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Rechtssicherheit bei Genehmigungen

Der Gesetzgeber meint es ernst mit der Energiewende; die gesetzgeberischen Aktivitäten überschlagen sich. In der Verwaltungspraxis sind lange Genehmigungsverfahren und Unsicherheiten aufgrund von drohenden Klagen gegen Genehmigungsbescheide aber nach wie vor Realität. Nun hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit zwei Entscheidungen mehr Rechtssicherheit für Investoren geschaffen.

Es hatte sich mit der Frage zu befassen, ob eine freiwillige öffentliche Bekanntmachung und Auslegung eines Genehmigungsbescheids im Rahmen eines vereinfachten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens die Monatsfrist für einen Rechtsbehelf in Gang setzt (Az.: 7 B 8.22 und 7 B 9.22 vom 08.12.2022) und nach deren Ablauf Rechtsbehelfe unzulässig sind. Die Klärung dieser scheinbar nur formalen Frage hat hohe praktische Bedeutung für die Finanzierung oder den Verkauf eines Projekts.

Der Gesetzgeber hat bisher die öffentliche Auslegung zwingend nur für das förmliche Genehmigungsverfahren, also mit Öffentlichkeitsbeteiligung, vorgeschrieben und für das vereinfachte Verfahren ausgeschlossen. Deshalb war umstritten, ob die Monatsfrist im vereinfachten Genehmigungsverfahren überhaupt gelten kann – auch wenn der Vorhabenträger freiwillig den Antrag auf öffentliche Bekanntmachung stellte.

In den vom BVerwG entschiedenen Fällen hatte der Vorhabenträger für die im vereinfachten Verfahren erteilte Genehmigung die freiwillige öffentliche Bekanntmachung beantragt; sie war auch erfolgt. Widerspruch legte der Nachbar allerdings erst mehrere Monate nach Ablauf der bekanntgegebenen Widerspruchsfrist ein. Zu spät, wie nun das Gericht entschied.

Nach seiner Rechtsauffassung gilt der im vereinfachten Verfahren erteilte immissionsschutz-rechtliche Genehmigungsbescheid im Falle der freiwilligen Bekanntmachung zwei Wochen nach der Bekanntmachung als öffentlich bekannt gegeben. Ab diesem Zeitpunkt beginnt der reguläre Lauf der einmonatigen Widerspruchs- beziehungsweise Klagefrist. Wird innerhalb der Frist kein Rechtsbehelf eingelegt, wird die Genehmigung gegenüber jedermann bestandskräftig und kann von niemandem mehr angegriffen werden. Das bringt Sicherheit für Finanzierung und Verkauf des Projekts. Das Bundesverwaltungsgericht schafft mit seiner Entscheidung daher mehr Rechtssicherheit für Vorhabenträger und macht – hoffentlich – Schluss mit der unterschiedlichen Handhabung in den Bundesländern.

Zusätzliche Bedeutung gewinnt die Rechtsprechung aktuell durch die Formulierungshilfe der Bundesregierung zur Umsetzung der sogenannten EU-Notfallverordnung. Aufgrund der vorgesehenen Neuregelung in § 6 WindBGE sollen zukünftig für Windenergieprojekte in Windenergiegebieten die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und die artenschutzrechtliche Prüfung entfallen (können). Das erweitert den Anwendungsbereich des vereinfachten Genehmigungsverfahrens erheblich. Ist keine UVP erforderlich, kann auch für größere Projekte das schnellere vereinfachte Verfahren beantragt werden. Jedem Vorhabenträger ist dann dringend zu empfehlen, ausdrücklich die freiwillige Bekanntmachung des Genehmigungsbescheids zu beantragen, um die Monatsfrist gegenüber jedermann in Gang zu setzen. W

Autor

Janko Geßner,
Gründungspartner bei Dombert Rechtsanwälte Part. mbB in Potsdam

Foto: DOMBERT