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Energiesystemwende

Sechs Tipps für eine bessere Klima-Kommunikation

Christian Gutsche

Klimaschutz ist so dringend nötig. Aber wie schaffen wir Mehrheiten dafür? Wie überzeugen wir unsere Mitmenschen? Das fragen sich viele von uns immer wieder. Kurz gesagt: Gesellschaftliche Mehrheiten für Klimaschutz erreicht man über gute Argumente und noch mehr über gute Kommunikation. Während der Blick auf Krisen bedrückt und Angst macht, treiben uns die Chancen an. Lust auf Zukunft und positive Botschaften machen das Engagement für das Klima effektiver.

Klimaschutz ist ökonomisch sinnvoll – wir müssen es nur wollen

Der Umbau unserer Gesellschaft hin zur CO2-Neutralität ist längst technisch machbar und volkswirtschaftlich sinnvoll, wie etliche Studien zeigen. Und es eilt: beim aktuellen globalen CO2-Budget und CO2-Ausstoß werden wir das 1,5°C-Klimaziel in weniger als 8 Jahre reißen. Wollen wir das 1,5°C-Klimaziel erreichen, müssen wir unsere CO2-Emissionen jedes Jahr um 20 Prozent reduzieren. Das ist ambitioniert, aber schaffbar. Um den sozial-ökologischen Umbau unserer Wirtschaft schnell umzusetzen, braucht es viele Menschen, die diesen Weg unterstützen und einen gesellschaftlichen Konsens.

Sechs Tipps für eine bessere Klima-Kommunikation

Wir brauchen daher mehr „Gute Klimakommunikation“. Sie wendet Erkenntnisse aus der Psychologie und den Kommunikationswissenschaften auf Klimaschutz an. Gute Klimakommunikation ist lösungsorientiert und motivierend, sie zeigt Vorteile von Klimaschutz-Maßnahmen auf, erreicht die Zielgruppe und lädt zum Handeln ein. Dafür braucht es Sender und viele MultiplikatorInnen. MultiplikatorInnen sind z.B. Menschen, die in Klima-Jobs arbeiten, eine Solaranlage haben oder sich in der Bürgerenergieszene oder woanders für Klimaschutz engagieren. Wir alle sind also gefragt. Gute Klimakommunikation hat dabei mehrere Facetten.

1. Vorbilder und Vorteile machen Lust auf Zukunft

Positive Gefühle motivieren. Integrität, Freude, Stolz, Erfolg und Anerkennung, Wertschätzung und Fürsorge, Sinn und Gemeinschaft zum Beispiel. Gute Klimakommunikation konzentriert sich daher auf Lösungen, auf positive Visionen und noch besser auf real existierende Vorbilder wie z.B. Kopenhagen. Denn auf Bedrohung allein reagieren Menschen meist mit Abwehr und Verdrängung. Eine autofreie oder -arme Straße hingegen, mit Platz zum Spielen und mehr Sicherheit für Kinder, mit mehr Bäumen, Blumen und Beerensträuchern, das motiviert schon eher zum Handeln. Menschen lieben Geschichten, z.B. von Dörfern, die mit der Energiewende vor Ort das Klima retten, die Dorfgemeinschaft stärken und Arbeitsplätze schaffen. Eine solche Erzählung ist ein gutes Gegenmittel gegen das Bild der spaßarmen Öko-Aktivisten und ihrer Ökodiktatur.

2. Lebensnähe und Emotionen ansprechen

Gute Klimakommunikation ist zudem erfolgreich, wenn sie uns direkt berührt und an unserer Lebensrealität andockt. Wie wirkt sich der Klimawandel in meiner Stadt, in meinem Umfeld aus? Wie können wir die Land- und Forstwirtschaft in der Nähe an die Trockenheit anpassen? Wie können wir die kommunale Wasserversorgung sicherstellen? Wie schützen wir unsere Häuser vor Extremwettern? Wie können wir meine Großeltern mit Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen vor Hitzewellen schützen? Beeinflusst der Schutz des Klimas meine Arbeit oder meine Hobbies?

3. Zielgruppen-Orientierung

Gute Klimakommunikation hat ein Ziel und eine Zielgruppe. Und sie richtet sich auch an Menschen jenseits der bereits Überzeugten. Wen will ich zu was bewegen? Und was bewegt eine Person aus der Zielgruppe? Welche Werte sind ihr wichtig, welche Dinge motivieren sie und was nervt sie? Welche Vorteile hätte sie von dieser oder jener klimaschützenden Maßnahme? In der Kommunikation erreichen wir andere oft dann nicht, wenn wir zu sehr bei uns sind und zu wenig beim Gegenüber. Es spielt ebenso eine Rolle, wer spricht und wie man auftritt. Fehlt mir der passende Stallgeruch, ist die Zusammenarbeit mit einer Schlüsselperson aus der Zielgruppe vielleicht sinnvoll.

4. Handlungsorientiert, authentisch und gemeinsam

Gute Klimakommunikation ist handlungsorientiert. Sie schaut auf den nächsten Schritt und wie der motivierend gestaltet werden kann. Denn Wissen oder Recht haben, verändert nicht die Welt, sondern Handeln. Messbare Erfolge motivieren – auch das sollte bei Klimaschutz-Maßnahmen bedacht werden. Seid authentisch. Warum sollte etwas, das Euch nicht zum Handeln motiviert, andere motivieren? Also schaut, was Euch begeistert. Das könnte auch bei anderen funktionieren. Tut euch mit Gleichgesinnten zusammen. Einzelkämpfertum erschöpft sich bei den meisten mit der Zeit. Gemeinsam sind wir stark. Gegenseitig können wir uns unterstützen – auf der Sachebene und auf der emotionalen Ebene. Und vergesst nicht, gemeinsam zu feiern!

5. Klimaschutz im eigenen Umfeld

Klimakommunikation gelingt dort, wo ich eine gute Beziehung zu meinem Gegenüber habe. Sie gelingt einfacher mit Menschen aus meinem Umfeld, mit denen ich schon in Beziehung stehe. Die Wenigsten informieren sich aktiv im Internet, durch Bücher oder Informationsveranstaltungen. Die meiste Kommunikation passiert im Alltag. Und der findet im eigenen Umfeld statt. Redet über klimafreundliche Maßnahmen in Eurer Familie, im Freundeskreis, in der Firma. Sprecht über konkrete und motivierende Lösungen. Je mehr Ihr das tut, desto einfacher wird es, denn Übung macht den Meister. Seid wertschätzend in der Kommunikation. Die Wenigsten lassen sich auf ein Gespräch ein, wenn sie sich nicht ernst genommen fühlen oder das Gefühl haben, dass man sie missionieren will. Seid unaufgeregte Vorbilder.

6. Klima-Fakten

Natürlich sollen wir faktenbasiert handeln. Aber eine Flut an unverständlichen oder nicht so wichtigen Informationen kann mehr Schaden anrichten als helfen. Was hilft, ist ein Klima-ABC mit den wichtigsten Fakten, die gut aufbereitet, verständlich, merkbar und weitererzählbar sind, so dass sich Klima-Wissen durch Weitererzählen verbreitet und auch als Impfung gegen Klima-Lügen wirken kann. 70.000 Menschen arbeiten weltweit in der Klimaforschung – dass die sich alle irren oder gekauft oder Teil einer Verschwörung sind, ist nicht sonderlich plausibel. Analogien helfen, das komplexe Thema Klimawandel begreifbarer zu machen. 0,4 Promille CO2 in der Atmosphäre können doch keinen so großen Einfluss haben? Und wie ist es mit 0,4 Promille Alkohol im Blut?

Jobs fürs Klima: Klimaschutz beschäftigt uns

Ein schönes Bespiel für eine gute Klimakommunikation sind die Chancen auf dem Arbeitsmarkt: Klimaschutz schafft Jobs – mit einem solchen Argument lassen sich gesellschaftliche Mehrheiten gewinnen. Und viele Menschen haben Lust auf sinnvolle und zukunftsträchtige Jobs. Das wirtschaftliche Potential dieser Zukunftsbranche ist riesig. Und gleichzeitig können wir durch einen sozial-ökologische Umbau der Wirtschaft eine schönere, gesündere, sozialere Welt aufbauen. Wir sollten Klima-Jobs daher stärker sichtbar machen.

Es gibt schon hunderttausende Klima-Jobs, z.B. in den Erneuerbaren Energien, in der Biolandwirtschaft und im öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Es gibt mittlerweile überall Klimaschutzbeauftragte. Und manche Klima-Jobs entstehen gerade erst. Mehr und mehr Firmen machen sich auf den Weg zur Klimaneutralität und suchen Menschen, die ihnen dabei helfen. Große Hoffnungen setze ich dabei auf gemeinschaftsgetragene Firmen. Mehr Klimaschutz braucht es in allen Bereichen und Ebenen, sei es Ernährung, Mobilität, Strom, Wärme, Industrie, Bildung, Medizin, Pflege, Soziales, Finanzen, IT, Bauen im eigenen Haushalt, in der Firma, in der Nachbarschaft, dem Sportverein, der Kommune, dem Land, in Konzernen oder weltweit. Dafür braucht es Angestellte, BeraterInnen und UnternehmensgründerInnen, die das Potential analysieren und z.B. auf wirtschaftlicher, technischer, organisatorischer und psychologischer Ebene helfen, neue Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.

Jobmotor Klimaschutz: Bitte weitersagen!

Kurzum: Jobchancen durch Klimaschutz motivieren, sie sind lebensnah, sie sind für fast alle Zielgruppen greifbar, sie sind handlungsorientiert und immer auch ein Thema im persönlichen Umfeld und sie lassen sich in Zahlen greifen. Die sozial-ökologische Transformation ist ein Gemeinschaftswerk. Natürlich ist das eine Herausforderung, aber eine verdammt lohnenswerte: Klimaschutz steckt voller Chancen. Erzählt es weiter!

Der Autor dieses Beitrags zur Kolumne "Energiesystemwende" der Reiner Lemoine Stiftung (RLS), Dr. Christian Gutsche, ist RLS-Alumnus und hat als Physiker an Solarzellen und Batterien geforscht. Er engagiert sich seit 15 Jahren für Klimaschutz, die Energiewende und Solidarische Ökonomie. Er arbeitet als Klimakommunikations-Trainer und ist Gründer des sozial-ökologischen Coworking Spaces „CoLab“ und einer Solar-Selbstbau-Kooperative in Bremen. Mehr Informationen zu guter Klimakommunikation gibt es z.B. auf klimafakten.de

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