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Wirtschaftlichkeit grüner Investitionen erhöhen

Nicole Weinhold

Für den schnellen Ausbau von Solar- und Windprojekten gilt es, Kapitalgeber zu finden. Doch bei zunehmender Regulierung der Bankenlandschaft wird das schwer, sagt Ludger Wibbeke von der Hansainvest.

In welcher Weise betrifft die Regulierung der Banken die Projektfinanzierung?

Ludger Wibbeke: Die Etablierung einer wettbewerbsfähigen und klimaschonenden Energieversorgung hat für den Wirtschaftsstandort Deutschland angesichts der durch den Ukrainekrieg hervorgerufenen Energiekrise deutlich an Bedeutung gewonnen. Deshalb muss der Ausbau der erneuerbaren Energien massiv vorangetrieben werden. Damit das gelingt, braucht es auch privates Kapital. Dafür wiederum ist ein starker und stabiler Finanzsektor unabdingbar, der in der Lage ist, solche Projekte zu finanzieren. Das kann aber nur auf Grundlage eines verlässlichen regulatorischen Rahmens geschehen, der die Banken in ihrer Handlungsfähigkeit nicht zu stark einschränkt.

Was meinen Sie? Ein Beispiel?

Ludger Wibbeke: Ein Beispiel sind die gestiegenen Anforderungen an das Eigenkapital. Hier wäre es denkbar, diese speziell für die Finanzierung nachhaltiger Investitionen zu senken, wie es auch der Bankenverband in einer Analyse vorschlägt. Das würde die Wirtschaftlichkeit nachhaltiger Investitionen erhöhen und Finanzierungsfreiräume schaffen. Und das ist auch vor dem Hintergrund möglich, dass die Kreditinstitute hierzulande sehr gut kapitalisiert und widerstandsfähig sind. Es gibt folglich keinen Grund, mehr Kapital zu binden als nötig. Gleichzeitig sollten Projektentwickler aber auch alternative Finanzierungsquellen in Erwägung ziehen, beispielsweise mit institutionellen Investoren über Fondslösungen. Das im August 2021 in Kraft getretene Fondsstandortgesetz ermöglicht es seitdem, offene Fondsstrukturen, die bisher ausschließlich der Asset-Klasse Immobilien vorbehalten waren, auch für die Asset-Klasse Infrastruktur - also inklusive Erneuerbare - zu nutzen. Mit dieser Kombination aus Eigen- und Fremdkapital ist diese Transformation im Energiebereich sehr gut auch ohne staatliche Gelder zu finanzieren.

Wie wirken sich die schwankenden Börsenpreise auf die Finanzierung aus?

Ludger Wibbeke: Preisschwankungen sind an den Börsen immer möglich. Für langfristig orientierte Anleger ist das kein Grund zur Panik. Betreiber von Wind- und Solarparks sowie Biomasseanlagen verfolgen wie andere Infrastrukturbetreiber auch langfristig angelegte Geschäftsmodelle, was für verlässliche langfristige Cashflows sorgt. Solche Volatilitäten gibt es bei der Finanzierung von Sachwerten nicht. Aktuell liegen die Renditen von Wind- und Solarparks sowie Biomasseanlagen unter Verwendung des internen Zinsfußes (IRR) bei circa acht Prozent brutto im Jahr, und die Wertperspektiven sind bei steigenden Strompreisen weiterhin positiv. Anhand der kontinuierlich veröffentlichten Nettoinventarwerte (NAVs) und Börsenkurse lässt sich die Wertentwicklung verschiedener Fonds problemlos vergleichen, wodurch eine gute Beurteilung des Managements und der jeweiligen Anlagestrategien möglich ist.

Welche alternative Finanzierungsmöglichkeit sehen und empfehlen Sie?

Ludger Wibbeke: Natürlich braucht es sehr viel Kapital für die Transformation der Energiewirtschaft. Allein die Kreditfinanzierung wird dazu nicht ausreichen. Deshalb sind offene und geschlossene Fondsmodelle, die dort investieren, eine Alternative. Wir stellen übrigens fest, dass die Zuflüsse von Seiten institutioneller Investoren dort inzwischen steigen. Ein Grund dafür ist vermutlich darin zu sehen, dass sich die nachhaltige Wirkung von Investments in Wind- und Solarparks bzw. Biomasseanlagen vergleichsweise einfach belegen lässt. Außerdem erscheinen auch die bisher zu erwartenden Renditen von mindestens fünf bis sechs Prozent pro Jahr attraktiv. Die Neuerungen des Fondsstandortgesetzes eröffnen zudem für institutionelle Investoren einige interessante neue Optionen. Dazu zählen das geschlossene Sondervermögen sowie der bei Immobilienanlagen übliche offene Spezialfonds als Infrastrukturfonds im Werkzeugkasten. Ebenso stehen der allgemeine offene Spezialfonds (§ 282 KAGB) und die Investmentkommanditgesellschaft (InvKG) zur Verfügung.

Sind Fonds derzeit bei den Erneuerbaren noch eine Ausnahme?

Ludger Wibbeke: Das Interesse institutioneller Anleger an Erneuerbare-Energie-Fonds wächst sehr stark. Bei allen Schwierigkeiten der Qualifikation nach Art. 8 oder sogar Art. 9 der Offenlegungsverordnung seit 10.03.2021 für die Asset Klasse Immobilien gibt es hierzu nicht unerheblich Vorteile mit weniger Aufwand eine solche Hürde zu nehmen bei der Asset Klasse Erneuerbare Energien. Und dieser Bereich bietet institutionellen Investoren eine Möglichkeit, ihre Produktpalette, die sonst im Sachwertebereich oft überwiegend aus Immobilien besteht, um eine top-ESG-taugliche Anlageklasse zu erweitern.

Was erwarten Sie für die Zukunft bei der Finanzierung?

Ludger Wibbeke: Die Kapitalnachfrage, vor allem bei langfristig orientierten institutionellen Investoren, wird immens sein. Statt unter Inkaufnahme von Renditeabschlägen um vorhandene Projekte zu konkurrieren, werden Kapitalgeber aller Voraussicht nach über viele Jahre die Möglichkeit haben, sich die Investitionsobjekte herauszusuchen, die ihren Ertrags- und Risikovorstellungen bestmöglich entsprechen. Dies war in der Vergangenheit aufgrund des Mangels an verfügbaren Projekten nicht immer möglich. Mit dem Anfang Juli verabschiedeten Energiepaket der Bundesregierung wurden diesbezüglich wichtige politische Voraussetzungen geschaffen. Zu nennen sind hier unter anderem verbesserte Rahmenbedingungen bei der Photovoltaik oder die Zwei-Prozent-Regelung für Onshore-Windkraft. Hinzukommen insgesamt konkretere Vorgaben zur Dauer von Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungen. Auch aus ökonomischer Sicht haben sich die Bedingungen deutlich verbessert und die Abhängigkeit von staatlichen Subventionen nimmt immer weiter ab. In Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg ist die Rentabilität der alternativen Energiegewinnung signifikant gestiegen. War der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie sowie Biomasse auf politischer Seite bisher vor allem klimagetrieben, kommt die Versorgungssicherheit als weiterer Faktor hinzu. Vor diesem Hintergrund sehen wir einen Boom bei regenerativen Energien, auf den immer mehr Investoren aufspringen werden – nicht zuletzt wegen der positiven Wertperspektiven.

Autor

Ludger Wibbeke,
Geschäftsführer Real-Assets, Hansainvest

Foto: HANSAINVEST

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