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Industriepolitik Offshore-Windkraft

Olaf Scholz: Siemens-Gamesa-Standort „für Zukunft Deutschlands wichtig“

Bei einer Besichtigung der Maschinenhausmontage von Siemens Gamesa in Cuxhaven sagte Scholz am Donnerstag mit Verweis auf die 2017 an dem Standort gestartete Serienproduktion für die getriebelosen Offshore-Windenergieanlagen: Die Industrieansiedlung des Windenergieanlagenherstellers in der niedersächsischen Hafenstadt beeindrucke ihn. Sie bringe „High Tech aus Deutschland“ und große technische Innovation hervor. Deutschlands Zukunft nach dem Umbau der Energieversorgung im Land müsse eine industrielle Zukunft mit Arbeitsplätzen in der Industrie sein. Sie werde dann gestützt auf klimaneutrale Energieversorgung nur anders aussehen.

Scholz, der in den zwei Tagen zuvor erst von Verhandlungen in Kanada um die Belieferung Deutschlands mit fossilem Erdgas aus der aufwändigeren Fracking-Förderung zurückgekehrt war und dann einen militärischen Übungsplatz zum Training ukrainischer Soldaten besucht hatte, ging auch auf die Frage nach der schwierigen Situation der Windturbinenbauer aufgrund der aktuellen Störungen des Weltmarktes ein. Auf die Frage, ob die Bundesregierung zur Sicherung der beschlossenen schnellen Energiewende kurzfristig die in die roten Zahlen gerutschten Windturbinenherstellern retten würde, erklärte Scholz: Die Branche sei in einer scheinbar widersprüchlichen Situation. Windenergieunternehmen wie Siemens Gamesa müssten ihre Anleger oder Investoren davon überzeugen, ihr Kapital weiter für das Unternehmen einzusetzen, weil es bald einen großen Ausbau der Offshore-Windkraft in Deutschland beliefern wird. Und angesichts der Verabredung der Nordseeanrainerstaaten zur Installation von 65 Gigawatt (GW) Offshore-Windstrom-Erzeugungskapazität bis 2030 gehe es auch um bevorstehende Exporte. Zugleich müssten die Unternehmen die Zwangslage überstehen, die sich aus dem schnellen Preisanstieg von Rohstoffen und Bauteilen sowie weltweite Lieferkettenengpässen ergeben. So müssten die Windenergieanlagenhersteller damit zurechtkommen, dass Rohstoff- und Bauteilpreise der Windenergieanlagen schneller steigen, als sie sich in den Lieferverträgen mit den Windturbinenkäufern kalkulieren ließen.

Mit Blick auf die von den Windturbinenherstellern derzeit durchweg präsentierten roten Zahlen, sagte Scholz: Die Politik werde die Branche nun „sehr genau begleiten müssen“, um zu sehen, wann der Zeitpunkt für eine eventuelle Unterstützung gekommen ist. Dies hänge auch davon ab, wie sich die Krisensituation fortentwickle, betonte der Kanzler wohl mit Verweis auf die russische Kriegsführung in der Ukraine und die damit zusammenhängende Abnabelung europäischer Länder von den preisgünstigeren Rohstofflieferungen Russlands.

Scholz blieb derweil die Zusage einer Mitfinanzierung dreier geplanter Kaianlagen zum Umschlag der schweren Offshore-Windturbinen-Komponenten für den Transport ins Windparkinstallationsfeld schuldig. Auf eine Frage nach möglichen Mitteln aus dem Bundeshaushalt für die sogenannten drei Liegeflächen, vermied der Kanzler jegliche finanzielle Festlegung. Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies, sozialdemokratischer Parteifreund von Scholz, sagte allerdings im Anschluss an den Kanzler-Auftritt in Cuxhaven, es habe zuletzt ein Gespräch mit dem Kanzler zu diesem Thema gegeben. Der Austausch habe auf eine irgendwie geteilte Finanzierung durch die Bundesregierung und die Landesregierung gezielt, deutete Lies an.

Der Geschäftsführer von Siemens Gamesa, Jochen Eickholt, verwies ebenfalls auf die aktuell schlechten betriebswirtschaftlichen Finanzergebnisse und auf die erforderliche enorme Beschleunigung der Windturbinenfertigung für die Energiewendepläne in Europa. Er betonte, das sogenannte Osterpaket – ein im Juli im Bundestag verabschiedetes Gesetzesbündel zur Beschleunigung des Windkraft- und des Photovoltaik-Ausbaus in Deutschland – sei ein erster wichtiger Schritt in dieser Richtung. Nun benötige die Windenergiebranche allerdings weitere Regelungen, damit sie nachhaltig investieren könne. Vor allem müsse die Politik die angekündigten Ausschreibungen der nächsten Serie künftiger neuer Offshore-Windparks rasch umsetzen, damit konkrete Projekte und Aufträge für die Windturbinenbauer entständen. Zudem forderte Eickholt eine Erweiterung der bisher beschlossenen neuen Ausschreibungskriterien um qualitative Kriterien für einen Zuschlag: eine möglichst regionale Herkunft der Bauteile der Windenergieanlagen und der am Offshore-Windkraft-Ausbau beteiligten Unternehmen sowie eine nachhaltige Produktion der Bauteile und Anlagen. Mit solchen qualitativen Kriterien hoffen Vertreter der Offshore-Windenergie-Branche, nicht zuletzt Wettbewerbsunternehmen aus China vor einer befürchteten raschen Übernahme größerer Marktanteile fernzuhalten. Chinesische Unternehmen gelten aufgrund staatlicher Unterstützung als wettbewerbsverzerrende Konkurrenz.

Bundeskanzler Scholz verwies zudem auf die Bedeutung der erfolgten raschen Verabschiedung der Energiewendegesetze durch das Osterpaket schon im Juli und durch weitere Gesetzesinitiativen noch nach der parlamentarischen Sommerpause. Dahinter stecke die Strategie: „Nur wenn wir im ersten Jahr alle Gesetze machen, die für das Tempo notwendig sind“, könne die geplante Erhöhung des Erneuerbaren-Ausbautempos stattfinden. Würde es länger dauern, würden „uns alle Bedenkenträger in den Arm fallen“, erklärte Scholz.