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Auf ein Wort

Sicherheitslücke Luft: Drohnenabwehr

Wer in den vergangenen Wochen einen Blick in Zeitungen oder Polit-Talkshows geworfen hat, kam an Drohnen nicht vorbei. Inzwischen scheinen diese „kleinen Biester“ mit größter Selbstverständlichkeit über verteidigungsrelevanter Infrastruktur wie Energieerzeugungsanlagen, Umspannwerken oder Batteriespeichern zu lauern und auszuspähen, was ihnen gefällt. Kein Wunder: Bis Betreiber die Polizei verständigt haben und diese eingetroffen ist, sind Drohne und Pilot längst in weiter Ferne. Tatsächlich ist in vielen Fällen nicht einmal klar, welche (Polizei-) Behörde für die Abwehr zuständig ist und welche Mittel sie dabei einsetzen dürfte. Sind Energieanlagenbetreiber dem Phänomen also hoffnungslos ausgeliefert?

Vom Innovationsträger zur Schwachstelle

Zufälligerweise berät meine Kanzlei, die Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft, nicht nur im Energierecht, sondern auch zum Recht der Drohnen. Ich selbst engagiere mich seit einigen Jahren als Vorstandsvorsitzender und Justiziar des Branchenverbands Zivile Drohnen (BVZD). Ein Beratungsfeld, das ursprünglich aus einer Leidenschaft für die mit der Technologie verbundenen Chancen für die Energiebranche entstand – von autonomer Vermessung über Wartungsarbeiten bis zur Perimeterüberwachung –, entwickelt sich aktuell zu einer Notwendigkeit: Entgegen dem verbreiteten Glauben ist die Gefahrenabwehr nämlich nicht stets Gegenstand des staatlichen Gewaltmonopols. Betreiber von Energieanlagen und ihre Sicherheitsdienste dürfen (und sollten) selbst tätig werden, wenn sie aggressiven Drohnen ausgesetzt sind.

Wenn Eigentumsrechte oder das Recht am Betrieb gefährdet sind, können zivilrechtliche und strafrechtliche Erlaubnistatbestände erfüllt sein, die Abwehrmaßnahmen ermöglichen. Betreiber können dann etwa Abfangdrohnen aussenden oder Netzkanonen und (im engen europarechtlichen Rahmen) Störsender einsetzen. Sogar der Abschuss einer Drohne mit einem Luftgewehr wurde bereits durch ein Amtsgericht als im Einzelfall rechtmäßig erkannt. Entscheidend ist dabei indes stets, dass eine reale Gefährdung rechtlicher Interessen vorliegt. Auch wenn zum Eigentum an einem Grundstück das sogenannte Säuleneigentum am darüber liegenden Luftraum gehört, § 905 S. 1 BGB, halten die meisten Juristen ein bloßes Überfliegen des Grundstücks, auch mit Kameras, noch nicht für eigentumsgefährdend. Erforderlich ist stattdessen, dass zum Beispiel eine Beschädigung der Anlage in Aussicht steht, Betriebsgeheimnisse erfasst werden oder eine nicht unerhebliche Belästigung von den Drohnen ausgeht. Zudem hat sich der Gesetzgeber in § 1 I LuftVG für eine Beschränkung des Eigentums am Luftraum und eine grundsätzliche Freiheit der Luftfahrt entschieden. Drohnenflüge sind daher in aller Regel unproblematisch, wenn sie die in § 21h III Luftverkehrsordnung definierten Abstände zu sensiblen Gebieten einhalten.

Die konkreten Abwehrrechte richten sich sodann danach, ob lediglich die feindliche Drohne selbst beschädigt werden soll (sog. Defensivnotstand, § 904 S. 1 BGB) oder auch z.B. das Nachbargrundstück durch die Maßnahmen in Mitleidenschaft gezogen würde (sog. Aggressivnotstand, § 228 S. 1 BGB). In der letzteren Konstellation sind Abwehrhandlungen nur bei bereits gegenwärtiger Gefahr zulässig und nur, wenn andernfalls ein unverhältnismäßig großer Schaden entstünde. In der ersteren genügt, wenn der Schaden an der Drohne nicht außer Verhältnis zur Gefahr steht und ein milderes Mittel zur erfolgreichen Gefahrenabwehr nicht ersichtlich ist. Handlungen, die Menschen, nicht Sachen, gefährden, können nur bei einem wesentlichen überwiegenden Interesse des Betreibers zulässig sein, § 34 StGB. Etwas entspannter zeigt sich der Gesetzgeber, wenn sich die Maßnahme gegen den Fernpiloten selbst richtet: Hier bedarf es im Rahmen des Notwehrrechts aus § 32 StGB u.U. überhaupt keiner Interessenabwägung. Begeht der Fernpilot durch das Steuern der Drohne eine Straftat (nicht: Ordnungswidrigkeit), kann sich aus § 127 StPO sogar ein Jedermannsrecht zu dessen vorläufiger Festnahme ergeben.

Eigentum verpflichtet

Geopolitisch spricht wohl Einiges dafür, dass die Gefährdung kritischer Infrastruktur durch Drohnen gerade erst in Fahrt kommt. Betreiber sind daher gut beraten, sich frühzeitig mit den rechtlichen und technischen Potenzialen für Gegenmaßnahmen zu befassen und ggf. Mitarbeiterschulungen folgen zu lassen. Im Zusammenhang mit der 12. BImschV („Störfallverordnung“) sowie dem kürzlich beschlossenen Entwurf für das neue KRITIS-Dachgesetz können besonders anfällige Betriebe sogar dazu verpflichtet sein. Auch der Erwerb von Abfangdrohnen und der zu ihrem Einsatz erforderlichen Zertifikate bzw. Genehmigungen kann sich lohnen. Das Gesetz kennt hierzu diverse Verfahrenserleichterungen insbesondere für Sicherheitsdienstleister.

Das Problembewusstsein ist da. Lösungen ebenfalls. Doch drängt sich nach den obigen Ausführungen auf, dass diese noch nicht alle Fälle erfassen, in denen der Staat ein Interesse an einer effektiven Abwehr von Drohnen hätte. Entscheidend wird es daher sein, die Abwehrbefugnisse privater Betreiber über ihre zivilrechtlichen „Hausrechte“ hinaus öffentlich-rechtlich zu begründen. Die kompetenzrechtliche Basis und Rechtfertigung dessen könnte sich etwa (mittelbar) aus dem Polizei- und Ordnungsrecht ergeben. Der BVZD ist bereits im Austausch mit verschiedenen Playern aus der Politik, um entsprechende Formulierungen zu entwickeln. Auf eine baldige Implementierung im Gesetz ist zu hoffen.

Martin Maslaton,
geschäftsführender Gesellschafter der Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft

Foto: Maslaton

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