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Windparkinstallationen 1. Halbjahr

Südwest-Brise treibt Markt

„Wir liegen mit diesem Wert am oberen Ende der von uns zu Jahresbeginn erwarteten Entwicklung“, sagt die Präsidentin des Bundesverbands Windenergie (BWE), Sylvia Pilarsky-Grosch, von ERNEUERBARE ENERGIEN befragt. Zu Jahresbeginn hatte der Verband noch eine Ausbauleistung für das Gesamtjahr 2013 zwischen 2,9 und 3,1 Gigawatt (GW) prognostiziert, inklusive der Windenergie auf dem Meer. Die im Halbjahr neu zugebaute Kapazität von 1,1 GW lasse nun mit Blick auf kommunizierte weitere Bauvorhaben einen Zubau von Windkraft alleine an Land um 2,9 GW bis Jahresende schließen, betont Pilarsky-Grosch.

Dass im zweiten Halbjahr demnach noch wesentlich mehr weitere Windkraft ans Netz kommt, ist laut der BWE-Präsidentin schon aus der Tatsache zu schließen, dass ein langer Winter Anfang des Jahres den Beginn der Bausaison für neue Windparks auf das Frühjahr verzögert hatte. Abgesehen von der stark gewachsenen und zunehmend anerkannten Bedeutung der Windkraft auch in bisher Dreiflügler-armen Regionen Deutschlands sieht die BWE-Präsidentin einen weiteren Treiber des schnellen Installationsgeschäftes: Weil Diskussionen über eine radikale Reform der Vergütung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) schon seit einem Jahr anhalten und die Bundesregierung mit eigenen Vorschlägen zu sogar rückwirkenden Vergütungssenkungen für zusätzliche Unsicherheit in der Branche gesorgt hat, beschleunigen viele Projektierer ihre schon begonnenen Bauvorhaben. Allerdings seien die Windparkerrichter inzwischen so ausgelastet, dass der Zubau nicht noch mehr beschleunigt werden konnte, sagt die BWE-Frau.

Rheinland-Pfalz gleichauf mit Niedersachsen

Positiv überrascht zeigt sich die BWE-Präsidentin indes selbst vom explosionsartigen Wachstum der Windenergie in Rheinland-Pfalz. „Hierüber bin ich erfreut“, sagt sie. In dem südwestdeutschen Bundesland errichtete die Branche binnen sechs Monaten neue Windenergieanlagen mit einer Leistung von 185 MW. Das war so viel wie in keinem anderen Bundesland, mit Ausnahme von Niedersachsen. Doch selbst im deutschen Windkraft-Land Nummer Eins hat die installierte Windkraftleistung nur um knapp zwei MW mehr zugenommen (186,8 MW). „In einem Land, in dem man nur auf Berghöhen bauen kann, war bisher ein solcher Zubau nicht zu erwarten“, sagt Pilarsky-Grosch.

Derweil warnt man beim zuständigen Landesverband des BWE allerdings bereits vor der Gefahr eines offenbar drohenden Stimmungswandels im neuen Windkraftmusterland. „Unser Bundesland bleibt nur dann eine Lokomotive des Ausbaus, wenn wir bald eine Imagekampagne für die Windenergie starten“, sagt Wilhelm Heyne. Eine Kampagne sieht er derzeit von Seiten der Gegner der Energiewende in Rheinland-Pfalz am Werk, darunter auch die Landes-CDU. Und diese zeitige inzwischen ihren zweifelhaften Erfolg: „Man hört jetzt überall das Werturteil: Aber schön sind sie nicht, diese Windräder“, berichtet Heyne.

Der Landeschef der Windkraftlobbyisten beobachtet bereits eine zunehmend restriktive Haltung bei den Genehmigungsbehörden als Folge. Diese legten mancherorts plötzlich Genehmigungsregeln für neue Windparks strenger aus, im Einflussbereich der Gewerbeaufsicht Koblenz beispielsweise würden Gutachten zu den Gefahren eines Eisabwurfs im Winter von den Rotorflügeln herab zum Standard. Solche Zusatz-Gutachten mit 10.000 Euro Kosten seien für kleinere Planern kaum noch zu stemmen, zumal angesichts von eher geringen Windstromerwartungen im Land. Laut Heyne sind neue Projektentwicklungen im Land inzwischen deutlich zurückgegangen: „Ab 2015 wird sich das auswirken“.

Wurden Kommunen überrumpelt?

Als eine der Ursachen für die neue regionale Windkraftskepsis trotz ihrer Windkraftfreundlichkeit sieht Heyne ausgerechnet einen Reform-Webfehler der rot-grünen Landesregierung. Diese habe bei ihrem Antritt vor drei Jahren den Gemeinden die alleinige Verantwortung darin zugewiesen, künftig Flächen für mögliche neue Windparks auszuweisen. „Damals, vor drei bis vier Jahren, hatte ein Planer finanziell mit dem Rücken zur Wand stehenden Kommunen mit Versprechungen über neue Steuer- oder Pachteinnahmen verführt.“ Damals, das will er damit erklären, seien Windparks in großer Zahl überall dort errichtet worden, wo Kommunen eben nachgegeben hatten – ohne Rücksicht auf eine nachvollziehbare Verteilung der Anlagen im Landschaftsbild. Im Sommer habe die Landesregierung auch den Kommunen mit dem Windkataster wenigstens ein Instrument zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Windenergieprojekten zur Hand gegeben.

Dennoch lassen auch Heyne manche der Entwicklungen in den Kommunen in seinem Land auch als Hoffnungszeichen: „Interessanterweise sehen sehr viele Gemeinden die Entwicklung inzwischen „relativ unverkniffen – indem sie ihre finanziellen Probleme nicht über die Landschaft stellen“. Er beobachtet Kommunen, die ein Meinungsbild der Bürger zu dem Vorhaben neuer Windparks in der Nachbarschaft ermitteln. „Sind sie dann dafür, geht es mit dem Projekt los.“ 

BWE-Präsidentin: Stimmung stabil

„Ich glaube nicht, dass sich die Stimmung hier wandelt“, argumentiert hingegen die BWE-Präsidentin mit Blick auf Rheinland-Pfalz. „Die Stimmung ist eher in jenen Ländern gegen die Windkraft, die noch nicht zu den führenden Ausbauländern gehören und wo man Windenergieanlagen noch selten sieht. Deshalb ist Bayern für uns ein größeres Problem.“ Dort, im vom Landtagswahlkampf bestimmten Freistaat, waren Januar bis Juni nur noch knapp 70 MW neu installiert worden. Zum Vergleich: In der zwischenzeitlich von der CSU zugelassenen Windenergiewende der Jahre 2011 und 2012 waren im Vergleichszeitraum die Werte erst auf 56 und dann auf 95 MW gestiegen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hatte zuletzt mit der Stimmung gegen die Windkraft Wahlkampf geführt.

(Tilman Weber)