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Bürger wollen investieren

Sven Ullrich

Die Gemeinde Epfendorf im Südwesten von Baden-Württemberg macht Schlagzeilen. Denn auf einem Acker der Gemeinde entsteht eine neue Photovoltaikanlage, bei der die bifazialen Module vertikal aufgeständert sind.

So etwas ist keine Seltenheit. Allerdings will der Projektierer „Next2Sun“ zur Finanzierung der Agri-PV-Anlage die ortsansässigen Bürger mit ins Boot holen. Mit einem niedrigen Mindestbetrag von 500 Euro können sich die Anwohner und andere Anleger am Generator beteiligen. Maximal 25.000 Euro sind pro Beteiligung möglich.

Das Darlehen hat eine Laufzeit von sieben Jahren. Es wird mit einer Verzinsung von 4,5 Prozent pro Jahr angeboten. Zusätzlich profitieren lokale Anleger in der Region von einem Regiobonus in Höhe von 1,5 Prozent pro Jahr.

Diese Bürgerbeteiligung ermöglicht es Anlegern, nicht nur von einer attraktiven Rendite zu profitieren, sondern auch aktiv an der nach­haltigen Entwicklung des Agri-Solarparks teilzuhaben. Für die Projektierer bietet sie die Möglichkeit, die Akzeptanz für solche Projekte zu steigern. Denn auf diese Weise bleiben die Gewinne der Betreiber in der Region. Dadurch sind die Bürger eher bereit, solche Projekte zu unterstützen. „Indem ­Kommunen und Bürger an Erneuerbare-Energie-Anlagen beteiligt werden, lässt sich die Wertschöpfung lokal ­konzentrieren. Und je mehr die Wertschöpfung in der Standortkommune verbleibt, desto besser lässt sich die Beteiligung lokaler Akteure an den jeweiligen Wertschöpfungsschritten ausgestalten“, sagt Erich Merkle, Geschäftsführer von Gridparity.

Frühzeitig kommunizieren

Das Unternehmen aus dem bayerischen Karlsfeld hat sich unter anderem auf Agri-PV-Anlagen spezialisiert und jede Menge Erfahrungen mit der Akzeptanz vor Ort gesammelt. Die Vorteile der Bürgerbeteiligung müsse auch von den Bürgern erkannt werden. „Für die Kommunen spielt Kommunikation deshalb eine zentrale Rolle“, erklärt Merkle. „Um die Akzeptanz für Energieprojekte herzustellen und zu steigern, ist ein grundlegendes Angebot von fairen Beteiligungsmöglichkeiten für die Bevölkerung in der Region von Bedeutung.“

Wie solche Angebote aussehen, wurde im Rahmen einer Befragung von 25 Interessenten an Agri-PV-Beteiligungsmodellen herausgearbeitet. Denn unterschiedliche Modelle eröffnen Möglichkeiten für verschiedene Beteiligungsformen. Ausschlaggebend sind dabei die frühzeitige Kommunikation mit ausführlichen Informationen zum Verlauf einer Beteiligung und der niedrigschwellige Zugang, der direkt auf die Zielgruppe ausgerichtet ist. Außerdem müssen die Interessenten den Nutzen klar erkennen und brauchen laufend Information über die Entwicklung der Beteiligung.

Möglichkeiten der Beteiligung

Für die Beteiligung – nicht nur an Agri-PV-Anlagen, sondern auch an herkömmlichen Solarparks – gibt es mehrere Modelle. So arbeitet der Projektierer WI Energy unter anderem mit dem Modell einer Sachwertanlage mit fester Eigentumszuordnung. Hier kaufen die Bürger der Region aus einem zugewiesenen Anlagenbereich eigene Module. Sie erwerben damit Realeigentum und ziehen aus diesem eine Rendite. Den Besitzern gehört kein Fonds, sondern ein haptisches Produkt.

Dazu bietet WI Energy der regionalen Bevölkerung ein Vorkaufsrecht für eigene Module der Anlage schon vor dem Netzanschluss. Nachdem die Solaranlage am Netz ist, bekommen die Bürger den Anteil an der Einspeisevergütung, der auf ihre gekauften Module entfällt.

Mit Kapital beteiligen

In vielen Fällen ist der direkte Kauf von Teilen der Solaranlage nicht interessant für die Bürger. Sie wollen sich oft nur mit Kapital am Generator beteiligen. Das geht entweder indirekt über eine Stiftung beziehungsweise einen Fonds oder über eine direkte Fremdkapitalbeteiligung wie beim Projekt von „Next2Sun“ in Epfendorf. Das läuft in der Regel über Darlehen oder Mezzaninkapitalbeteiligung.

Die häufigste Form ist das Nachrangdarlehen. Es wird oft viel besser verzinst als klassische Fremdkapitalbeteiligungen. Denn das Darlehen wird längerfristig gewährt und kann vor dem Ende der Laufzeit nicht vom Darlehensgeber zurückgefordert werden, wenn dies zur Insolvenz des Dar­lehensnehmers führen würde. Außerdem werden im Falle einer Insolvenz diese Darlehen erst zurückbezahlt, wenn die anderen Gläubiger ausgezahlt sind. Es hat aber Vorrang gegenüber Stamm- und Grundkapital.

Finanzierung im Schwarm

Es ist aber auch möglich, die Bürger über Crowd­investing zu beteiligen. Dabei geben die Mitglieder einer Anlegergemeinschaft Geld für die Umsetzung und den Betrieb der Photovoltaikanlage und ziehen ihre sichere Rendite aus der Einspeisung des Stroms. Diese wird durch die staatliche Einspeisevergütung und das EEG zu fest kalkulierbaren Preisen abgesichert.

Diese Beteiligungsformen haben aber alle den Nachteil, dass für die beteiligten Bürger kein Mitspracherecht vorgesehen ist. Das ist bei der Teilhabe an einer Genossenschaft anders. Die Energiegenossenschaft ist auch die bei den Bürgern bekannteste Beteiligungsform.

Die Genossenschaften können genau für dieses eine Projekt gegründet werden, das sie dann in Eigenregie umsetzen und betreiben. Doch inzwischen gibt es auch Genossenschaften, die schon mehrere Anlagen in ihrem Portfolio haben. Sie bieten Bürgern an, Genossenschaftsanteile zu erwerben und darüber vom jährlichen Ertrag der erzeugten Energie zu profitieren.

Neues Beteiligungsmodell entwickelt

Gridparity hat speziell für Agri-PV-Anlagen noch ein ganz eigenes Beteiligungsmodell entwickelt. Dabei geht es um einen Familienpark einer Beerenobstanlage. Hier sollen die Beeren mit einer Solaranlage überdacht werden. Der Strom wird über einen Stromliefervertrag (PPA) an die Bewohner der umliegenden Gemeinden vermarktet. Die umliegenden Gemeinden und Gewerbebetriebe zeichnen größere Anteile an der Solaranlage.

Zusätzlich können sich die Bewohner der Gemeinden beteiligen. Das wäre über eine Patenschaft für eine bestimmte Fläche der Obstplantage inklusive der darüber aufgebauten Solaranlage möglich. Die Bürger zahlen einen jährlichen Betrag, mit dem die Solaranlage refinanziert wird. Dafür bekommen sie eine bestimmte Menge an Obst, die diese Investition rechtfertigt.

Für die Kommunen spielt frühzeitige Kommunikation eine ­zentrale Rolle.

Erich Merkle,
Gridparity

4,5 Prozent Rendite bekommen die Bürger, wenn sie sich am neuen Solarpark in Epfendorf beteiligen.

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