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Redispatch 2.0: Integration in Betriebsführungssoftware WEO

Inwieweit ist die Integration von Prozessen zum Redispatch 2.0 in eine Betriebsführungssoftware sinnvoll?

Jens Bohlmann: Gerade Prozesse für die Markt-rolle BTR (Betreiber der technischen Resource) sollten in einer Betriebsführungssoftware integriert sein. Wir haben uns früh engagiert, dieses in unserer Software WEO (windenergie-online.de) einzubinden. Zur Spitzabrechnung im Prognosemodell sind täglich Wetterdaten über die festgelegte Marktkommunikation an den Netzbetreiber (NB) zu senden, der auf dieser Basis Prognosen zur Auslastung seines Netzes erstellen kann und im Erstaufschlag Ausfallmengen einer durchgeführten Redispatchmaßnahme berechnet. Die Wetterdaten (Wind bei Windenergieanlagen oder Einstrahlung bei PV-Anlagen) liegen aus der Fernüberwachung (FÜ) der Hersteller vor, müssen aber in einheitlichen 15-Minuten-Mittel umgerechnet und verschlüsselt als EDIFACT-Nachricht übertragen werden. Dieses bedarf eines funktionierenden, automatischen Prozesses. Das genaueste Verfahren zur Ermittlung der Ausfallarbeit ist das anspruchsvollere Spitzabrechnungsverfahren.

Zusätzlich sind geplante und nicht geplante Abschaltungen unmittelbar nach Bekanntwerden dem Einsatzverantwortlichen (EIV) zu übertragen. Die Rolle des EIV wird in der Regel vom Direktvermarkter (DV) übernommen, der häufig Schnittstellen dazu bereitstellt, die ebenfalls über WEO angebunden werden können.

Wie können Anlagenbetreiber (AB) das umsetzen, wenn sie solche Software nicht einsetzen, die Anlagen die Daten nicht aufzeichnen oder keinen DV haben?

Jens Bohlmann: Wir bieten die Übernahme der Marktrollen BTR und EIV auch als Dienstleistung ohne Nutzung der Betriebsführungssoftware an. Sollten keine Wetterdaten an den Anlagen aufgezeichnet werden, können im vereinfachten Spitzabrechnungsverfahren auf Basis meteorologischer Daten Ausfälle berechnet werden. Diese Daten beziehen wir standortgenau von einem Wetterdienstleister.

Die Marktrolle BTR spielt eine entscheidende Rolle für den AB, richtig?

Jens Bohlmann: Ja. Unsere Kunden sind überwiegend in Regionen zu finden, in denen viele Schaltungen stattfinden und die Entschädigungen von hoher wirtschaftlicher Bedeutung sind. Die Ausfälle werden im Spitzabrechnungsverfahren berechnet, da die Entschädigungshöhe über die Pauschalabrechnung oft unter dem tatsächlichen entstanden Schaden liegt, wenn bereits bei mäßigem Wind geschaltet wird. Es sind für die Spitzabrechnung täglich Wetterdaten zu übertragen. Die Kontrolle des Erstaufschlags vom NB muss innerhalb von drei Werktagen erfolgen. Eine Ablehnung ist mit einem berechneten Gegenvorschlag zu begründen. Ansonsten gilt der Vorschlag des NB zunächst als angenommen. Im finanziellen Ausgleich erfolgt die Auszahlung der Marktprämie durch den NB, des Marktwertes durch den DV, dem der NB die mit dem BTR abgestimmten Ausfallmengen übermittelt. Entscheidend ist also die laufende, zeitnahe Abstimmung der Ausfallarbeit durch den BTR über die verpflichtende und funktionierende EDIFACT-Marktkommunikation. Kommt es dabei zu keiner Einigung, müssen NB und BTR in einem bilateralen, manuellen Clearing Unterschiede in ihren Ergebnissen aufklären.

Am 1.10.2021 ist das Redispatch 2.0 eingeführt worden. Laufen die Prozesse seitdem problemlos?

Jens Bohlmann: Wir befinden uns immer noch in einer Übergangsphase, in der nur ein Teil der Beschlüsse umgesetzt wird. Die Komplexität ist hoch und Anpassungen der Systeme sind noch nicht abgeschlossen. Neben technischen Problemen in der Marktkommunikation unser Marktpartner zeigt die Realität, dass uns viele Erstaufschläge nicht, verspätet oder fehlerhaft berechnet erreichten. Diese Anforderung zählt neben der Plausibilisierung mit eigenen Kontrollrechnungen zu unserer Prüfroutine. Aufgrund der aktuellen Marktpreissituation erfolgte bisher kein finanzieller Ausgleich der Marktprämie durch den Netzbetreiber. Die Auszahlung des Marktwertes für Einsätze ab 10/2021 durch Direktvermarkter läuft gerade erst an. Der AB sitzt am letzten Ende der Prozesskette.

Wie sind die Aussichten?

Jens Bohlmann: Ich denke es wird noch mehrere Monate dauern, bis die Prozesse sich eingespielt haben. Die Hoffnung, dass eine bessere Netzauslastungsplanung über das Redispatch zu weniger Abschaltungen führt, besteht weiterhin. Bis dahin ist aber noch viel zu tun.

Jens Bohlmann,
Geschäftsführer, BYTE MEE Softwareentwicklung GmbH

Foto: BYTE MEE