Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Cross-Border-PPAs sind kein Greenwashing

In Ländern wie den USA sind Stromlieferverträge (Power Purchase Agreement, PPA) seit Jahrzehnten etabliert. In Deutschland hat es bisher die Festpreisvergütung pro Kilowattstunde gegeben und Ausschreibungen. Nun aber spricht auch hierzulande einiges für PPA. Janosch Abegg, zuständig bei Axpo für PPA in Deutschland, und Johannes Pretel, Head Origination, erklären, warum das Thema hierzulande so wichtig ist. 

Sie haben 2019 ein PPA in Deutschland umgesetzt. Hierzulande waren Sie damit Vorreiter. Oder?

Johannes Pretel: Das war eines der ersten Solar-PPAs in Deutschland. Wir haben das damals als Testballon angesehen. Die Pionierarbeit war dabei, dass es erstmals Herkunftsnachweise aus PV-Projekten gab. Da gab es Kinderkrankheiten.

Die Kinderkrankheiten sind ausgemerzt? Wo sehen sie jetzt die Hürden?

Janosch Abegg: Wir als Axpo kaufen von Solarprojekten in einem PPA den Strom auf. Wenn Sie aber Solarprojektierer sind und Sie haben fünf Interessenten für die Stromabnahme, dann müssen Sie auch die verschiedenen Verträge und PPA-Strukturen verstehen – zum Beispiel den Umgang mit negativen Börsenstrompreisen. Das wird unterschiedlich gehandhabt. Welche Sicherheiten verlangt der Abnehmer für den Fall, dass Sie einen längeren Ausfall haben? Wie geht er damit um, wenn Sie eine Bauverzögerung haben und erst sechs Monate später Strom liefern können als geplant? Da muss sich der Projektierer erstmal klar werden, wie er mit diesen Themen umgeht.

Da haben Sie reichlich Erfahrungen, denn Themen wie Lieferausfall hat man auch in anderen Ländern.

Janosch Abegg: Es ist wirklich ein Vorteil, wenn man teilweise mit denselben Banken identische Probleme in anderen Ländern ausdiskutiert hat. Dann kommt man auch in Deutschland schneller zu einer guten Risikoallokation. Interessant ist auch die Frage, was das größte Hindernis auf Industriekundenseite ist. Sie wollen alle eine Nachhaltigkeitsstrategie abschließen, stellen dann aber fest: Jetzt habe ich hier diese vielen kleinen, möglichen Projekte. Vielleicht will ich mich auch nicht auf zehn Jahre festlegen. Viele spezifische Risiken sind den Industriekunden zu groß. Daher der Hinweis: Ich muss eine mehrgleisige Strategie fahren. Ich will deutsche PPAs in meinem Portfolio haben, nehme aber auch sogenannte Cross-Border-PPAs. Dadurch, dass ich Herkunftsnachweise von neuen Projekten in Spanien mit ins Portfolio nehme, verhelfe ich denen ins Leben. Damit kann ich auch dem CO2-Reduktionsziel gerecht werden.

Aber Regionalität hat Vorrang?

Johannes Pretel: Ja, so ist es. Es gibt keine festgelegte Definition für PPAs. Die Industrie will kein Greenwashing. Wir müssen dann mit dem Kunden abklären, was er will und wie er den größten Nutzen hat. Da ist viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Vor einem Jahr hieß es: Kein Greenwashing, keine internationalen Projekte. Heute merkt die Industrie: Es ist legitim, einen guten Mix aus Projekten im eigenen Land und in anderen Ländern anzustreben. Und es ist kosteneffizient. Das ist unsere Beratungsleistung. In Deutschland ist das für die Industrie noch Neuland. In anderen Ländern kennt sie das seit vielen Jahren.

Wie sehen Sie die Perspektiven für Solar-PPAs in Deutschland?

Johannes Pretel: Wir haben in Deutschland Onshore-Wind mit Akzeptanzproblemen, teure Offshore-Technologie und PV. Und da sage ich: Photovoltaik hat eine bessere Akzeptanz, ist schneller umzusetzen, die Kosten gehen stark runter. Es wird einen starken Zubau für PPAs geben. Die Kleinteiligkeit wird dabei eine Herausforderung sein. Zudem hat PV zwar die größte Akzeptanz, aber auch die geringste Ausbeute an Megawattstunden.

Die Kohle klingt langsam aus. Sehen Sie, dass große Versorger das als neues Geschäftsfeld erkennen?

Janosch Abegg: Ja. Mittelgroße Stadtwerke treten auch in Doppelrolle auf. Die haben vielleicht selbst ein Projekt gekauft, das sie auch behalten wollen. Dann ist es nicht unüblich, dass man nach einer PPA-Lösung fragt. Man sammelt Erfahrungen, um das später dann durch eine Inhouse-Abteilung weiterzuführen.  

Man braucht Erfahrung, um auf diesem Feld aktiv zu sein, oder?

Johannes Pretel: Sehe ich auch so. PV im Balancing zu handhaben, ist nicht so einfach. Ich sehe aber bei Stadtwerken die Berechtigung: Die haben die Nähe zu den Kunden, die haben teilweise vielleicht die Flächen. Das Schöne am deutschen Markt ist: Sie können sich im Zweifel die Teile des PPAs rauspicken, die Sie übernehmen wollen. Für andere Themen wie Risikoabsicherung oder Balancing können Sie sich Experten hinzuholen. Die Stadtwerke werden nicht alles selbst machen, weil es ineffizient ist, dieses Know-how komplett ins Haus zu holen.

Wie könnten sich PPAs in Deutschland positiv auf die Energiewende auswirken?

Janosch Abegg: Der Ausbau der Erneuerbaren kann nach Ende der EEG-Vergütung weiter vorangehen. Die Finanzierung von Regenerativprojekten ist damit gesichert. Da hat das PPA seine Feuerprobe schon bestanden, denn es bestand ja die Sorge, dass viele alte Windkraftanlagen aus dem Markt gehen müssen, wenn sie nach 20 Jahren keine EEG-Vergütung mehr bekommen. Durch PPAs wurden sie davor bewahrt. PPA-Preise spiegeln Marktpreise.

Ein Betreiber hat mir erzählt, er habe im vergangenen Jahr ein PPA über drei Jahre für seine Altanlage abgeschlossen. Drei Cent für die Kilowattstunde. Das ist im Vergleich zu dem, was er jetzt kriegen könnte, wenig.

Janosch Abegg: Sowas kann passieren. Aber vor einem Jahr war er vielleicht froh, dass er wenigstens dieses eine Angebot hatte. Jedenfalls funktioniert es für Windkraftanlagen im Bestand und für Solaranlagen, dass wir eine positive Investitionsentscheidung erreichen. Limitierend ist hier die Konkurrenz mit der EEG-Förderung: Neubauprojekte im Bereich Onshore-Wind sind momentan durch unterzeichnete Ausschreibungen attraktiver als PPAs.

Johannes Pretel: Durch den PPA-Markt werden in Deutschland jetzt Rahmenbedingungen geschaffen. In der Industrie gab es vorher Strompreis-Kompensation. Je mehr CO2 produziert wird, desto höher die Kompensation. Mit PPAs macht das keinen Sinn. Sie haben die Umlage. Es ist ein bisschen wie mit der E-Mobilität. Am Anfang gab es hier viel Skepsis bezüglich Reichweite und Infrastruktur. Je mehr sich PPAs in den Markt drängen, desto mehr wächst die Akzeptanz. Auch werden wir künftig auf unserer Stromrechnung nicht mehr trotz des hohen Anteils an Regenerativstrom nur Graustrom sehen. Das wird sich jetzt mit rasantem Tempo entwickeln. PPAs werden die Akzeptanz steigern.

Mit unserem kostenlosen Newsletter halten wir Sie bezüglich der Weiterentwicklung bei der Finanzierung von Regenerativanlagen auf dem Laufenden. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.