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„Ohne grünen Wasserstoff geht es nicht“

2011 hat Enertrag das erste Hybridkraftwerk in Betrieb genommen, aber erst jetzt haben Politik und Wirtschaft erkannt, wie wichtig grüner Wasserstoff ist. Was hat sich verändert?
Sarah Weltecke:
Insbesondere das letzte Jahr hat allen deutlich vor Augen geführt, dass kein Weg daran vorbeiführt, schnellstmöglich von Öl und Gas auf grünen Wasserstoff umzusteigen. Die Regierung hat mittlerweile einige Bremsklötze beseitigt und überarbeitet ihre nationale Wasserstoffstrategie. Darin verdoppelt sie die Ausbauziele für grünen Wasserstoff bis 2030, setzt den Rahmen für eine Wasserstoffinfrastruktur und für Maßnahmen, die grünen Wasserstoff in unterschiedlichen Anwendungsbereichen zum Einsatz bringen sollen.

Außerdem hat die EU-Kommission im Februar den lang erwarteten delegierten Rechtsakt für grünen Wasserstoff bekanntgegeben. Hier wird definiert, was grüner Wasserstoff ist und die Grundlage für den Wasserstoffmarkthochlauf in ganz Europa gelegt. Oberste Prämisse dabei ist, dass grüner Wasserstoff ausschließlich aus Wind- und Solarstrom erzeugt wird.

Vergeuden wir nicht grünen Strom, wenn wir daraus Wasserstoff machen?
Sarah Weltecke:
Nein. Erstens brauchen wir grünen Wasserstoff als Energiespeicher, um die CO2-Emissionen in der Industrie oder im Verkehrssektor in den Griff zu bekommen. In der Stahl- und Zementindustrie, aber auch im Flug-, Schienen- und Schwerlastverkehr gibt es keine Alternativen, die fossile Energie ersetzen. Deshalb brauchen wir auch große Mengen an grünem Wasserstoff.
Zweitens funktioniert der nötige Ausbau von Wind- und Solarenergie nur, wenn gleichzeitig auch genug grüner Wasserstoff produziert wird. Ein flexibler Betrieb von Elektrolyseuren sorgt dafür, dass die schwankende Stromerzeugung aus Wind und Sonne mit dem Verbrauch zusammenpasst und das Stromnetz stabil bleibt. Das heißt, dass ein Elektrolyseur in den Phasen läuft, in denen der erneuerbare Strom günstig ist und im Netz nicht benötigt wird. Ein flexibler Betrieb ist deshalb auch die Voraussetzung für einen niedrigen Wasserstoffpreis und eine effektive CO2-Reduktion im Energiesystem. Rechtlich steht dem flexiblen Betrieb jedoch noch ein scheinbar kleines, aber gewichtiges Relikt im EEG entgegen, das dringend geändert werden sollte.

Was brauchen Unternehmen jetzt konkret, um in grünen Wasserstoff zu investieren?
Sarah Weltecke:
Wir warten darauf, dass der delegierte Rechtsakt final beschlossen und möglichst schnell in deutsche Verordnungen umgesetzt wird. Außerdem sollte die Bundesregierung ihren Handlungsspielraum nutzen, strengere Vorgaben zur Entfernung zwischen Elektrolyseuren und erneuerbaren Stromerzeugern zu machen. Liegt zwischen Stromerzeugung und Elektrolyse aufgrund der großen Entfernung ein Netzengpass, steigen der Netzausbaubedarf und die volkswirtschaftlichen Kosten enorm. Sinnvoller ist es, grünen Wasserstoff in der Nähe von Wind- und PV-Anlagen herzustellen und diese bestenfalls mit einer Direktleitung zu verbinden. Der Wasserstoff kann dann in großen, effizienten Wasserstoffleitungen gespeichert und zu den Abnehmern transportiert werden. Umso wichtiger sind daher verbindliche Aussagen zur Planung und Finanzierung der Wasserstoffnetze. Intersolar: Stand A3.510