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„Wie stark ist die deutsche Offshore-Windkraft-Industrie wirklich, Frau Winkler?“ 

Wie stark ist die deutsche Offshore-Windenergie-Wirtschaft wirklich?

Heike Winkler: Die deutsche Zulieferindustrie war von Anfang an dabei, beim Ausbau großer moderner Offshore-Windparks weit draußen im Meer mit offshore-spezifischen hohen Erzeugungskapazitäten. Sie hat somit einen großen Erfahrungshintergrund und Kompetenz darin, große moderne Offshore-Windkraftprojekte realisieren zu können. Seit der ersten Strompreisbremse von 2016 ist ein starker Rückgang der deutschen Offshore-Windzulieferindustrie zu verzeichnen. Strompreisbremse nenne ich die Maßnahmen des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers Peter Altmaier, der das Ausbautempo hart auf ein vermeintlich angemessenes und langsameres Netzausbautempo abbremste und der mit einem neuen preisorientierten Ausschreibungssystem die Kosten reduzieren wollte. Damit hat sich bekanntlich die Offshore-Windindustrie deutlich verkleinert und seither kaum Chance zur Erholung gehabt. Laut der Wertschöpfungsstudie von Windresearch ist die Zahl der in der Offshore-Windenergie tätigen Unternehmen ja um deutlich über 100 gesunken, die Zahl der Beschäftigten ging von grob 29.000 bis 30.000 auf knapp über 20.000 zurück.

Wie stark ist der Wirtschaftszweig aber heute?

Heike Winkler: Die Zulieferindustrie konnte keine Rücklagen aufbauen, nachdem der Fadenriss eingetreten war und der Preisdruck weiter zunahm. Weil sie für ein künftig wieder anziehendes Wachstum im Offshore-Windpark-Ausbaugeschäft zeitlich nach vorn nicht investieren konnte, sind die Unternehmen nicht optimal für das beginnende große Wachstum aufgestellt. Es sind nicht ausreichend Beschäftigte qualifiziert worden, und es fehlen die vergrößerten Produktionskapazitäten. Nach dem Spitzenausbaujahr 2015 mit damals zwei Gigawatt Erzeugungskapazität in der deutschen See und danach dem Einbrechen der Bautätigkeiten und Auftragslagen in Deutschland sollen heute plötzlich wieder vier Gigawatt und mehr Zubau erfolgen – und die Offshore-Unternehmen hierzulande sollen bestenfalls noch internationale Projekte realisieren. Es fehlen, wie anderswo realisiert, hier die erforderlichen Qualitätskriterien in den Ausschreibungen, die den technologischen Entwicklungsstand der deutschen Offshore-Windenergie-Industrie absichern und das Wachstum unterstützen. Weil außerhalb Deutschlands die Industrieunternehmen der Branche häufig mehr oder weniger indirekt staatliche Unterstützung erfahren, erschweren starke Wettbewerbsverzerrungen ein Wachstum der Produktivität der deutschen Zulieferindustrie.

Verzerrter Wettbewerb erschwert Produktivitätswachstum bei Zulieferern

Ein verzerrter Wettbewerb zwischen den Industriestandorten in Europa?

Heike Winkler: Den Vorteil aus dem Frühstart der modernen großen Offshore-Windparks in Deutschland haben einige Nachbarländer und auch außereuropäische Länder selbstverständlich aufzuholen versucht. Sie haben lokale Ansiedlungen von Offshore-Windenergie-Unternehmen in ihren Ländern gefördert. Während aber der Wettbewerbsdruck auf die deutschen Unternehmen zunahm, reichen die entstandenen Fertigungskapazitäten in Europa noch nirgendwo aus, um die europäischen Offshore-Windkraftziele einschließlich der britischen Ziele zu erfüllen.

Das ist also noch Luft für deutsche Unternehmen im europäischen Wettbewerb. Warum entsteht dennoch weiterhin keine durchgehende deutsche Wertschöpfungskette?

Heike Winkler: Weil die Aufträge weiterhin nicht ausreichend vorhanden sind. Vielfach gehen Aufträge an Akteure außerhalb Deutschlands, so dass die geschäftliche Grundlage bei vielen deutschen Unternehmen fehlt, um optimal wachsen zu können. Kleineren und mittleren Unternehmen fehlt diese Planungssicherheit für Investitionen besonders. Müssen diese dann noch in unterschiedlichen Märkten tätig sein, um ein ausreichendes Geschäftsvolumen abzusichern, brauchen sie auch eine organisatorische Aufstellung in diesen Ländern. Es führt also nichts daran vorbei: Bei den deutschen Ausschreibungen verbunden mit staatlichen Ausgaben müssten auch die deutschen Unternehmen zum Zuge kommen …

Sie meinen, hier mache sich bemerkbar, dass andere Länder in Europa wie Frankreich, Großbritannien oder Polen indirekt für die Vergabe der Projektierungs- und Vergütungsrechte Local Content vorschreiben? Also eine Mindestbeteiligung einheimischer Unternehmen …

Heike Winkler: Natürlich macht sich das bemerkbar. Es ist selbstverständlich ein großes Ansiedelungskriterium für Offshore-Windenergie-Unternehmen, weil es ein Vergabekriterium für die Flächen in Nord- und Ostsee ist, ebenso wie die Tatsache, dass solche Länder auch in den Hafenausbau investieren und einen Fokus auf Offshore-Windunternehmen bei der Gewerbeansiedlung unterstützen.

Warum es eine geschlossene deutsche Wertschöpfungskette braucht

Hilft es der Offshore-Windenergieindustrie nicht schon, wenn die Lieferkette europäisch wird: Fundamente aus Skandinavien, Rotorblätter aus der Türkei, Großbritannien, Portugal, Frankreich, Maschinenhäuser aus Dänemark, Deutschland und Frankreich?

Heike Winkler: Naja, bezogen auf diese Frage empfiehlt sich die gesamten Ausbauziele in Europa anschauen. Es sind wie gesagt lange nicht genug Produktions- und Personalkapazitäten in dieser europaweiten Wertschöpfungskette vorhanden, um die Ausbauziele realistisch verwirklichen zu können. Wir haben in Deutschland ja durchaus erfahrene Hersteller von Gründungen und Offshore-Windenergieanlagen. Die können ein gutes Produkt liefern. Müssen die Industrieunternehmen aber europaweit an vielen geografischen Orten gleichzeitig neue Fertigungsstätten aufbauen, müssen sie an diesen vielen Stellen immer neu sich der benötigten Effizienz, der Qualität, der Wirtschaftlichkeit annähern. Produktionskapazitäten müssen ja genauso entwickelt werden, wie Produkte entwickelt werden müssen. Hinzu kommt, dass eine räumliche Nähe zwischen Wertschöpfungs- oder Lieferkettenpartnern innerhalb eines Projektes innovative Entwicklungen begünstigt, weil die Zusammenarbeit optimiert werden kann. Ohne geschlossene Wertschöpfungsketten wird die Zusammenarbeit bei technischen Entwicklungen erschwert. Ich denke also: Nein, es ist nicht damit getan, wenn ich Unternehmen wettbewerbsverzerrt auf der langen europäischen Werkbank verteile.

Die Ausschreibungsvolumen sind so groß wie nie. Entsteht nicht alleine dadurch die Sicherheit für die Industrie, in Fertigungsstätten zu investieren? Sind Sie noch nicht zufrieden?

Heike Winkler: Ich bin sehr zufrieden über die großen Ausschreibungsvolumina. Doch Volumina sind noch keine Aufträge. Bis Aufträge an die fertigenden und dienstleistenden Unternehmen daraus werden, vergehen häufig zwei und mehr Jahre nach dem Zuschlag und bis zur finalen Investitionsentscheidung, der FID. Wir werden also die Wirkung auf die Lieferkette aus den Ausschreibungsvolumina erst deutlich nachgelagert sehen. Eine einfache Absichtserklärung zwischen Projektierungsgesellschaft und Anlagen- oder Komponentenherstellern zum Kauf von Komponenten, ein Memorandum of Understanding oder ähnliches reicht zunehmend konservativ handelnden Finanzierungsinstituten und Mutterkonzernen nicht aus, um Investitionen in Fertigungskapazitäten zu ermöglichen. Anders ist es in Ländern wie Frankreich mit Wertschöpfungsvorgaben, wo klar ist, dass von den heimischen Zuschlägen auch bestimmte Anteile im Inland verbleiben.

Der Hype um große Ausschreibungsvolumen

Dann sieht die Situation in zwei, drei Jahren besser aus? Nur, so machen Sie hier den Punkt, verliert die Branche so lange wertvolle Zeit?

Heike Winkler: Es geht nicht nur um die Zeit, die kleinere und mittelständische Unternehmen nicht überbrücken können. Die Hersteller von Windenergieanlagen beispielsweise sehen sich nun noch weiteren Hürden gegenüber. Sie müssen die deutlichen Kostensteigerungen im Zeitverlauf mit einkalkulieren, die vielleicht plötzlich eintretenden Knappheiten von Rohstoffen oder die fehlende Garantie für die Verfügbarkeit von Komponenten. Es ist ja so: Es gibt – von der Politik gerne befeuert – einen Hype um die großen Ausschreibungsvolumen. Aber der Schlüssel zum Erfolg ist es, dass alle Glieder einer Lieferkette vorhanden sind. Einfach gesprochen: Wichtig ist, dass beim Beginn der großen Auftragsvergabewelle auch genug Fachkräfte und Ausbildungsoptionen sowie Rohmaterial verfügbar ist.

Welche qualitativen Ausschreibungskriterien es braucht 

Aber wenn es die Ausschreibungen alleine nicht richten, welche staatliche Unterstützung erwarten Sie dann?

Heike Winkler:  Zunächst den Einsatz von Qualitätskriterien in den Ausschreibungen. Und in Anlehnung an den mit Bund und Ländern vereinbarten Realisierungsfahrplan für die Übertragungsnetzbetreiber ist ein Pendant dazu in Gestalt einer Industrievereinbarung mit der Zulieferindustrie vonnöten. Dann erst hat die Zulieferindustrie einschließlich des Schiffbaus, den wir auch dringen brauchen, die Möglichkeit in ihre Kapazitäten zu investieren und bekommt von Banken und Mutterunternehmen die Unterstützung. Diese Vereinbarung muss nicht zuletzt die Ausbildung von Mitarbeitern und eine Fachkräftekampagne enthalten ….

Ausbilden und Fachkräfte anlocken als Staatsaufgabe?

Heike Winkler: Der Staat kann und muss für die Ausbildung mehr machen, ja. Wichtig ist, dass es eine branchenspezifische Ausbildung und Qualifizierungsoffensive gibt, nicht nur allgemeine Fachkräfteoffensiven vom Bund für alle Lebensbereiche. Wir brauchen relativ spezifische Berufsbilder – es gibt viel zu wenig Menschen, die keinen akademischen Berufsweg wählen und als Elektriker, Mechaniker, Mechatroniker der Offshore Windindustrie zur Verfügung stehen. Vergleiche ich das mit den riesigen Anstrengungen in Polen, junge Menschen als körperlich Arbeitende von der Schule weg für einen Offshore-Wind-Weg zu begeistern, ob im Schiffbau oder direkt für die Offshore-Windenergie, lässt sich da auch für Deutschland noch viel machen. Dabei muss die maritime Wirtschaft als Ganzes mit in den Blick genommen werden. Denn auch der Schiffbau, aus dem die Offshore-Windkraft sonst Personal gezogen hat, hat stark unter der hierzulande üblichen rein preislich orientierten, im internationalen Vergleich aber wettbewerbsverzerrenden Ausschreibungen, gelitten.

Lokale Zuliefereransiedlung vs chinesische Konkurrenz

Nun haben sich die EU-Energieminister im Ministerrat mit der EU-Kommission und den Windenergieunternehmen auf eine Windenergiecharta geeinigt und sie unterschrieben. Diese sieht die Einführung vieler qualitativer Ausschreibungskriterien für alle EU-Mitgliedsländer vor. ist das rechtzeitig und ausreichend?

Heike Winkler: Diese EU-Einigung hat einen sehr starken Fokus auf die Onshore-Windenergie. Darin sind sehr viele gute Ansätze zu sehen, mit Überschneidungen zur Offshore-Windenergie, Qualitätskriterien wie die digitale Sicherheit zum Beispiel….

… auch, um der chinesischen Konkurrenz den Zugang zu erschweren …

Heike Winkler: …, aber es fehlt ein Kriterium, das wirklich die Ansiedlung lokaler Fertigungsstätten fördert.

Ausschreibungen müssen Bedarf am grünen Stahl stärken

Was ist denn dann nun gefährlicher für das Ziel einer deutschen Wertschöpfungskette: „Der Chinese“ und innereuropäischer unlauterer Wettbewerb oder falsche Ausschreibungsregeln?

Heike Winkler: Gefährlich ist vielleicht das falsche Wort. Ich will unterscheiden in Dinge, die stärken, und Dinge, die Wertschöpfung schwächen. Die chinesische große Produktionskapazität ist für den Weltmarkt auf keinen Fall gefährlich, sondern sie ist wichtig zur Erfüllung der Ausbauziele im chinesischen Markt. Genauso wichtig sind europäische Kapazitäten, um bei uns den Bedarf an Windindustrie zu beliefern. Hier sind aber letztendlich zielführende Ausschreibungsbedingungen entscheidend! Ein CO2-Fußabdruck muss her, weil es dem Nutzen fürs Klima weniger zuträglich ist, wenn die Windparks zwar die Erzeugung von Strom mit fossilen Brennstoffen und damit mit viel Treibhausgasausstoß vermeiden – zugleich aber viel CO2 schon alleine durch sehr weite Transportwege bei ihrem Aufbau verursachen. Wird das sinnvollerweise eingepreist, profitieren Offshore-Windenergie-Unternehmen in räumlicher Nähe zu den Projektstandorten mit einer deutlich höheren Wahrscheinlichkeit. Ein zweiter Aspekt ist die Industriepolitik, deren Wichtigkeit viele Nachbarländer anders als Deutschland auch erkannt haben. Führen wir uns vor Augen: Wir wechseln gerade von einer Wirtschaft mit fossilen zu einer Wirtschaft der erneuerbaren Ressourcen. Dieser Wandel hat auch für die nächsten Dekaden eine hohe Relevanz. Was liegt näher, als diese Entwicklung industriepolitisch positiv zu begleiten und unsere Erneuerbarenindustrie zu stärken. Wieso aber fehlt im jetzigen deutschen Ausschreibungsregime – übrigens sieht dies auch die EU-Windcharta nicht vor –, dass die Anlagen aus grünem Stahl gefertigt sein müssen: mit grünem Wasserstoff als Prozessenergieträger produzierter Stahl, aus einer Windstrom-betriebenen Elektrolyse. Dann würde sich der Kreis schließen und der Marktaufbau für grünen Wasserstoff beschleunigt werden. Wenn nämlich unser Wirtschaftsministerium richtigerweise erreichen will, dass die Stahlindustrie grünen Wasserstoff für die Produktionsprozesse nutzt, muss der grüne Stahl hierzulande ja Abnehmer finden.

Gibt es bei den Auktionsregimes einen Sündenfall – ein erstes Ausschreibungssystem, dass die entscheidende rote Linie hin zu wettbewerbsfeindlichen Bedingungen überschritten hat?

Heike Winkler: Der Sündenfall war eindeutig der starke Fokus der ersten 2017 eingeführten Ausschreibungen allein auf den Preis. Andere Länder haben schon bei der Einführung ihrer Ausschreibungssysteme besser verstanden, zum Beispiel auch die Niederlande, dass es auch immer um Industriepolitik und Klimaschutz gehen muss …

Öffentliche Wahrnehmung ist Investoren-fokussiert

Also um eine Politik, die eine Ansiedlung oder eine Erhaltung der Industriestandorte erreicht. Hört die Politik denn nicht genug auf ihre Offshore-Windenergie-Unternehmen in der Breite? 

Heike Winkler: Politik und öffentliche Wahrnehmung sind bei uns sehr Investoren- oder Betreiber-fokussiert. Diejenigen, die Projekte ersteigern, sind für die Politik maßgeblich. Wer die Windparks dann baut, war und ist immer noch zweitrangig. Eine ähnliche Relevanz neben den Investoren haben in dieser Vorstellung nur die Übertragungsnetzbetreiber. Diese Betrachtungsweise übersieht die Herausforderung, dass es alle Wertschöpfungsbereiche zum Ausbau der Offshore-Windparks und ihrem Betrieb braucht. Es braucht eine ganzheitliche  politische Betrachtung oder weniger Wettbewerbsverzerrung. Es gab ja durchaus schon runde Tische zum Thema Wertschöpfung unter Führung des Bundeswirtschaftsministeriums, schon als es noch BMWI hieß und auch noch, als es schon das BMWK war, also das Ministerium auch für das K wie Klimaschutz. Ein wichtiges Thema der runden Tische war nicht zuletzt der Hafenausbau. Leider hat sich das dann aber in keinerlei praktische Maßnahmen umgeschlagen …

… eine Hafenausbaustrategie gibt es immer noch nicht. Daher nochmals zur Ausgangsfrage: Hört die Politik der Offshore-Windenergie-Wirtschaft angemessen in ihrer ganzen Breite zu – oder kommen nur die Größten wie jüngst Unternehmen Siemens Energy zu Gehör, das eine 7,5-Millionen-Euro-Bürgschaft zugesprochen bekam.

Heike Winkler: Die Siemens-Energy-Unterstützung ist ja nicht in erster Linie eine Unterstützung für den Siemens-Energy-Bereich der Windenergie. Siemens Energy ist einfach ein wichtiges Unternehmen innerhalb Deutschlands, dem die Politik eine wichtige Rolle zuschreibt. Der von der Deutschen Energie-Agentur Dena moderierte Stipe-Prozess hatte ja Möglichkeiten für einen Aufbau von Produktionskapazitäten für die Energiewende untersucht. Aber nach dessen Veröffentlichung im Februar folgten keine Maßnahmen zur Realisierung.

2024 entscheidet, ob deutsche Offshore-Windkraftindustrie im Rennen bleibt

Was wird 2024 besser?

Heike Winkler: 2024 wird darüber entscheiden, ob die deutsche Offshore-Windindustrie zumindest die Chance behält, mit vielen Akteuren im Rennen zu bleiben. Wie die Frage sich Ende 2024 beantworten lässt, ist stark von Prämissen abhängig wie einem gesicherten Hafenausbau und einer Industrievereinbarung inklusive des Schiffbaus und so schnell wie möglich einem Ausschreibungsmechanismus mit sinnvollen qualitativen Kriterien. Sollten sich die Prämissen realisieren lassen, ist die Perspektive positiv. Die deutsche Industrievereinbarung müsste an den Realisierungsfahrplan des Offshore-Windparkausbaus angelehnt sein. Wenn wir nicht die entsprechende Wertschöpfung aufbauen, müssen uns die Chinesen oder europäische Zulieferer beliefern, wenn die mal Zeit und Produktionskapazitäten für uns übrighaben. Dann investieren wir in den Ausbau der Offshore Windenergie und die Wertschöpfung passiert woanders.

ZUR PERSON: Heike Winkler, Offshore Wind Kommunikation

Die Kommunikations- und Public Affairs-Spezialistin der Offshore-Windenergie-Branche, Heike Winkler, hat in viereinhalb Jahren als Geschäftsführerin das nordwestdeutsche Netzwerk WAB zu einem Bündnis der deutschen Offshore-Windkraft-Industrie aufgebaut. Im Oktober hat sie der WAB-Vorstand von ihrem Amt freigestellt, wie Winkler informiert. Sie hätte gerne „die Arbeit für die nachhaltige Entwicklung der Offshore-Windenergie-Zulieferindustrie in dieser Funktion fortgesetzt“. Unter ihrer Leitung formierte sich die WAB zu einem Organ für die gesamte Wertschöpfungskette der Meereswindkraft, einschließlich der Produktion grünen Wasserstoffs mit Windstrom aus Offshore-Windparks. In ihre Zeit fällt außerdem eine zunehmende politische Anerkennung der Offshore-Windkraft als wichtiger Standortfaktor in Deutschland und die gesetzliche Festlegung, dass in Deutschland bis 2045 Offshore-Windenergie-Erzeugungskapazitäten von 70 Gigawatt errichtet sein müssen.

Winkler hatte die Führung der WAB 2019 übernommen, als die deutsche Offshore-Windenergiewirtschaft infolge eines 2017 vorgenommenen Systemwechsels der gesetzlichen Marktregeln in Deutschland zwischenzeitlich keine neuen Windparks mehr errichten und keine inländischen Neubestellungen mehr entgegennehmen konnte. Der sogenannte Fadenriss hatte zum Verlust von Dutzenden Unternehmen geführt, wie die WAB seither in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungshaus durch Wertschöpfungsstudien analysiert hat. Winkler selbst kennt die spezielle Industriesicht der Offshore-Windenergie-Wirtschaft aus eigener Anschauung. Vor ihrer Tätigkeit bei der WAB war sie acht Jahre lang Sprecherin und verantwortlich für politische Kommunikation in verschiedenen Funktionen beim in Bremerhaven fertigenden Windturbinenbauer Areva/Adwen, bis dieser 2017 vom Markt verschwand. Zudem war sie Öffentlichkeitsarbeiterin insbesondere für die Offshore-Windpark-Wartungsdienstleister Reetec und OWS sowie den Logistikspezialisten DOC Offshore.