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Kommentar zum World Energy Outlook 2016

Kämpfchen gegen den Klimawandel

"Wir sehen die Gewinner der nächsten 25 Jahre deutlich. Erdgas, aber vor allem Wind und Solar ersetzen den Meister der vergangenen 25 Jahre - die Kohle", sagte Fatih Birol, Chef der IEA, heute bei der Präsentation des neuen World Energy Outlooks (WEO). Der Erdgasanteil wird demnach wachsen, während die Anteil von Kohle und Öl zurück gehen. Die Erneuerbaren werden sich in den nächsten 25 Jahren verdoppeln, Effizienz wird stark zulegen.

Die Weltenergieagentur kommt in ihrem neuen WEO zu dem Schluss, dass durch die Umgestaltung der Energiesysteme aber auch ein Verlust an Energiesicherheit entsteht. Langfristig seien Investitionen in Öl und Gas nötig, auch wenn die Abhängigkeit von diesen fossilen Ressourcen durch den Aufbau erneuerbarer Energien abnimmt. Die weltweite Nachfrage nach Öl wird laut Energieagentur noch bis zum Jahr 2040 wachsen - vor allem weil es auf den Straßen, im Flugverkehr und in der Petrochemie an Alternativen mangelt. Der Ölverbrauch im Automobilbereich soll aber laut IEA dennoch im nächsten Vierteljahrhundert sinken, während sich die Zahl der Fahrzeuge verdoppelt - aufgrund von Effizienz, Biosprit und E-Mobilität. Der Kohleverbrauch soll in den nächsten 25 Jahren kaum steigen, zumal die Nachfrage in China wegen der klimafreundlichen Diversifizierung des Energiemixes kaum steigen wird.

Fatih Birol - © IEA
Fatih Birol

Die Internationale Energieagentur bezeichnet das Inkrafttreten des Pariser Klimaabkommens Anfang November als wichtigen Schritt vorwärts im Kampf gegen den Klimawandel. Aber ambitioniertere Ziele zu erreichen sei die wahre Herausforderung. Bestimmte Ziele international festzuschreiben würde den jährliche CO2-Anstieg laut IEA von 650 Millionen Tonnen seit 2000 auf 150 Millionen Tonnen im Jahr 2040 senken. Das sei zwar signifikant, aber weit von dem Erforderlichen entfernt. Damit würde die Temperatur bis zum Jahr 2100 um 2,7 Grad Celsius steigen. Das Zwei-Grad-Ziel könne aber nur erreicht werden, wenn die CO2-Reduktion über alle Sektoren gleichermaßen umgesetzt wird.

Erforderlich sei, dass die weltweite Ökonomie bis Ende des Jahrhunderts CO2-neutral wird. Im Zwei-Grad-Szenario des WEO 2016 wird zum Beispiel die benötigte Anzahl an Elektroautos mit 700 Millionen bis 2040 angegeben, um sechs Millionen Barrel Öl täglich einzusparen. "Erneuerbare Energien entwickeln sich rasant in den nächsten Dekaden, aber ihre Zuwächse beschränken sich weitgehend auf die Stromproduktion", so Birol. "Die nächste Hürde für die Regenerativen ist es, ihren Gebrauch in Industrie-, Gebäude- und Transport-Sektor zu tragen."

Nachdem die IEA über Jahre die Bedeutung der Erneuerbaren klein geredet hat, sind diese nun zu ihren Stars geworden. Der Bedarf lässt sich nicht ignorieren, die Preisstürze gerade in Wind und Solar auf drei bis sieben Cent pro Kilowattstunde nehmen der Atomlobby die letzten Argumente aus der Hand. Gleichwohl startete diese wie jedes Jahr wieder einen Anbiederungsversuch: Atomkraft sei jetzt wichtig, um die Klimaziele zu erreichen. Das ist natürlich Unfug. Das atomare Risiko ist bekanntermaßen zu hoch, die Kosten vor allem inklusive Rückbau sind ebenfalls zu hoch. Bleiben also die Erneuerbaren als "große Gewinner", wie IEA formuliert.

Doch die Welt sieht anders aus. Der Blick auf Deutschland macht dies deutlich. Hier werden die erneuerbaren Energien durch das EEG 2012, 2014 und 2017 schrittweise immer stärker beschnitten, so dass viele Unternehmen bereits aufgegeben haben. Andere werden folgen, wenn auch die Windbranche in die Ausschreibungen geht. Zielkorridore werden bei Solar und Bio verfehlt, weil für den Ausbau dieser Technologien die Anreize gänzlich verloren gegangen sind. Gleichzeitig sträubt sich das Wirtschaftsministerium vor der Wahl 2017 die elementar wichtigen Entscheidungen zu treffen: Ausstieg aus der Kohle bis 2030 und keine Neuzulassungen von Diesel- und Benzinfahrzeugen ab 2030. Die Aussagen zur Verhinderung von Fehlinvestitionen in die Braunkohle sind aus dem Klimaschutzplan gestrichen worden. Was soll dieser Unsinn? Damit werden Lobbyisten und ihre hörigen Politiker der Industrie massiven Schaden zufügen.

Deutschland kann sich nicht als Klimavorbild auf der Weltklimakonferenz in Marrakesch in Szene setzen. Das wäre unglaubwürdig. Deutschland war unbestreitbar Vorreiter bei der Etablierung der Erneuerbaren durch Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Die Lorbeeren sind aber längst im Kochtopf gelandet.

Kommentar Nicole Weinhold | Kommentar Nicole Weinhold - © Foto: Nicole Weinhold
Kommentar Nicole Weinhold | Kommentar Nicole Weinhold