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Umfrage Windjahr 2013

Technologiewende

Politisch scheinen in Deutschland die Rahmenbedingungen ideal. Die Energiewende ist beschlossen und wird erstmals konsequent vollzogen. Die Bundesländer haben mit jeweils eigenen Programmen einen Wettlauf um die Führerschaft beim Ausbau der Erneuerbaren eingeleitet. Allerdings reagieren die Gegner mit heftigen Anfeindungen. Deren Attacken zielen darauf, die eingeleitete Umrüstung des deutschen Kraftwerkparks durch immer neue und zunehmend kurzfristige Reformen beispielsweise des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zu bremsen. Und die Angriffe werden 2013 wohl nur deshalb zurückgehen, weil in diesem Bundestagswahljahr Positionen gegen die Energiewende nicht belohnt werden dürften. Das ist eine mehrfach geäußerte Erwartung der von ERNEUERBARE ENERGIEN befragten Windenergieunternehmen. Doch nicht wenige davon wollen den ab 2014 erwarteten neuen Attacken zuvorkommen. Sie fordern selbst eine gegenseitige Anpassung der ehrgeizigen Länderziele und des vergleichsweise bescheidenen Erneuerbaren-Ausbautempos der Bundesregierung. Und sie fordern, dass Windenergie bald wettbewerbsfähig werden muss. Dafür sind unter anderem bessere Wind- und Ertragsgutachten notwendig, die die fluktuierende Einspeisung aus Windturbinen vorhersagbar werden lässt. Im Ausland müssen die Windturbinenhersteller und ihre Dienstleister hingegen die richtigen Märkte im Auge behalten. 2013 sind dies in Europa beispielsweise Polen und Frankreich.

Die Turbinenhersteller

Areva Wind, Jean Huby, CEO: Dem deutschen Offshore-Durchbruchsjahr 2012 stand in erster Line der fehlende Netzausbau und die fehlende eindeutige politische Haltung zur Offshore-Entwicklung als Teil der angestrebten Energiewende entgegen. Unsere Projektpartner, Kunden und auch Areva Wind werden durch diese beiden genannten Umstände nicht in ihrer Weiterentwicklung unterstützt. Areva Wind ist in der glücklichen Lage, dass 2013 600 Megawatt, das heißt 120 der für den Offshore-Betrieb entwickelten M5000 Windenergieanlagen in der Nordsee installiert werden, im Trianel-Windpark Borkum 40 und im Windpark Global Tech1 80. Eine klare Offshore-positionierte politische Haltung im Hinblick auf das EEG und die Haftungsregelung sowie die Begleitung des Netzausbaus und dessen Beschleunigung sind nun ausschlaggebend für die zu erwartende Offshore-Ausbaugeschwindigkeit. Investoren, Projektierer und Industrie brauchen Sicherheit für ihre Planungen, um die ambitionierten Ausbauziele umsetzen zu können.

Avantis, Ralf Breuer, Geschäftsführer: Die allgemeine Marktlage und der Rückgang der weltweit installierten Leistung haben es der Avantis nicht leicht gemacht den Durchbruch vom Start-Up zum Market-Player zu generieren. Bis Mitte 2013 wird Avantis Energy mit der Errichtung einer Produktionsstätte in Deutschland beginnen. Erste Auslieferungen der Anlagentypen AV928 und AV1010 sind zum dritten bis vierten Quartal 2013 geplant. Obwohl bereits 21 Anlagen des Typs AV928 in China errichtet wurden, konzentrieren wir uns auf den europäischen Markt, insbesondere Polen, Rumänien und Deutschland. Außerhalb Europas haben wir in Vietnam einen Auftrag über 110 Megawatt erhalten, welcher voraussichtlich ab 2014 abgewickelt wird. Wir erleben nach wie vor eine recht hohe Nachfrage an Direct-Drive-Technologie, wobei sich vermehrt auch neue Märkte auftun, welche neben der geringeren Wartungsintensität von getriebelosen Anlagen auch die Vorteile der Wasserkühlung schätzen. Mit der Produktion Made in Germany werden wir in 2013 einen Milestone für die zukünftige Ausrichtung setzen.

Eno Energy GmbH, Karsten Porm, Geschäftsführer: Bund und Länder müssen sich über kurz oder lang einig werden, wie die Stromversorgung der Zukunft aussieht. Die Energiewende lässt sich nicht aufhalten, mit unserer vorausschauenden Technik sind wir ein Teil davon. Die Eno ist ein gesundes Unternehmen, die Auftragslage ist gut. Das heißt für uns aber auch, dass man nicht überall mitspielen muss. Wir gehen lieber auf Nummer sicher, damit sind wir in der Vergangenheit gut gefahren: ein langsames Wachstum in neuen Märkten, in denen man sich auch auskennt, ist für uns der richtige Weg. Wir haben viel vor 2013: dank guter Auftragslage haben wir bereits mit der Erweiterung unserer Produktionskapazitäten begonnen. Dort wird zukünftig auch der neue Anlagentyp, die 3,5-Megawatt-Plattform, gebaut. Die ist sowohl für IEC II- als auch für IEC III-Standorte ausgelegt. Es gibt also durchaus noch Wachstumsmöglichkeiten.

Gamesa, Martin Schulz, Head of Sales Central Europe: Bund und Länder sind sich Ihrer Verantwortung bewusst, so dass es zu einer einvernehmlichen Einigung im Sinne eines ambitionierten Ausbauplanes für Windparks in Deutschland kommen wird. Gamesa hat im Wesentlichen mit der G128-4.5MW und unterschiedlichen Nabenhöhen bis zu 140 Metern die passende Technologie. Die Anlage eignet sich besonders gut für Repowering, für Projekte mit Einschränkungen hinsichtlich der Flächenverfügbarkeit sowie in Waldgebieten. Es wird zu einer Verlangsamung in vielen europäischen Ländern kommen. Dies wird vermutlich mit Reduzierung der Nachfrage in Europa auf sieben bis acht Gigawatt (GW) in 2013 einhergehen. Trotzdem erwarten wir, dass Länder wie Deutschland und Großbritannien starke Märkte bleiben. Bei anderen, wie Finnland und Osteuropa, erwarten wir Wachstum. Es gibt eine deutliche Verschiebung in den nächsten zwei bis drei Jahren hin zu den Märkten in Süd- und Zentralamerika, Nordafrika und Südost Asien. Wenn die Bedingungen trotz alledem schwierig für die Projektfinanzierung sind, ist hohe Verlässlichkeit entscheidend. In diesem Zusammenhang unterstützen wir unsere Kunden von der ersten Planung an, arbeiten Hand in Hand mit entsprechenden Banken und bieten längere Garantien und Wartungsverträge. 

GE Renewables Europe, Stephan Ritter, Geschäftsführer: Wir sehen eine Wanderungsbewegung der Märkte von Süd nach Nord, also von Spanien, Portugal in Richtung Schweden, Türkei, Großbritannien und Irland. Insgesamt wird das Marktumfeld in den nächsten Jahren sicherlich schwieriger. In Deutschland sehen wir für die nächsten Jahre einen Leitmarkt, in dem wir als GE weiter wachsen werden. Die dynamische Entwicklung von Technologie und Kostenreduktion in der Windenergie machen heute die ersten Onshore-Standorte wettbewerbsfähig. Diese fortschreitende Entwicklung muss in einer versachlichten Diskussion rund um das Thema Energiewende Einzug halten.

Nordex, Felix Losada, Pressesprecher: Wir sind in den zurückliegenden beiden Jahren im Neugeschäft in Deutschland stark gewachsen. Dieser Trend wird sich 2013 fortsetzen. Wesentliche Treiber sind unsere Produkte, allen voran die N117/2400-Binnenlandturbine. Mit der hocheffizienten Anlagengeneration Generation Delta, die wir erstmals 2013 dem Markt präsentieren werden, versprechen wir uns zudem sehr große Chancen in den windreichen Regionen Nordeuropas, aber auch in Großbritannien oder der Türkei. Außerhalb Europas sehen wir derzeit das größte Potential unter anderem in Lateinamerika. Dabei fokussieren wir auf Länder wir Uruguay oder Chile, mit denen wir Einbußen in den USA kompensieren könnten.

Repower Systems, Andreas Nauen, Vorstandsvorsitzender: Im verschärften Wettbewerbsumfeld 2013 wird Repower seine Marktanteile in den Kernmärkten halten oder weiter ausbauen. Einen Großteil unserer Windenergieanlagen werden wir in unseren Kernmärkten – in Europa sind das Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien – absetzen. Zudem werden wir unsere bisherige Strategie beibehalten, in einigen wenigen, aber attraktiven neuen Märkten Fuß zu fassen. In Kanada und auch Polen sehen wir Wachstumsmärkte mit viel Potenzial. Hier werden wir weitere Projekte realisieren und unsere Marktanteile steigern. 2012 haben wir weltweit insgesamt Windenergieanlagen mit einer Leistung von zwei Gigawatt ans Netz gebracht. Nach der Errichtung von 30 Repower sechs Megawatt-Offshore-Turbinen im belgischen Windpark Thornton Bank werden wir 18 Turbinen des Typs Repower 6M in der nächsten Ausbaustufe dieses Projekts aufstellen.


Siemens Wind Power, Hannes Reuter, Leiter Onshore-Windgeschäft Europa: Trotz Debatten über die Kosten des EEG und Forderungen nach einer grundlegenden Reform bekennen sich Bund und Länder weiterhin zu den Zielen der Energiewende. Die Windenergie Onshore und Offshore spielt in den Energiewende-Szenarien eine zentrale Rolle. Deshalb gehen wir davon aus, dass alle Akteure auch in Zukunft an einem Strang ziehen, um den weiteren Ausbau zu ermöglichen. Für uns als Hersteller ist es eine ganz klare Aufgabe, die Kosten für Windenergie weiter zu senken und damit Windkraft wettbewerbsfähig mit konventionellen Energiequellen machen. Dies ist notwendig, da der Preisdruck zunimmt und die Windenergie auf Dauer nicht von Fördermechanismen abhängig sein kann. Weitere wichtige Windmärkte in Europa sind Großbritannien, Schweden und die Türkei.

Vestas, Wolfgang Schmitz, President Vestas Central Europe: Wir als Weltmarktführer erwarten einen forcierten Kampf um Marktanteile und stellen uns darauf ein. Deutschland ist und bleibt der Kernmarkt für Vestas Central Europe mit stabilen Rahmenbedingungen und stabilem Wachstum bis in das Jahr 2014. Ab 2014 ist es entscheidend, ob und in welcher Form die Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes umgesetzt wird. Darüber hinaus werden wir Aktivitäten in Südafrika, Osteuropa und der Ukraine ausbauen, um die starke Marktposition zu halten. Großes Potenzial sehen wir in der Erschließung von Standorten mit mittleren und schwachen Windgeschwindigkeiten; mehr als zwei Drittel aller europäischen Windstandorte fallen in diese Kategorie. Vestas hat in diesem Jahr eine Anlage auf den Markt gebracht, die neue Maßstäbe setzt in Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Volllaststunden. Die V126-3.0 MW ermöglicht bisher ungenutzte Binnenlandstandorte effizient zu erschließen. Sie basiert auf der bewährten V112-3.0MW. Ziel ist es, durch die Beschleunigung der Produktinnovationen, die im letzten Jahr erzielten Marktanteile weiter zu steigern.

Die Projektierer

Abo Wind, Alexander Koffka, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Atomausstieg, Klimaschutz und bezahlbare Strompreise sind gesellschaftlicher Konsens. Alles deutet darauf hin, dass es in Deutschland auch in den nächsten Jahren viel für Projektentwickler zu tun geben wird. Insbesondere in der Mitte und im Süden, wo wir über zahlreiche Referenzen und gute Kontakte verfügen. Um die wachsende Nachfrage nach kompetenter Planung zu erfüllen, haben wir die deutsche Planungsabteilung deutlich aufgestockt. 40 Fachplaner sind aktuell bundesweit im Einsatz – binnen zwei Jahren hat sich die Zahl mehr als verdoppelt. Zum Jahreswechsel 2012/2013 eröffnen wir Büros in Nürnberg und Hannover. Die dynamische Unternehmensentwicklung dürfte sich fortsetzen. Während wir 2009 europaweit Parks mit 32 Megawatt in Betrieb nahmen, erwarten wir für das kommende Jahr 200 Megawatt. Gut die Hälfte werden wir in Deutschland errichten, wo wir mit Stadtwerken wie der Frankfurter Mainova bei der Flächenakquise eng kooperieren. Auch der französische und irische Markt entwickeln sich für Abo Wind positiv. Schwierig gestaltet sich die Situation in Spanien und Bulgarien, wo wir 2012 erste Projekte errichteten, Aktivitäten jedoch aufgrund unzureichender oder fehlender Einspeisevergütung reduzierten.

Dong Energy Renewables Germany GmbH, Christoph Mertens, Geschäftsführer: 2013 wird einen neuen Meilenstein im Ausbau der deutschen Offshore-Windenergie markieren: Vier Projekte werden voraussichtlich den Betrieb aufnehmen. Weitere Windparks gehen von der Planung in die Bauphase über. Um diese Entwicklung nicht zu gefährden, benötigen wir aber nach wie vor verlässliche Rahmenbedingungen. Gefordert ist vor allem die Politik. Es gilt die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbauziele (zum Beispiel zehn Gigawatt installierter Windenergieleistung in deutscher Nord- und Ostsee bis 2020, Anmerkung Redaktion) der Bundesregierung zu ermöglichen: Die feste Einspeisevergütung sowie das Stauchungsmodell für Offshore-Wind sind hier essentiell. Es wird sich zeigen, ob mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes auch die Netzanbindungsproblematik gelöst werden konnte – und die Netzbetreiber ihrer Verpflichtung zum rechtzeitigen Anschluss von Offshore-Windparks endlich nachkommen. Der Offshore-Netzplan und der nationale Netzentwicklungsplan sind weitere wesentliche Leitplanken.

Ecojoule, Alexander Jäger-Bloh, Geschäftsführer Unternehmensgruppe Dezentrale Energie: Wir stellen fest, dass die Politik zwar spät, aber dennoch die Dringlichkeit des Netzausbaus erkannt hat: Das reicht aber bei Weitem nicht aus. Anstehende Wahlen in Niedersachsen und im Bund bremsen beherzte Entscheidungen. Die Kakophonie um die Verantwortlichen der Strompreiserhöhungen wird hier zur Stimmungsmache missbraucht. Der Angriff auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) möglicherweise hin zu einem Quotenmodell treibt die erneuerbaren Energien wieder in die Arme der alten Kartelle. Während 2012 politisch aber das Jahr des Bremsens war, gibt es nun Silberstreifen am Horizont. An der Wertschöpfung wollen alle mitverdienen, auch die Staaten, und daher lockern sie wieder genehmigungsrechtliche Restriktionen und Tarifeinengungen. Viele – auch Banken – haben dazu gelernt und sind sicherer in der Bewertung geworden. Neue Märkte kommen dazu, zum Beispiel wird in Peru ein erstes großes Windenergieprojekt realisiert. An diesem Standort haben wir vor zehn Jahren die Machbarkeit ermittelt. Wir haben lernen müssen, dass Verwaltungsstrukturen und der Rechtsrahmen in Deutschland sehr gut und verlässlich sind.

Get Project, Per Lind, Geschäftsführer: Wir gehen davon aus, dass sich Bund und Länder in Deutschland auf einen verstärkten Ausbau der Onshore-Windenergienutzung einigen werden. Der heute im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) verankerte vereinfachte Netzzugang wird aufgrund des langsamen Ausbaus der Netze erschwert werden. Mittelfristig wird die Bedeutung des EEG eher abnehmen und der Direktvertrieb durch Verträge mit Abnehmern zunehmen. Für die Finanzierung von Neuprojekten wird es auch auf die Langfristigkeit der Verträge ankommen. Im 15. Jahr unserer Firmengeschichte liegt die Basis der Unternehmensaktivität Windenergie weiterhin im Onshore-Bereich Norddeutschland. Hier sehen wir in den nächsten Jahren ausgezeichnete Wachstumsmöglichkeiten, vor allem, weil die Erweiterung von Vorranggebieten geplant ist. Insgesamt befinden sich Projekte mit etwa 230 MW installierter Leistung in unserer Projektpipeline.

Juwi, Matthias Willenbacher, Vorstand: Ich bin optimistisch, dass sich Bund und Länder derart einigen, dass sie die weitere Entwicklung der Windkraft nicht blockieren werden. Durchaus kritisch sehe ich Tendenzen, eine Mengenbegrenzung (Deckel) einzuführen beziehungsweise starke Reduktionen in der Vergütung vornehmen zu wollen. Wir bereiten uns auf sinkende Vergütungsstrukturen vor, indem wir Prozesse optimieren und mit den Zulieferern Möglichkeiten erarbeiten, Einsparungen in der Wertschöpfungskette gemeinsam zu realisieren. Die Finanzierungssituation wird wohl auch im neuen Jahr weiter angespannt bleiben. Trotz eines immer noch sehr niedrigen Zinsniveaus werden die Banken im nächsten Jahr die Basel 3 Anforderungen sukzessive umsetzen und aufgrund gestiegener Eigenkapitalhinterlegungsverpflichtungen restriktiver im Kreditgeschäft werden. Deutschland wird dabei sicher weiterhin ein sehr stabiles und positives Umfeld bieten, da die Finanzierungserleichterungen durch die Aktivitäten der Kreditanstalt für Wiederaufbau sehr wahrscheinlich unverändert weiter fortgeführt werden. Wir s werden weiter intensiv den Dialog mit Banken führen, um neuen sinnvollen Konzepten den Weg zu ebnen indem sie Eingang in eigene Projekte finden.

Ostwind, Christoph Markl-Meider, Pressesprecher: Es sind unglaubliche Erfolgszahlen, mit denen die erneuerbaren Energien aufwarten. Der Erfolg der Erneuerbaren scheint auch ihr größter Feind zu sein. Statt den Ausbau vor Ort zu forcieren, werden Gefahren für unsere Energieversorgung an die Wand gemalt, Engpässe oder Blackouts vorhergesagt, Kosten hochgerechnet und Einsparungen nicht weitergegeben. Sogar der Vorrang des EEG-Stroms wird in Frage gestellt. Die Energiewende darf sich aber nicht an den Interessen und der Unbeweglichkeit der Dinosaurier einer untergehenden fossilen und nuklearen Epoche orientieren. Sie braucht dezentrale Lösungen, die mit der Dynamik einer seit drei Jahrzehnten unterschätzten, aber anhaltend innovativen und wachstumsstarken mittelständischen Branche Schritt halten – der Dynamik der Onshore-Windkraft. Gerade in den Kommunen und Stadtwerken ist die Einstellung gegenüber neuen regionalen Energiequellen überaus positiv. In vielen Teilen Deutschlands wird an einer anderen Energiezukunft gebaut und gibt es eine große Investitionsbereitschaft – gerade auch von Seiten der Bevölkerung.

Plan 8, Dirk Jesaitis, Geschäftsführer: Die Plan 8 GmbH konzentriert sich auf Länder Lateinamerikas, wobei wir die sehr großen Märkte wie Brasilien oder Mexiko meiden, in denen viele Wettbewerber aktiv sind. Mit derzeit rund 25 Mitarbeitern weltweit fokussieren wir uns auf Nischenmärkte wie Panama, Dominikanische Republik oder Nicaragua. Trotz des größeren Wettbewerbs sind wir auch für Chile sehr zuversichtlich, wo wir sehr interessante Flächen für Windparks und auch Photovoltaik-Projekte gesichert haben. Neben Lateinamerika ist für uns Südafrika der wichtigste Auslandsmarkt. Wir sind vor rund drei Jahren in Südafrika aktiv geworden, weil die Regierung seinerzeit ein Strom-Einspeisegesetz nach deutschem Vorbild verabschiedet hatte. Bedauerlicherweise wurde das in ein Ausschreibungsmodell geändert, welches im Detail unglaublich aufwändig ist. Wir sind allerdings zum rechten Zeitpunkt die richtigen Partnerschaften eingegangen, so dass wir zuversichtlich sind, 2014 das erste große Auslandsprojekt der Plan-8-Gruppe mit über 100 Megawatt zu realisieren. In Panama stehen wir kurz vor Unterzeichnung einer Vereinbarung mit einem Energieversorger, der einige tausend MW an Windparkprojekten in verschiedenen Ländern betreibt und in Panama große Wasserkraftwerke besitzt, welche sich mit einem Windpark ergänzen würden, da in der Region während der Trockenzeit besonders viel Wind weht.

PNE Wind, Martin Billhardt, Vorstandsvorsitzender: Die Projektierung eines Windparks an Land umfasst einen Zeitraum von mindestens drei bis fünf Jahren und ist mit erheblichen Risiken und Kosten verbunden. Vom Gesetzgeber vorgegeben Fristen in den einzelnen Verfahrensschritten lassen eine schnellere Planung nicht zu. Daher brauchen die in diesem Geschäftsfeld tätigen Unternehmen Planungssicherheit über zumindest diesen Zeitraum. Permanente politische Diskussionen über kurzfristige Gesetzesänderungen gefährden die Projekte und damit die Energiewende. Daher sollten die Zeiträume für eine Überprüfung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes verlängert werden.

Windwärts, Lothar Schulze, Geschäftsführer: Der deutsche Markt wird auch 2013 durch Unsicherheiten beeinträchtigt sein, die von Politikern und Interessenvertretern geschürt werden. Dennoch erwarten wir einen kontinuierlichen Ausbau der Windenergie an Land, da sie als leistungsfähigste und kostengünstigste Technologie gemeinsam mit der Photovoltaik den Hauptanteil zur Energiewende beiträgt. Wir sehen ein wachsendes Interesse von Kommunen und Stadtwerken, Energiegenossenschaften und Investoren an Windenergieprojekten. Darüber hinaus engagieren wir uns als Unternehmen in verschiedenen Zusammenhängen, um ein energiewirtschaftliches System zu etablieren, das den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien ermöglicht. Dennoch befürchte ich, dass im Wahljahr 2013 manche versuchen werden, sich als vermeintliche Retter einer sonst angeblich zu teuren Energiewende zu profilieren. Dabei brauchen wir kein ständiges Sperrfeuer, sondern Ruhe und Verlässlichkeit im Markt.

WPD Windmanagement, Klaus Meier, Aufsichtsratvorsitzender: 2013 wird ein gutes Jahr. Wir rechnen mit viel Wind für unsere bestehenden Anlagen. Und im Übrigen sind wir zuversichtlich, dass in der anstehenden Erneuerbaren-Energien-Gesetzes-Debatte deutlich wird, dass die Energiewende die schnelle, zuverlässig ausbaubare und günstige Windenergie aus Onshore- und Offshore-Windanlagen zwingend benötigt.

WSB International, Marko Lieske, Geschäftsführer: Das neue Windjahr wird keine großen Überraschungen bereit halten. So wird die Bundestagswahl die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes verzögern. Bund und Länder werden sich auf ein realistisches Szenario mit gemeinsamen Ausbauzielen einigen müssen. Der Blick zu unseren französischen Nachbarn stimmt uns trotz latenter Unsicherheit in Bezug auf eine Entscheidung des europäischen Gerichtshofs positiv. Hier sind der Wille zum Ausbau und die Akzeptanz für regenerative Energiequellen da, sodass wir mittel- bis langfristig großen Nachholbedarf sehen. Als europäischen Aufsteiger sehen wir Polen. Wenn das neue Energiegesetz dort kommen sollte, wird es Investitionssicherheit schaffen und das Interesse westeuropäischer Banken an Projektfinanzierungen begünstigen. Auf dem rumänischen Markt dürfte es nach dem Großprojekt eines Energieversorgers erstmals wieder Neuinstallationen in nennenswertem Umfang geben. Die Finanzierung bleibt eine Herausforderung. Aufgrund der Eurokrise und den bankeninternen Anforderungen Basel III sind die Banken gezwungen, Projekte noch kritischer zu prüfen. Unser Fokus liegt deshalb auf Planungen, die die Bedürfnisse aller Stakeholder umfassend berücksichtigen, besonders die Interessen der Bürger einbeziehen.

Die Technologiezulieferer

Eickhoff Antriebstechnik, Ralf Wittor, Geschäftsführer: Zurzeit ist der Windkraft-Markt geprägt von Überkapazitäten. Jetzt streben die Anbieter nach technischen Differenzierungen. Die Windenergieanlagenhersteller entwickeln größere Rotoren um ihre Anlagen an europäischen Binnenlandstandorten mit mehr Nennlaststunden betreiben zu können. Für einen Getriebehersteller bedeuten die damit verbundenen größeren Kräfte und Drehmomente häufige Anpassungs- oder Neukonstruktionen der Getriebe. Eine entscheidende Größe zur Unterstützung unserer Kunden ist insbesondere die Entwicklungsgeschwindigkeit, mit der wir Erstmuster und Prototypen liefern. Gleichzeitig sind die Projektvorläufe deutlich kürzer geworden. Für die im Feld befindlichen Getriebe, deren Zahl und deren Alter beständig zunehmen, ist es aus unserer Sicht schon seit längerem notwendig, einen flexiblen Service aufzubauen. Wir erwarten eine deutliche Steigerung in diesem Geschäftssegment. Die deutliche Eintrübung der Offshore-Euphorie gibt uns Gelegenheit zur eingehenden Prüfung unserer bisher vorgesehenen Konzepte zum Einstieg in dieses spezielle Marktsegment.

Euros, Michael Wolf, Geschäftsführer: Nach den schwierigen Jahren 2010 und 2011 war 2012 für uns ein Zwischenjahr, in dem wir eine ganze Reihe neuer Produkte entwickelt und Prototypen gebaut haben. So haben wir die Rotorblätter EU 116 und EU 120 für Rotoren mit 116 und 120 Meter Durchmesser und die Drei-Megawatt-Klasse als Prototyp gebaut. Eine komplette Prototypanlage mit EU 116 sehen wir Anfang nächsten Jahres. Eine Anlage mit dem Rotorblatt EU 120 sollte eigentlich schon dieses Jahr aufgestellt werden, sie war für Fuhrländer gedacht. Durch deren Insolvenz wird sich das sicher verschieben, es gibt dafür aber auch andere Interessenten. Ein Prototyp des EU 116 Rotorblatts geht im Januar auch nach Estland. 2013 wird in einer positiven Grundausrichtung für uns weiter gehen. Wir bauen gerade in Polen einen zweiten Fertigungsstandort aus und werden damit Ende April fertig sein. Die Produktionskapazität werden wir somit um den Faktor 5 erhöhen. Wir werden Anfang 2013 auch die Produktion von Offshore-Rotorblättern aufnehmen, für europäischen Markt und auch für den asiatischen. Dazu haben wir jetzt als Prototypenstandort den Fährhafen Saßnitz. Die Rotorblattlänge wird über 80 Meter betragen für eine Sieben-Megawatt-Anlage.

PCS Power Converter Solutions, Günter Mayer, Geschäftsführer: Aufgrund der international strengeren Grid Codes dürfen sich Windenergieanlagen im Falle eines Netzeinbruches nicht mehr vom Netz trennen. In immer mehr Ländern werden die Netzanschlussbedingungen nun verschärft. Neben Spanien und Deutschland, sind auch Großbritannien, Rumänien, Portugal, Südafrika, China und Indien gegenwärtig involviert. Bei gleichzeitigem Kostendruck sind Betreiber von Windenergieanlagen jedoch bemüht, möglichst kostenbewusste Produkte einzusetzen. So kommt oft nicht die bestmögliche, sondern diejenige Technologie zum Einsatz, die über das beste Preis-Leistungs-Verhältnis für die gesamte Laufzeit verfügt. PCS wird sich daher auch 2013 technologisch auf das Thema Netzstabilität konzentrieren. Der bereits bekannte Blindstromrichter wurde, analog der sich verschärfenden Grid Codes weltweit, ergänzt um eine Komplettlösung für das Durchfahren von Netzeinbrüchen (LVRT) – mit dem Namen Green Line 3000. Nicht nur die Bereitstellung von Blindstrom, auch die Aufrechterhaltung der Generatorspannung reduziert die Belastung der mechanischen Bauteile und sorgt für einen stabilen Energieoutput selbst bei Netzeinbruch.

Tembra, Thorsten Spehr, Geschäftsführer: Bereits im Januar 2012 wurde der Prototyp einer Zwei-Megawatt-Anlage für den koreanischer Hersteller Han Jin errichtet und in Betrieb genommen. Außerdem wird Tembra für den langjährigen Kunden Han Jin 2013 den Prototyp der mittlerweile vierten Entwicklung, einer 2,5-Megawatt-Anlage, errichten. Mitte 2012 wurde eine Zusammenarbeit mit der chinesischen Firma Yinhe besiegelt. Damit entwickelt Tembra erstmalig eine Offshore-Anlage in der Leistungsklasse sechs Megawatt (MW). Für das Jahr 2013 ist die Aufstellung des ebenfalls von Tembra konstruierten Prototypen P3000 geplant. Die Montage dieser direkt angetriebenen Drei-MW-Anlage des deutschen Unternehmens Prokon läuft zurzeit in der Nähe von Itzehoe auf Hochtouren. 2013 werden verstärkt neue Multi-Megawatt Windkraftanlagen für Asien entwickelt (Indien, China und Korea). Aber auch andere Regionen bieten Chancen. So führt Tembra zurzeit aussichtsreiche Verhandlungen über neue Projekte im nahen Osten.

Die Wartungsdienstleister

Availon, Ulrich Schomaker, CEO: Bund und Länder werden sich auf gemeinsame Ausbauziele verständigen müssen – es gibt keine Alternative! Weitere Netzanschlüsse sind umsetzbar, unter anderem durch neue Flächenausweisungen insbesondere im südlichen Deutschland. Der Ausbau im Onshore-Bereich würde somit auch zu erheblichen Vorteilen im Netzausbau führen. Wir bereiten uns darauf vor, indem wir ein dichteres Servicenetz fokussieren. Wir bereiten uns zudem mit unseren Wartungskonzepten bis hin zur Vollwartung auf neue Anlagentechnologien vor, die 2013/2014/2015 entwickelt werden. Das größte Wachstum innerhalb der EU wird sich in Deutschland abspielen. Länder, wie Polen und Frankreich, werden ihren Beitrag leisten. Hingegen vermuten wir bei den südeuropäischen Ländern, dass – bedingt durch deren schlechte wirtschaftliche Situation – Investitionen seitens der Kapitalgeber schwieriger werden. Lokale Gesellschaften und Versorger bleiben jedoch aktiv. Das Servicegeschäft wird weiter wachsen, die installierte Basis ansteigen.

Deutsche Windtechnik, Matthias Brandt, Vorstand: Unbeeindruckt von partiellen Problemen oder Absatzschwierigkeiten bei einzelnen Windkraftanlagenherstellern wird der deutsche Onshore-Servicemarkt kontinuierlich anwachsen. Dabei wird der unabhängige Service eine zunehmend größere Bedeutung einnehmen. Nach unserer Überzeugung werden die Onshore-Zubauzahlen mindestens auf bekannt ordentlichem Niveau verbleiben, bei den regionalen Ausbauzielen – sowohl an Küste als auch im Binnenland – werden sie allerdings wahrscheinlich noch bedeutend zunehmen. Allgemein dürften zahlreiche deutsche Serviceunternehmen großes Exportpotenzial ihrer Dienstleistung besitzen. Dies hängt sowohl mit den vorhandenen Kompetenzen als auch mit dem Trend zusammen, dass international agierende Betreiber perspektivisch ihr Anlagenportfolio zunehmend bei einigen wenigen Serviceanbietern konzentrieren wollen.

PSM Nature Power Service amp; Management, Ian-Paul Grimble, Geschäftsführer: Es ist schon zu erwarten, dass sich die Länder einerseits und der Bund andererseits auf Ausbauziele verständigen. Spannend bleibt, wie sich unter einer, vermutlich, neu zusammengesetzten Bundesregierung die Rahmenbedingungen, im Besonderen das Erneuerbare-Energien-Gesetz, weiter entwickeln werden. Trotz unseres Schwerpunktes in Deutschland beobachten wir die europäische Entwicklung sehr interessiert. Hier scheint sich schon jetzt die Eurokrise in einigen Bereichen negativ auf die Investitionsmöglichkeiten und -bereitschaft auszuwirken. In unserem Markt, unabhängiger Service, ist die Entwicklung positiv, die Investoren erkennen zunehmend, dass ein unabhängiges technisches Management die Performance zum Teil deutlich verbessern kann.

Die Gutachter, Kapitalgeber und Verbände

Anemos, Heinz-Theo Mengelkamp, Geschäftsführender Gesellschafter: Durch den Umzug in ein größeres Büro und die Aufstockung des Personals konnten wir unsere Aktivitäten erweitern, insbesondere im Bereich der Due Diligence und der Numerischen Strömungsmechanik (CFD) zur Modellierung von Windfeldern über komplexem Gelände. Die Bewilligung zweier durch die Europäische Union und das Bundesumweltministerium finanzierter Forschungsvorhaben hat bei unseren Entwicklungstätigkeiten den Schwerpunkt auf die Modellierung des Windfeldes über Wäldern gelegt. Nicht nur in diesem Punkt zeigt sich, dass die Anforderungen an und der Aufwand für Wind- und Ertragsgutachten kontinuierlich wachsen. Durch den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung mit der polnischen Firma Acroenergy SP erwarten wir eine deutliche Zunahme unserer Aktivitäten auf dem polnischen Markt. Vorgegeben durch politische Rahmenbedingungen wird sich in Deutschland der positive Trend in allen Servicebereichen eines Windgutachters fortsetzen.

Anemos Jacob, Herbert Schwartz, Geschäftsführer: Die Aufbruchsstimmung des letzten Jahres scheint einer Torschlusspanik der Projektentwickler vor möglichen Änderungen der Rahmenbedingungen gewichen zu sein. Ich hoffe, dass die Branche nicht vor Eile die nötige Vorsicht und Sorgfalt vernachlässigt. Gleichzeitig wird die Arbeit der Windgutachter immer komplexer. Um den Marktanforderungen Rechnung zu tragen, werden wir deshalb das Team deutlich vergrößern und unseren Bestand an Sodargeräten nochmals erhöhen. Gleichzeitig müssen wir die fachliche Weiterentwicklung verstärken. Kritische Fragen der Kapitalgeber sind berechtigt, wo sie auf nicht erfüllte Erwartungen hinweisen. Eine offene Diskussion und Ursachenforschung hierüber wäre sinnvoll, um für die Zukunft besser gerüstet zu sein. Wir versuchen außerdem, den konstruktiven fachlichen Austausch mit Kollegen zu verstärken, denn er ist für eine branchenweite Verringerung der Unsicherheiten unabdingbar.

Cube Engineering, Stefan Chun, General Manager: Das Wahljahr 2013 in Deutschland wird ein spannendes Jahr für die Erneuerbaren Energien: Auf der einen Seite ein Energieminister, der gerne mit den Erneuerbaren zurückrudern und das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) überarbeiten möchte sowie die Konsolidierung vieler Unternehmen in der Branche (Solar, Wind). Auf der anderen Seite gibt es eine Vielzahl von neuen Projekten, Ideen und Marktakteuren. Gemessen an Cubes Mehrleistungen für Windprojekte in den letzten zwei Jahren in Deutschland (2011/12) im Vergleich zu den Vorjahren, hat der Markt Chancen seine Aufstellungszahlen um den Faktor vier bis fünf auf rund acht bis zehn Gigawatt in den nächsten Jahren 2013 bis 2015 zu erhöhen. Stadtwerke, Energiegenossenschaften und Grünstromversorger werden in den Fokus der Energiewende rücken. Dabei werden höhere Anforderungen an Energieprognosen gestellt, was auch die Methoden betrifft: unter anderem Mesoskalen und CFD-Modelle, LIDAR, Windmessungen in großen Höhen.

Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES), Clemens Hoffmann, Institutsleiter: Das Thema Netzausbau wird auch im kommenden Jahr im Vordergrund der Debatte zur Energiewende stehen. Mit weiteren Innovationen bei der Übertragungstechnik und durch die Erbringung von Systemdienstleistungen durch Windenergieanlagen werden die Netzprobleme zunehmend verringert. Die jetzt entstehenden Kosten durch fehlende Anschluss- und Übertragungskapazitäten der Stromnetze können so schrittweise reduziert werden.

GL Group, Helmut Klug, Regional Manager Central Europe, Middle East and Africa: Nach den Rückschlägen im Jahr 2012 lässt die Einigung über die Netzhaftung für den deutschen Offshore-Windenergieausbau auf einen beschleunigten Ausbau in 2013 hoffen, wobei die ursprünglich für 2020 gesteckten Ziele nicht mehr erreicht werden können. Da sich durch die Verzögerungen beim Netzausbau auch die Lernkurve der Offshore-Branche um Jahre verschoben hat, werden die erhofften Kostensenkungen auch in den kommenden Jahren nicht eintreten. Großbritannien hat bei den ersten Projekten gezeigt, dass durch die von der Regierung gesteckten Rahmenbedingungen Offshore-Windparks on-budget und on- time realisiert werden können. Auch wenn die Entfernungen zur Küste und die Wassertiefen in Deutschland eine größere Herausforderung darstellen: Erfahrungen aus der Vertragsgestaltung (Multicontracting), dem Projektmanagement, den Gründungsstrukturen, der Kabelverlegung und der Installationslogistik können auf deutsche Projekte übertragen werden. Auch aus den ersten Betriebsjahren können Erkenntnisse aus Betrieb und Wartung in Deutschland angewandt werden.

HSH Nordbank, Lars Quandel, Leiter Vertrieb Renewables: Spannende Windmärkte in Europa bleiben Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Persönlich bin ich allerdings bei manchen Hoffnungsländern skeptisch, wie etwa bei Bulgarien oder Rumänien: Hier wird oft mehr über Projektierungen gesprochen, als dann wirklich umgesetzt wird. Diese Länder bieten oftmals recht hohe Tarife an, haben aber ein relativ schwaches Wirtschaftswachstum. Die Vermittelbarkeit der Tarife, die über Umlagen von der Bevölkerung zu tragen sind, ist manchmal nicht möglich und schnelle Tarifsenkungen können die Folge sein. In Deutschland wird es eine Verständigung zwischen Bund und Ländern über die Ausbauziele geben. Für 2013 werden wir unsere Projektkreditvergaben für die Erneuerbaren von rund 750 Mio. Euro verstärkt im Windbereich sehen.

Nord LB, Thomas Stephen, Bankdirektor: Außer in Niedersachsen und Schleswig-Holstein sehen wir wieder viele Projekte in ostdeutschen Bundesländern voraus, etwa in Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Für den Offshore-Ausbau erwarten wir eine weiterhin gebremste Entwicklung. Außerhalb Deutschlands sehen wir als Onshore-Kernmärkte Großbritannien, Frankreich und Irland. Beeinträchtigt wird die Entwicklung in Europa von teilweise unsicheren staatlichen Fördersystemen, Haushaltsproblemen insbesondere in Südeuropa und auch Stromnetzengpässen. Insgesamt hat die Betrachtung des individuellen Länderrisikos für Banken eine zunehmende Bedeutung erhalten. Märkte mit Potential sind aus Sicht der Nord LB auch grundsätzlich Polen und Skandinavien. Daneben entstehen Windenergiekapazitäten in Rumänien oder der Türkei. Dortige Projekte werden von Banken aber nicht in einer den etablierten Märkten vergleichbaren Finanzierungsstruktur begleitet. Hier könnten Exportkreditversicherungen eine wichtige Rolle spielen. Mit zunehmendem Bedarf bei Versicherungen, Kapitalanlagegesellschaften oder Pensionsfonds nach langfristigen, renditestabilen Kapitalanlagen mit überschaubarem Risikoprofil entsteht eine relativ neue Investorengruppe. Durch die steigenden regulatorischen Anforderungen an die Banken, die langfristige Finanzierungen teilweise erschweren, bilden sich neue Finanzierungsstrukturen.

Offshore Stiftung, Andreas Wagner, Geschäftsführer: Nachdem 2012 das erste halbe Dutzend Offshore Windparks mit einer Gesamtleistung von etwa zwei Gigawatt (GW) vor den deutschen Küsten in Bau gegangen ist, erwarten wir in 2013 den Baubeginn für mindestens drei weitere Projekte mit einer Leistung von knapp ein GW. Da es sich bei Offshore-Windparks um Großkraftwerke auf hoher See handelt, ist mit einer vollständigen Inbetriebnahme von insgesamt drei GW bis 2014/2015 zu rechnen. Bei der Netzanbindung kommt es 2013 entscheidend darauf an, dass die ausgeschriebenen – aber seit Ende 2012 noch nicht beauftragten – Offshore-Netzanschlüsse möglichst schnell vergeben werden, damit es nicht zu einem Fadenriss bei der weiteren Entwicklung kommt. Hier müssen alle Akteure konstruktiv und zielorientiert zusammen arbeiten. Grundlage dafür sind die Ende 2012 beschlossenen Gesetzesänderungen und die weiteren Empfehlungen der von der Stiftung moderierten AG Beschleunigung Offshore-Netzanbindung, die bereits im März 2012 mit allen Akteuren der deutschen Offshore-Windkraftbranche innerhalb kürzester Zeit ein lösungsorientiertes Gesamtkonzept vorgelegt hat, das 2013 umgesetzt werden muss. In diesem Zusammenhang kommt auch dem Offshore-Netzentwicklungsplan eine große Bedeutung zu, der erstmals Anfang März 2013 vorgelegt wird.

TÜV Süd, Alexander Heitmann, Abteilungsleiter Offshore Windenergie: Wir sind zuversichtlich, dass sich die Rahmenbedingungen für die Offshore-Windenergie deutlich verbessert haben und sich der Ausbau in den Jahren 2013 und 2014 schneller vorankommen wird. Nach einem guten Wachstum in den vergangenen Jahren konnte die Offshore-Branche die leichte Verzögerung beim Ausbau in Deutschland zur Konsolidierung nutzen. Wir sehen die Branche nun sehr gut aufgestellt, um die weiteren Herausforderungen zu meistern und den Ausbau zügig voranzubringen. Entscheidend für den erfolgreichen Offshore-Ausbau ist ein Masterplan. Es geht nicht darum, möglichst schnell möglichst viele Anlagen oder Parks zu bauen. Stattdessen brauchen wir ein schlüssiges Gesamtkonzept, das Schritt für Schritt umgesetzt wird. Dabei darf sich die Politik nicht auf nationale Ausbaupläne konzentrieren, weil die zukünftige Infrastruktur der Stromversorgung eine gesamteuropäische Dimension haben wird.

VDMA Power Systems, Johannes Schiel, Referent Windenergie: Der US-Markt wird auch bei Verlängerung des Production Tax Credit von weit über zehn Gigawatt auf wenige Gigawatt einbrechen. Marktzuwächse in Kanada, Brasilien und Mexiko können den Rückgang nicht kompensieren. China wird bei zwischen 15 und 20 Gigawatt stagnieren. China und Indien bekommen 2013 in Asien langsam Unterstützung von Korea und Japan. In Europa bleibt Onshore-Windenergie durch Zuwächse im Osten und Zubau im Norden und Westen weitgehend stabil. Offshore wird nach dem Rekordjahr 2012 weiter steil wachsen, was den Marktrückgang im Süden kompensieren kann. Die Türkei, Südafrika und Marokko werden weiter wachsen. Trotzdem rechnen wir US-bedingt mit dem ersten großen Weltmarkteinbruch der Windindustrie: Nach etwa 46 Gigawatt in 2012 nur noch kaum mehr als 40 Gigawatt. Die Fragen, welche Märkte noch gute Rahmenbedingungen bieten und wo man sich die Finger verbrennt, beantwortet sicher jedes Unternehmen anders, da sie sehr unterschiedlich in den Märkten aufgestellt sind.

World Wind Energy Association WWEA, Stefan Gsänger, Generalsekretär: Wir rechnen im Jahr 2013 mit einer weiteren Konsolidierung der internationalen Windenergiemärkte, vermutlich auf etwas niedrigerem Niveau als im schon schwachen Jahr 2012. Zwar besteht die Gefahr, dass es kurzfristig zu einem weiteren Einbruch bei den Neuinstallationen führt, vor allem aufgrund der bestehenden Unsicherheiten in den führenden Windmärkten China, USA, Deutschland, Spanien und Indien. Gleichzeitig entstehen jedoch vor allem in Osteuropa und Lateinamerika dynamische neue Märkte, die mittelfristig zu einer Wiederbelebung führen. Bestehende Überkapazitäten beim Turbinenbau werden sich im Jahr 2013 noch deutlich bemerkbar machen, allerdings dürften sich die Unternehmen im Lauf des Jahres entsprechend anpassen und sich auch auf neuen Märkten engagieren. Auch ist zu erwarten, dass die derzeitigen Unsicherheiten zumindest teils behoben werden. Es bleibt daher zu hoffen, dass es spätestens 2014 wieder aufwärts geht.