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Pionier der Solarbranche

Nicole Weinhold

Das Systemhaus IBC Solar ist ein Pionier der Photovoltaik und seit 40 Jahren in der Branche. Geschäftsführer Udo Möhrstedt sieht vertane Chancen aufseiten der Politik.

Sie sind ja ein Visionär und haben 30 oder 35 Jahre früher an das gedacht, was jetzt alle wollen…

Udo Möhrstedt: 40 Jahre früher…

…ich dachte jetzt an Wasserstoff…

Udo Möhrstedt: Gut, das ist erst 30 Jahre her. Das war Mitte der 90er Jahre, dass wir eine Solar-Wasserstoff-Anlage gebaut haben.

Wie sehen Sie das aus heutiger Sicht?

Udo Möhrstedt: Es wäre gut, wenn die Politik eine Marschrichtung vorgeben würde und dabei bliebe und nicht bei jedem Windstoß von links oder rechts denken würde, sie müssten etwas Neues machen. Eine langfristige Strategie habe ich in Deutschland nie erlebt. Wenn Sie an das EEG 2000 denken – da gab es das 1.000-Dächer-Programm, das war das Erste. Dann haben die Japaner ein 70.000-Dächer-Programm gemacht. Ende der 90er haben Hermann Scheer und Hans-Josef Fell nicht nachgegeben, bis wir das 100.000-Dächer Programm hatten. Zwischendrin gab es die kostendeckende Vergütung.

Das EEG 2000 war ein wichtiger Startschuss, der Markt konnte sich entwickeln – bis Anfang 2012 der damalige Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) alles vernichtet haben. Die Chinesen hatten das Thema richtig erkannt und massiv investiert. Doch unsere Politik setzte stattdessen die Vergütung soweit herunter, dass alle Firmen pleite gegangen sind. Damit hat man den Chinesen den Markt geöffnet. Das war ein Fehler der Politik …

Später gab es die „Strompreisbremse“, um den Bürgern zu zeigen, dass man etwas gegen hohe Strompreise tut.

Udo Möhrstedt: Die paar Cent … es gab und gibt ganz andere Preistreiber, die höhere Kosten zu verantworten haben. Wir haben dagegen protestiert, aber wir wurden nicht gehört ...

Die hiesige Branche hatte keine Chance.

Udo Möhrstedt: Ende März dieses Jahres waren wir mit 22 CEOs aus der Solarbranche in Brüssel. Dort verkennen viele die Realität. 26 GW wurden letztes Jahr in Europa installiert. Die Chinesen bauten in 2021 55 GW zu. Jetzt kommen die Brüsseler drauf, dass sie im nächsten Jahr 58 GW machen müssen. Dann fragte ich: Und die nächsten Jahre? Nur noch 39 GW war die Antwort. Dann hätten wir das Ziel 2030 erreicht. Glauben Sie denn, dass jemand Geld in die Hand nimmt, um eine Fertigung aufzubauen, weil in 2022 58 und ab 2023 39 GW jährlich installiert werden sollen? Das können Sie vergessen. Es sind zu viele starke Lobbygruppen unterwegs, die bei der EU den Füllhalter führen.

Zu viele Hürden immer noch?

Udo Möhrstedt: Ja, die entwickeln ja immer neue Hürden. Ein Vorschlag der Arbeitsebene des Wirtschaftsministeriums ist zum Beispiel neue Bürokratie beim Eigenverbrauch, also selbst erzeugtem Strom. Da stecken natürlich die großen Stromversorger dahinter. Die wollen das nicht. Die leben vom Stromverkauf. Die haben kein Interesse daran, dass die Leute ihren Strom selbst produzieren. Mal sehen, ob Habeck das noch korrigiert.

Früher haben Versorger wie Edis die Regenerativ-Einspeisung verhindert.

Udo Möhrstedt: Alte Netzbetreiber und Versorger werden die Prozesse so lange wie möglich in die Länge ziehen, wenn es um die Umrüstung auf ­digitale Messeinrichtung geht. Wir haben schon die Fehler bei den Gasspeichern gemacht. Wie können wir unsere Gasspeicher an Rosneft und Co. verkaufen?

Wissen Sie noch, was Desertec war? Das war Dummheit, weil ich Ihnen beweisen kann, dass der in der Sahara produzierte Strom teurer ist als in Deutschland produzierter Strom. Wir müssten nur die nach Süden ausgerichteten Dächer in Deutschland mit 200 Gigawatt Solar belegen.

Wenn wir Wärme und Mobilität elektrifizieren, brauchen wir viel mehr Strom…

Udo Möhrstedt: Dann werden wir noch die nach Osten und die nach Westen ausgerichteten Dächer belegen, das sind nochmal 300 GW, dann noch die Flachdächer. Wir werden schon wieder behindert. Erst sahen die Ausschreibungen 1 Megawatt vor. Dann lief das zu gut. Dann haben sie die auf 750 kW runter gesetzt, jetzt haben sie sie wieder auf 1 MW hochgesetzt. Wir brauchen endlich Rückenwind und Kontinuität. Da gibt es erste Ansätze der neuen Regierung, aber die müssen jetzt auch schnell und mit Nachdruck kommen.

Sie haben viele neue Produkte für Dächer – Montagesysteme und so weiter. Was bedeuten die Freiflächen noch für Sie?

Udo Möhrstedt: Wir machen da natürlich weiter. Die Flächenkulisse muss größer werden. Bisher darf Photovoltaik, die günstigste und beliebteste Technologie nur auf ganz wenigen Flächen errichtet werden. Wir müssen auch auf einen kleinen Teil der landwirtschaftlichen Flächen. Die Bauernverbände protestieren zwar – aber das kommt nicht von den Bauern selbst. Die würden uns gern die Flächen verpachten und stärker in die Energiewende einsteigen.

Wir sind mit dem Jura Solarpark Betreiber eines der größten Bürgersolarparks. Wir haben die Parks zudem immer so angemeldet, dass die Gewerbesteuer auch in den Gemeinden ankommt. Um in Bayern mehr bauen zu können, haben wir uns mit Ilse Aigner damals verständigt, dass wir 20 Parks in benachteiligten Gebieten bauen konnten. Sechs MW pro Anlage. Mit Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger haben wir später deutlich auf 100 MW erhöht. Wir haben dort sehr viele Quadratmeter ertragsschwache Flächen.

Bayern ist ein schwieriges Pflaster, Stichwort 10H. Aber immerhin sieht man durch den Ukrainekrieg ein Umdenken in den Kommunen.

Udo Möhrstedt: Bei der Bevölkerung, nicht bei den Politikern. Wir werden jetzt mit Anfragen überrannt. Im letzten Jahr haben wir etwa 100 Anfragen per E-Mail oder Telefon bekommen, von Industrie und Endverbrauchern, die sich zu PV-Anlagen informieren wollen. Seit dem Krieg in der Ukraine kriegen wir 100 Anfragen am Tag. Wir werden weitermachen. Im Zweifel gegen die Politik, weil die Intelligenz der breiten Masse sich durchsetzen wird.

Udo Möhrstedt, Geschäftsführer und Gründer, IBC Solar

IBC Solar

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