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Monitoring-Bericht: Klimahausaufgaben für die Merz-Regierung

Gleich zwei aktuelle Studien fordern die Bundesregierung zu konsequenter Klimapolitik auf. Während die unabhängige Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring mehr Tempo, Kohärenz und marktwirtschaftliche Steuerung einfordert, zeigt das Umweltbundesamt (UBA) mit einer neuen Studie, dass nur mit einer ambitionierten Klimaschutz-Roadmap der Pfad zur Treibhausgasneutralität 2045 und zu einem ambitionierten Zwischenziel 2040 erreicht werden kann. Die Schlussfolgerung aus beiden Berichten: Die kommenden zehn bis 15 Jahre entscheiden, ob Deutschland klimaneutral, wettbewerbsfähig und energiepolitisch souverän wird.

„Die Energiewende kommt voran, doch der aktuelle Monitoring-Bericht zeigt: Insbesondere bei den Themen Versorgungssicherheit, Netzinfrastruktur und Energieeffizienz bestehen weiterhin erhebliche Herausforderungen“, sagt der Vorsitzende der Expertenkommission Andreas Löschel.

Marktdesign, Infrastruktur, Energieträger: Drei Kernbaustellen der Energiewende

Im Monitoring-Bericht evaluieren seit 2011 vier unabhängige Experten im Auftrag der Bundesregierung den Fortschritt der Energiewende – zum ersten Mal für die Regierung Merz. Dabei identifiziert die Kommission drei entscheidende Handlungsfelder:

1. Weiterentwicklung des Strommarktdesigns
Der Strommarkt müsse auf ein System zugeschnitten werden, das bereits heute zu mehr als 50 Prozent auf erneuerbaren Energien basiert, so die Experten. Zentrale Elemente seien verlässliche Preissignale, Flexibilitätsanreize und ein stärker systemorientierter Betrieb von Erzeugern, Speichern und Nachfrage.

2. Flexible Strategien für Gas und Wasserstoff
Während Wasserstoffstrukturen aufgebaut werden, wird die Nachfrage nach Erdgas und Mineralöl in den kommenden ein bis zwei Jahrzehnten massiv sinken, prognostiziert der Bericht. Die Kommission mahnt daher eine integrierte, flexible Gas- und Wasserstoffstrategie an – bislang fehle ein konsistenter Pfad für Infrastruktur, Speicher und Versorgungssicherheit.

3. Kohärente und effiziente Förderpolitik
Maßnahmen zur Unterstützung der Energiewende müssten stärker aufeinander abgestimmt und auf Effizienz ausgerichtet werden. Fehlsteuerungen und unnötige Subventionen sollten abgebaut werden.

„Es braucht jetzt Entschlossenheit, damit die Energiewende Kurs hält“, betont Löschel. „Dabei geht es nicht um einzelne Maßnahmen, sondern um einen verlässlichen und langfristig stabilen Rahmen für die Energiewende.“

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Preissignale statt Subventionen

Gleichzeitig bleibe bezahlbare Energie eine Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Akzeptanz und industrielle Wettbewerbsfähigkeit, hieß es weiter. Vorrang sollten jedoch Maßnahmen haben, die Systemkosten senken, statt solche, die staatlich kompensieren, so die Kommission.

Dabei schlägt sie auch unpopuläre Maßnahmen vor: So könnten regional differenzierte Börsenstrompreise der Schlüssel für effiziente Investitionen sein. „Nur wenn Erlöse reale Knappheiten widerspiegeln, kann die Energiewende kosteneffizient gesteuert werden“, unterstreicht Kommissionsmitglied Veronika Grimm.

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Erneuerbare und Elektrifizierung: Systemintegration wird zentral

Der Ausbau erneuerbarer Energien sei zwar „auf einem guten Weg“, doch der Übergang in eine Phase, in der zwei Drittel der Stromerzeugung erneuerbar sind, stelle das System vor neue Anforderungen. „Deshalb ist es richtig und notwendig, stärkere Anreize für systemdienliche Investitionen und einen systemdienlichen Betrieb von Erzeugungsanlagen, Speichern und der flexiblen Stromnachfrage zu schaffen, um die Integration der erneuerbaren Energien zu verbessern und die dringend benötigte Elektrifizierung zu fördern“, betont Kommissionsmitglied Anke Weidlich.

UBA: Klimaneutralität bleibt erreichbar – aber nur mit ambitionierter Dekade 2030 bis 2040

Parallel zur Einschätzung der Monitoring-Kommission präsentiert das Umweltbundesamt eine neue Studie, die zeigt: Eine Reduktion der Emissionen um über 90 Prozent bis 2040 gegenüber 1990 ist möglich – und damit mehr, als das aktuelle Klimaschutzgesetz vorsieht.

„Die kommende Dekade von 2030 bis 2040 ist entscheidend, um in 20 Jahren die Treibhausgasneutralität in Deutschland sicher zu erreichen“, sagt Dirk Messner, Präsident des ⁠UBA ⁠. „Bereits heute müssen wir die notwendigen Weichenstellungen vornehmen, um die verschiedenen Sektoren in ihre Zielkorridore zu leiten.“ Dafür benötige es nach 2030 eine Weiterentwicklung des derzeitigen Bundes-Klimaschutzgesetzes.

Die Roadmap nennt fünf Kernelemente:

- den massiven Ausbau und die Digitalisierung der Stromnetze,

- die Elektrifizierung industrieller Prozesse, Wärme und Mobilität

- die Dekarbonisierung und Ausbau der Fernwärme,

- Hochlauf einer grünen Wasserstoffwirtschaft, insbesondere für Industrie, Energie und Teile des Verkehrs und

- die Vermeidung fossiler Pfadabhängigkeiten durch klare Planungssicherheit und robuste Sektorleitplanken.

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CO2-Senken: unverzichtbares Standbein

Selbst bei ambitionierten Minderungsmaßnahmen bleiben Restemissionen. Der LULUCF-Sektor (Landnutzung, Landnutzungsänderungen, Forstwirtschaft) müsse daher massiv gestärkt werden, etwa durch die Wiedervernässung von Mooren, den Umbau des Waldes und die Förderung langlebiger Holzprodukte.

„Diese Veränderungen bedeuten eine Kraftanstrengung für unser Land, öffnen jedoch zugleich die Tür zu zukunftsfähiger Wohlstandsentwicklung und reduzieren die Kosten, die ungebremster ⁠ Klimawandel ⁠ impliziert“, betont UBA-Chef Messner. „Wir brauchen hierfür einen breiten gesellschaftlichen Rückhalt.“ Die Transformation dürfe nicht auf Kosten vulnerabler Gruppen erfolgen.