Turmbau Mahlsdorf, Sommer 2025: geplanter Windpark von UKA mit N175-6,8-MW-Anlagen und insgesamt 68 MW in Brandenburg
Das sächsische Erneuerbaren-Unternehmen UKA wird 25 Jahr alt. Bis 2027 will es deutsche Windparks mit 1,5 Gigawatt bauen. Wie geht das?
Tilman Weber
Im südmecklenburgischen Windeignungsgebiet Kreien und in der südbrandenburgischen Gemeinde Steinreich wachsen die Türme um die Wette: Hier entstehen bis Jahresende 14 Anlagen mit 149 Meter Rotordurchmesser und 5,7 Megawatt (MW) Nennleistung sowie zehn Anlagen mit 175 Meter Flügelspannweite und 6,8 MW. Beide Baustellen sind Entwicklungsprojekte des sächsischen Unternehmens Umweltgerechte Kraftanlagen (UKA). Während die Bauteams die Türme im nördlicheren Vorhaben Vietlübbe-Kreien für 165 Meter Nabenhöhe hochsetzen, zielen sie im Windpark Mahlsdorf auf 179 Meter Nabenhöhe. Hier, auf der Gemarkung der Gemeinde Steinreich, entstehen die Bauwerke im neuen Nordex-eigenen Design extrahoher Hybridtürme aus unteren Betonsektionen, hergestellt vom Windturbinenbauer selbst, und aus oberen Stahlzylindersegmenten.
Beide Windparks sind typische Projekte für das rund 1.000 Mitarbeitende zählende ostdeutsche Unternehmen. Sie sollen spätestens 2026 in Betrieb gehen, nutzen modernste Anlagen, deren weit gestreckte Rotordurchmesser und Nabenhöhen sehr gleichmäßige Windströmungen erreichen und starke Stromernten ermöglichen sollen. Das nach einem Nachbarort benannte Steinreich-Projekt Mahlsdorf wird nach drei Genehmigungsverfahren nun zum ersten Windpark des neuen Modells N175. Vorausgegangen sind beiden Projekten viele Jahre mit immer neuen Entwicklungsanpassungen, um wechselnde Widerstände gegen Baugenehmigungen zu überwinden oder die Parkplanung auf wirtschaftlichste neue Turbinentypen umzustellen.
17 Jahre Projektzeit: Der Windpark Vietlübbe mit 80 Megawatt (MW) ist ein langfristig projektiertes Vorzeigeprojekt – in Verbindung mit einem Umspannwerk, das der Aufnahme von 450 MW Windkraft und 480 MW Photovoltaik dient.
Typisch UKA, so heißt es aus der Firmenzentrale. UKA könne als inhabergeführtes Unternehmen interessante Vorhaben über große Zeiträume verfolgen, notfalls Gerichtsverfahren dafür führen, ohne auf Grenzen durch Bilanzierungsregeln eingestiegener Investoren achten zu müssen. Und bei der Technologie beständig nachjustieren.
Aus Vietlübbe ist nach 17 Jahren ein 80-MW-Vorzeigeprojekt geworden. Zumal hierzu auch ein gemeinsam mit dem kommunalen Netzbetreiber Wemag bereitgestelltes Umspannwerk gehört. Es soll dem Einsammeln der in dieser Region erwarteten Grünstromerzeugungskapazitäten dienen. Dazu ist es für ein gewaltiges Volumen von 450 MW Windkraft und 480 MW Photovoltaik ausgelegt.
UKA lässt nun in sehr vielen Projekten die Türme sprießen: In den UKA-Schwerpunktrevieren Brandenburgs, Mecklenburg-Vorpommerns und Niedersachsens, zunehmend in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt. Neue UKA-Windparks mit 1,5 Gigawatt (GW) Erzeugungskapazität sollen bis spätestens 2027 ans Netz.
Vorzieheffekt: UKA nutzt gutes Bauklima
Es ist dringend. Denn die Deutschland-Projektpipeline für Windparks an Land von UKA ist inzwischen, gemessen an der Erzeugungskapazität, 8,5 GW lang. 2025 nehme man die „Projektumsetzung unserer sehr großen Pipeline verstärkt in den Fokus“, hatte der Unternehmenschef, Gründer und geschäftsführende Gesellschafter Gernot Gauglitz zur Jahresvorschau in ERNEUERBARE ENERGIEN angekündigt. Ein Drittel der 1,5 GW sind demnächst gebaut. Hier wirkt auch ein Vorzieheffekt. Denn nicht auszuschließen ist, dass die seit dem Frühjahr regierende neue Bundesregierung die Bedingungen für neue Windparks verschlechtert.
1,5 Gigawatt will UKA von 2025 bis 2027 in Deutschland ans Netz bringen. 2,2 Gigawatt sind genehmigt.
Im UKA-Stammsitz in Meißen direkt am Bahnhof ist der für Langzeitprojekte wie Vietlübbe entscheidende Anspruch zu Hause: mit vielen Zügen zum Ziel zu kommen. Das im Halbbogen um einen Elbtalfelsen geschwungene Gebäude aus den 1990er-Jahren trägt sowohl das Firmenemblem als auch das der Kreissparkasse. Ursprünglich hatte das fünfgeschossige Gebäude der Bank gehört. 2010 war das noch elf Jahre junge UKA mit eingezogen. Von da an zog sich das Finanzinstitut nach und nach zurück und verkaufte 2021 das Gebäude an UKA. UKA rückte Stockwerk um Stockwerk nach. Nun hat die Bank nur noch Automaten fürs Geldabheben im Haus. In einem Durchgang zu einem zweiten Gebäudeteil erinnert noch ein modernistisches Wandgemälde im 1950er-Jahre-Retrostil mit Meißener Sehenswürdigkeiten an den Finanzierungsdienstleister, der sich der lokalen Entwicklung verpflichtet hat. Zugleich belegen grob gepeilt 150 Projektierende von Wind- und Solarparks hier Flex- und Stammarbeitsplätze in Einzel- oder Drei-Personen-Büros. Es ist die Firmenzentrale eines Unternehmens, das in den vergangenen fünf Jahren die Belegschaft verdoppelt hat und alleine in Deutschland mehr als 800 Mitarbeitende beschäftigt. Das Stammhaus ist mit Niederlassungen vernetzt, die nun in fast allen Flächenbundesländern zu finden sind: in Erfurt, Magdeburg, Rostock, Cottbus, Hannover, Oldenburg, Bielefeld, seit 2021 auch in Straubing und Heilbronn und seit 2022 in Mainz, Kassel, Lübeck und als modernste Repräsentanz im zehn Kilometer von Meißen entfernten Dresden. In Lohmen in Mecklenburg-Vorpommern ist die 2012 gegründete eigene Bauträgergesellschaft angesiedelt. Sie erledigt Wege- und Fundamentbau, Netzanbindung, überwacht die schlüsselfertige Bauleistung und Inbetriebnahmen der Windparks.
In der Chefetage sind in einem der Besprechungsräume in Vitrinen so etwas wie Insignien der Firma ausgestellt: vier Schachfiguren, Medaillen, ein Pappbecher mit UKA-Logo und Leitspruch darauf plus Bilder von Firmenchef Gernot Gauglitz: Schachmeister der ehemaligen DDR und Ü50-Schachweltmeister von 2016, beim Ausüben des Strategiespiels als Über-50-Jähriger (Ü50).
Vielleicht sollen sich Besuchende oder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier eine Formel für die Firmen-DNA herleiten können. Bildhaft buchstabiert anderntags der Firmenchef persönlich im Telefongespräch mit ERNEUERBARE ENERGIEN während einer geschäftlichen Autofahrt einen solchen Gen-Code: „Das Denken beim Schachspiel ist nützlich für die Projektentwicklung: Wer weiter vorausschaut auf die Züge des anderen und ihnen vorbeugt, wird den eigenen Plan durchsetzen. Wobei es immer Plan B, Plan C und mehr Pläne braucht, um bei neuen Herausforderungen auf sie umzusteigen“, sagt Gauglitz. Schachspielen vermittele Eigenschaften, um Gegenspielern „bei komplexen Projektentwicklungen“ zuvorzukommen: unwilligen Behörden, Wettbewerbern und Grundstückseigentümern, die auf Pachtsteigerungen spekulieren oder Projekte blockieren.
Wer weiter vorausschaut auf die Züge der anderen und ihnen vorbeugt, wird den eigenen Plan durchsetzen.
CEO entscheidet über jedes Projekt
Damit UKA mit dieser Übersicht stets die Oberhand behält, zieht der CEO in jeder Wind- oder Solarparkplanung mit: „Nach wie vor läuft jedes Projekt über meinen Tisch“, sagt Gauglitz. Das System UKA habe eine Crew auf Führungsebene und in den Projektleitungen hervorgebracht, deren Zugehörige „genauso rangehen wie ich selbst“. So vermittle sich das UKA-Planer-Schach wie in einem Schneeballsystem als Wirkprinzip weiter in die Belegschaft. Mit angepassten Prozessen und digitalem Datenmanagement habe UKA dieses strategische Vorgehen automatisiert und dessen Effizienz erhöht.
Wie dies konkret zu Projektabschlüssen führt, mögen mit den Projektstandorten näher Vertraute, Anwohnende, Wettbewerber, Partner oder dagegen Engagierte nachvollziehen können. Charakteristisch ist ohne Zweifel, dass das Unternehmen die Projektpipeline sowohl langfristig als auch mit hohem Tempo gefüllt und zuletzt langfristige Partnerschaften mit wenigen Technologie- oder Dienstleistungszulieferern aufgebaut hat.
So legte sich UKA alleine seit Anfang 2025 auf deutsche Windparkprojekte mit nochmals 700 MW fest. 2,2 GW der deutschen 8,5-GW-Windkraftpipeline des Unternehmens sind nun genehmigt, wobei vielerorts 2025 schon Turbinenerrichtungen gestartet oder Inbetriebnahmen erfolgt sind. Mit Kartierungen von Weißflächen in noch nicht für Windenergienutzungen ausgewiesenen Regionen sichten die Sachsen regelmäßig weitere Planflächen und messen das Potenzial mit eigenen Lidargeräten zum Windabtasten mit Laser. Es gilt, auch beim Flächen-Scouting vorne dran zu sein. Schon nachdem die Bundesregierung 2017 im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) das heutige Ausschreibungssystem eingeführt hatte, zog UKA einen Großteil der Zuschläge durch offensive Gebote für Einspeisungen an sich. Das Unternehmen stützte sich – branchenweit beachtet – regelgerecht auf eine Bürgerwindkraft-Förderklausel, die der Bundestag allerdings 2018 wieder abschaffte.
8,5 Gigawatt beträgt das Pipelinevolumen der hierzulande projektierten Windparks von UKA gemessen am Erzeugungsvolumen, hinzu kommen 2,5 GW an in Deutschland projektierter Photovoltaik- und Speicherleistung.
Zum Verständnis: Das 2017 eingeführte Ausschreibungssystem vergibt Vergütungsrechte im Rahmen eines jährlichen Budgets an diejenigen Anbieter, die ihre Windstromeinspeisung zu den günstigsten Preisen anbieten. Die Bürgerwindklausel ließ 2017 von Anwohnenden geführte Projektgesellschaften zu Ausschreibungen ausnahmsweise schon vor der Projektgenehmigung zu und gewährte ihnen besonders viel Zeit, um den Windpark nach dem Ausschreibungszuschlag in Betrieb zu nehmen. Dies ließ Bürgerwindgesellschaften auf später auf den Markt gelangende leistungsstärkere Windenergieanlagen spekulieren und auf künftig anziehende Marktpreise mit guten Einnahmen im freien Stromhandel, so dass die niedrigen Vergütungszuschläge keine Rolle spielten. Nicht nur UKA band Anwohnende für solche Bürgerwindgesellschaften ein, die regelmäßig den Bieterwettbewerb gewannen. Die Bundesnetzagentur hatte angesichts des starken Wettbewerbs damals Gebote zur Einspeisung bei unter drei Cent pro Kilowattstunde bezuschlagt.
UKA will über die damaligen erfolgreichen Ausschreibungen nicht öffentlich Bilanz ziehen, wie Marketingchef Matthias Harenburg auf Nachfrage von ERNEUERBARE ENERGIEN erklärt. Mit weitreichenden Partnerschaften will das Unternehmen nun aber viel bauen. So sicherte es sich in Rahmenverträgen mit dem Turbinenbauer Nordex seit 2020 nach und nach Windkraftkapazitäten von gut 1,5 GW. Zudem schloss es Partnerschaften für die Dienste mehrerer Gutachterbüros, zur Lieferung von Netzanschlusskomponenten und zu Finanzierungen.
Neue Märkte für Internationales und PV
Umsichtig öffnen sich die Sachsen längst zusätzliche Märkte. Seit 2016 beschäftigen sich Einige bei UKA mit dem Eintritt in potenzielle internationale Märkte. Deren Projekte erreichen schon knapp 7 GW. In den bisher angesteuerten Märkten USA, Chile, Spanien, Polen und Italien stehen erste Turbineninstallationen noch bevor. Ein 2019 erfolgter Einstieg ins Geschäft mit der Photovoltaik (PV) durch Kauf von Anteilen des Entwicklungsunternehmens Unlimited Energy führte bei UKA 2022 zur ersten PV-Freiflächen-Inbetriebnahme eines 2,8-MW-Solarparks im niedersächsischen Lüchow. 2024 folgte das ostbrandenburgische 25,6-MW-Feld Görlsdorf. Im Oktober soll unweit davon der PV-Park Laubst mit 20 MW so weit sein, dessen Ausbau auf 48 MW bis 2026 schon in Erwägung steht.
Durch Zubau von Batteriespeichern sieht das UKA-Konzept künftig Hybridparks mit kombinierter Erzeugung und Speicherung von Solarstrom und Windstrom vor. Diese sollen Industrieunternehmen oder Grünstromhändlern mittels langfristiger Stromlieferverträge, PPA genannt, stabile Grünstromversorgung anbieten oder grüne Elektrizität im freien Stromhandel flexibel vermarkten. Die Projekte hierzulande haben schon ein Volumen von 2,5 GW. UKA hofft wie andere Grünstrom erzeugende und vermarktende Akteure, damit grüne Elektrizität hochwertiger zu handeln. Oder diese Wind- und Solarparks ganz an Investoren zu verkaufen.
Das Denken beim Schachspiel ist nützlich für die Projektentwicklung.
Nachbarschaft zu Stadtwerken
Für die notwendige Akzeptanz an den Standorten setzt UKA auf eingespielte Verständigung mit Kommunen und Stadtwerken. Gemeinsame Projektentwicklungen mit Bürgergesellschaften oder kommunalen Akteuren sieht das Konzept nicht vor, wie Sprecher Harenburg informiert. Dennoch spiele der enge Austausch mit den Kommunen eine große Rolle. „Die Kollegen aus der Projektentwicklung stehen als Ansprechpartner für Fragen aus der Kommune oft weit über die üblichen Arbeitszeiten hinaus zur Verfügung.“ Wie in der Branche allgemein gelebte Praxis, informiere auch UKA auf „Infomärkten“ dann öffentlich über Schutzregeln gegen Schall- und Schattenwurf auf Häuser, über Artenschutz oder freiwillige finanzielle Beteiligung der Kommunen mit einer im EEG seit 2022 zulässigen Abgabe von 0,2 Cent pro eingespeiste Kilowattstunde. „In einzelnen Fällen zahlen wir auch Grünstromboni“, sagt Harenburg: Je nach Projekt können zum Beispiel zweistellige jährliche Eurosummen an Bewohner im näheren Windparkumkreis fließen, die sich über einen Ökostromvertrag elektrisch versorgen. Oder die Boni belohnen Anwohnende, die den Stromverbrauch im Einklang mit der wetterabhängigen Grünstromerzeugung senken und erhöhen.
Mit Stadtwerken kooperiert UKA ebenfalls, wie in Schleswig-Holstein, wo beide Seiten benachbarte Projekte entwickeln, UKA die Netzanbindung baut und teilt. Oder durch Netzüberbauung: So schließt UKA aktuell in Mecklenburg-Vorpommern einen PV-Park an, ein Partnerunternehmen einen Windpark, deren kombinierte Nennleistung die Kapazität am Netzverknüpfungspunkt übersteigt. Das Prinzip: Momente zeitgleicher Vollerzeugung von Wind- und Sonnenstrom sind selten, sodass weniger Geld durch begrenzte Einspeiseleistungen verloren geht, als die zeitgleiche Windkraft- und PV-Einspeisung bei reduzierten Anschlusskosten einbringt.
Foto: Tilman Weber
UKA-Insignien im Meissener Hauptsitz des Unternehmens
Foto: Tilman Weber
Hauptsitz und Stammhaus von UKA in Meißen: ehemaliges Sparkassengebäude
Ostdeutsche Projektierer
Umweltgerechte-Kraftanlagen-(UKA) entstand 1999 als Drei-Mann-Unternehmen, gegründet von den geschäftsführenden Gesellschaftern Gernot Gauglitz und Ole Per Wähling in Meißen nordwestlich von Dresden. UKA expandierte mit Niederlassungen in Ost- und Norddeutschland, 2016 entwickelte es sich bilanziell nach Installationen von Windparks mit 204 Megawatt zum zweitstärksten deutschen Windparkentwickler. 2017 nimmt UKA internationale Projektierungen auf, 2018 tritt es ins Solargeschäft ein. Heute arbeiten rund 1.000 Mitarbeitende weltweit für UKA, die weltweite Pipeline umfasst Projekte mit 18 Gigawatt, 2025 bis 2027 will UKA 1,5 Gigawatt Windkraft neu in Betrieb nehmen.
Ostdeutsche Projektentwicklungsunternehmen mit starker Entwicklung sind auch Enertrag mit 1.800 Mitarbeitenden und knapp einem Gigawatt Windkraft im Eigenbestand, Notus Energy (Entwicklungspipeline: vier Gigawatt), Energiequelle mit mehr als 600 Beschäftigten und VSB (geplante Inbetriebnahmen von 2025 bis 2027 von 800 Megawatt, mehr als 500 Mitarbeitende).
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