kurzfristig abgesagt.

Ausufernde Kosten verschwiegen

Bislang geplant ist ein Projekt von RWE Innogy, bei dem in Marokko rund 100 Megawatt aus Photovoltaik und Windkraft installiert werden sollen. Diese Leistung soll durch ein solarthermisches Kraftwerk mit 150 Megawatt ergänzt werden. Die Kosten werden derzeit auf 130 bis 150 Millionen Euro geschätzt, wie Hans Bünting, Vorstandschef von RWE Innogy, auf der Konferenz in Berlin sagte. Allerdings dürfte er tiefstapeln, denn für diese Summe kann er nur Photovoltaik und Windrotoren bauen. Für diese beiden Kraftwerke gibt es noch nicht einmal einen Standort. Das Spiegelkraftwerk dürfte rund das Doppelte der Summe verschlingen. Ein Teil der Finanzierung soll über Projektpartner, ein Teil über Banken erfolgen. Im ersten Schritt will RWE Innogy eine Photovoltaikanlage und einen Windpark mit jeweils 50 Megawatt realisieren. (Heiko Schwarzburger)