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Das Gefühl vermitteln, dass sich jemand kümmert

Effizienzsteigerung, Digitalisierung, Kostenoptimierung sowie steigende Anforderungen an Monitoring und Wartung treiben Betriebsführer in der Windbranche um. Walter Delabar, Geschäftsführer der Regenerative Energien Zernsee GmbH & Co. KG (REZ), geht im Interview auf Herausforderungen für die kaufmännische Betriebsführung ein.

Die Arbeit in der deutschen Windkraft nimmt mit immer mehr neuen Genehmigungen und Vorschriften weiter zu. Was bedeutet das konkret für die Betriebsführung?

Walter Delabar: Die Betriebsführung muss sich auf diese Welle von Projekten und Aufgaben einstellen. Große Betriebsführungen mit einigen Hundert Mitarbeitenden haben es besonders schwer, ihre Strukturen anzupassen und sich auf den kommenden Arbeitsaufwand vorzubereiten. Man muss eine neue Qualität in die Zusammenarbeit bringen – in Bezug auf Kooperationen, Arbeitsintensität und den Umgang mit Themen. Wir müssen unseren Job so gut machen, dass Betreiber und alle Beteiligten das Gefühl haben: „Da ist jemand, der kümmert sich.“ Es braucht Ansprechpartner, die sich mit dem Thema beschäftigen und angemessen antworten können.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung bei der Prozessoptimierung?

Walter Delabar: Eine große. Viele Themen hängen mit IT zusammen. Wir setzen bereits teilweise Lösungen mit künstlicher Intelligenz um. Ohne solche Systeme wird es nicht gehen. Gleichzeitig müssen Unternehmen ihre Strukturen so aufbauen, dass das persönliche Engagement der Mitarbeitenden effektiv eingesetzt werden kann. Die Identifikation mit dem Projekt ist entscheidend.

Ein Vorstand eines Herstellers sagte mir mal: „Diejenigen Projekte laufen am besten, bei denen der Betreiber sich einen Stuhl neben die Anlage stellt und einfach ab und zu hinschaut.“ Das klingt banal, aber es zeigt: Wer sich kümmert, hat Erfolg.

Wir haben einen Mangel an ServiceTechnikern meist Elektriker. Warum also nicht kooperieren?

Wie setzen Sie das konkret um?

Walter Delabar: Ich bin zum Beispiel Geschäftsführer eines großen Windparks in Jacobsdorf und kümmere mich da auch direkt um die Betriebsführung – mit Unterstützung meiner Kollegen/innen, klar. Ich betreue aber das Projekt bis ins Detail, weil es mir wichtig ist, aber auch weil ich näher an der operativen Arbeit bin und mit den Kolleg:innen besser diskutieren kann. Wir dürfen nicht vergessen: Wir gehen mit dem Geld anderer Leute um. Wenn mir 5.000 Euro im Windpark nicht wehtun, ist das der falsche Ansatz. Sie müssen mir wehtun – und das tun sie mittlerweile auch.

Wie sieht es mit der Zusammenarbeit mit anderen Betriebsführern aus?

Walter Delabar: Wir haben einen Mangel an Servicetechnikern – meist Elektriker. Warum also nicht kooperieren? Die meisten Unternehmen in der Branche sind kleine oder mittlere Unternehmen. Warum also nicht Aufgaben teilen? Zum Beispiel: Ein Unternehmen übernimmt den Service für den einen, ein anderes für einen anderen Standort – unabhängig davon, wem die Anlagen gehören. So spart man Zeit und Ressourcen. Wir haben Serviceleute für vier Standorte. Aber auch Anlagen an einem fünften, die derzeit aus Erkelenz betreut werden. Das machen Kollegen, die eigentlich andere Aufgaben haben. Warum? Wir können unsere Techniker nicht 600 Kilometer durch die Republik schicken. In Sachsen-Anhalt und Brandenburg arbeiten wir deshalb zum Beispiel mit lokalen Dienstleistern zusammen, die Begehungen und Aufstiegskontrollen übernehmen. Das funktioniert gut.

Wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit aus – etwa bei der Vermarktung des Stroms?

Walter Delabar: Das ist in erster Linie Thema der Betreiber, aber die Betriebsführer müssen darauf ein Augenmerk haben. Windparks haben zwar immer noch feste Erlösstrukturen, aber sie hängen vom Wind ab, der eben weht oder nicht – mit Variablen wie negativen Strompreisen, bei denen es keine Marktprämie gibt. Hinzu kommt: Wir haben ein historisch schlechtes Windjahr erlebt. Der Winter lag 50 Prozent unter der Prognose. Und auch 2025 bleiben wir massiv unter den Vorhersagen. Wartungsverträge enthalten aber inzwischen fast immer eine Indexierung. Das hat zum Teil zu 50 Prozent Kostensteigerung bei uns geführt. Viele Investoren verstehen das nicht. Ob sie in ein Kreuzfahrtschiff oder einen Windpark investieren, ist ihnen oft egal – Hauptsache, die Rendite stimmt. Und damit haben sie ja eben auch recht. Wir Betriebsführer müssen halt schauen, dass die Parks laufen.

Welches Thema sollte zudem fokussiert werden?

Walter Delabar: Das Thema Bürgerenergie. Wir müssen die Leute vor Ort mitnehmen und beteiligen. Das fördert die Akzeptanz. Eine gute Möglichkeit sind Anrainer-Stromprojekte. Das heißt, die Menschen, die in der Nähe von Wind- und Solarparks wohnen, können einen günstigen Stromtarif von dem Betreiber beziehen. Das nützt denen oft mehr als eine finanzielle Beteiligung, die sich ohnehin nur wenige leisten können und die mit Risiken verbunden ist. Die finanzielle Unterstützung der Gemeinden ist eine gute Sache, etwa für den Bau eines Feuerwehrhauses. Aber auch die Bürger selbst sollten merken, dass die Betreiber sich kümmern. Das hat damals Rheinbraun etwa im Rheinischen Revier besser als wir gemacht. Davon sollten wir lernen. Die Erneuerbaren-Branche kann da viel mehr machen. 

Wir müssen die Leute vor Ort mitnehmen und beteiligen.

Walter Delabar, REZ

REZ

Foto: REZ

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