Impulsdämpfer entziehen stärkeren harmonischen Schwingungen von Windturbinentürmen die Energie, ohne sich selber abzunutzen.
Windenergieanlagen sind schwingungsanfällige Bauwerke, die auf harmonische Anregungen durch Wind, Wasser oder – mancherorts womöglich – Erdbeben mit großen Schwingungsamplituden reagieren können. Die Schwingungen unter Resonanzanregung können so groß werden, dass es zum Verlust der Tragfähigkeit oder zumindest sicherheitsrelevanten Beeinträchtigung von Montage- und Servicearbeiten kommen kann. Durch den Einbau eines klassischen Schwingungstilgers (Tuned Mass Damper – TMD) kann die Schwingungsantwort der Windenergieanlage bei harmonischer Anregung auf ein akzeptables Maß reduziert werden. Die maximalen Auslenkungen aufgrund nicht-harmonischer Extremereignisse werden durch einen TMD nicht reduziert. Allerdings folgt auf jede nicht-harmonische Auslenkung ein harmonisches Ausschwingen der Windenergieanlage, die sich bei Verwendung eines TMDs schneller beruhigt. Ein klassischer, viskos gedämpfter Tilger reduziert die Betriebslasten und verhindert übermäßige Bewegungen bei Resonanzanregung.
Da der TMD auf jede Schwingung der Windenergieanlage reagiert, resultieren daraus für diesen eine hohe Anzahl an Betriebslastwechsel. Wartungsfreie Schwingungstilger mit einer Lebensdauer von mehr als 25 Jahren sind möglich, führen aber meist zu höheren Kosten.
Im Allgemeinen reagieren TMD-Systeme empfindlich auf Frequenzschwankungen. Die turbinenseitigen Frequenzschwankungen können groß sein, da die Fundamentsteifigkeit ortsabhängig ist, die schwingenden Massen der Anlage nicht ganz genau bestimmt werden können oder die Steifigkeiten und Trägheiten in die verschiedenen Bewegungsrichtungen unterschiedlich sein können. Infolgedessen muss die TMD-Frequenz in der Regel an die vor Ort gemessene Turbinenfrequenz angepasst oder eine größere TMD-Masse vorgesehen werden, um Frequenzabweichungen ausgleichen zu können.
Die genannten Punkte veranlassten ESM, ein neues, kostenoptimiertes Dämpfungssystem zu entwickeln, das sich in den Wirkmechanismen vom klassischen TMD unterscheidet. Im Folgenden wird dieses System als Impulsdämpfer bezeichnet.
0,5 Hertz ist die Frequenzschwelle, oberhalb der Impulsdämpfer reagieren. Benötigen Anlagenbetreibende eine Dämpferwirkung auch schon auf niedrigerem Beschleunigungsniveau, können sie als Ergänzung eine „Low-Friction-Unit“ einbauen.
Wirkprinzip des Impulsdämpfers
Wie Abbildung 1 und 2 zeigen, ist der Impulsdämpfer mit seinem Rahmen am Turmflansch verschraubt. Die Impulsdämpfer-Masse steht auf Reibbelägen, um in dem Rahmen in der horizontalen Turmebene zu gleiten. Stößt diese Masse gegen den Endanschlag, absorbieren Elastomerelemente am Rahmen sowie an der Masse den Stoß und übertragen Kräfte in den Turm. Sie wirken der Turmbewegung entgegen. Durch den symmetrischen Aufbau wirkt der Impulsdämpfer 360° in der horizontalen Turmebene.
Mittels der Reibung wird die minimale Systembeschleunigung definiert, ab der sich die Dämpfermasse zu bewegen beginnt und damit der Turm beruhigt wird. Typischerweise ist der Reibwert so definiert, dass sich die Impulsdämpfer-Masse erst bei höheren Schwingungsamplituden der Windturbine in Bewegung setzt. Durch diese Abstimmung führen Betriebslasten aus normalem Betrieb der Anlage nur zu geringem Verschleiß im Impulsdämpfer. In Absprache mit dem Endkunden kann ein Kompromiss zwischen Dämpferwirkung bei kleinem Beschleunigungsniveau, Verschleiß aus Normalbetrieb und Kosten gefunden werden. Der Impulsdämpfer hat keine klassische Eigenfrequenz, sondern wirkt im breiten Frequenzbereich. Die Frequenzanpassung vor Ort ist daher nicht nötig.
Beruhigungsprinzip
Wirkung 1: Gegenkraft, die Impulsdämpfer-Masse kann frei gleiten, bis sie anschlägt und einen Kraftimpuls gegen die Turmbewegung abgibt. Dieser Impuls wirkt der Bewegung des Turms entgegen und beruhigt das System.
Wirkung 2: Energiedissipation, die Impulsdämpfer-Masse gleitet auf Reibbelägen, was der Anlagenschwingung Energie entzieht. Die rahmen- und masseseitigen Anschlagelemente bestehen aus Elastomer. Auch sie bauen durch innere Strukturdämpfung der Elastomere beim Anschlag Energie ab.
Vorteile und Grenzen des Impulsdämpfers
Der Impulsdämpfer wurde entwickelt, um folgende Kostenvorteile nutzen zu können:
Über die Lebensdauer der Anlage müssen keine Teile des Dämpfers getauscht werden.
Der Serviceaufwand reduziert sich auf eine regelmäßige Sichtprüfung.
Für Kosteneffizienz wurde in der Konstruktion auf mechanisch bearbeitete Teile verzichtet, es wird Beton als bewegte Masse verwendet, und es kommen einfache Reibungs- und Elastomerelemente zum Einsatz.
Es sind keine zusätzlichen Turmeinbauten erforderlich, da der Impulsdämpfer direkt am Turmflansch verschraubt werden kann.
Der Impulsdämpfer kann problemlos am Aufstellungsort in die horizontal liegende Turmsektion eingebaut werden.
Zudem gibt es technische und praktische Vorteile:
Die Relativamplitude des Impulsdämpfers im Turm unter Resonanzanregung ist geringer als die eines vergleichbaren TMDs. Dies kann bei beengten Platzverhältnissen vorteilhaft sein.
Die Gesamthöhe des Impulsdämpfers ist im Vergleich zu klassischen TMDs stark reduziert.
Eine Frequenzanpassung des Impulsdämpfers vor Ort ist nicht erforderlich.
Die Impulsdämpfer-Masse ist in einem Rahmen „eingesperrt“ und kann daher bei extremen Ereignissen wie Abschaltvorgängen oder Erdbeben nicht an die Turmwand stoßen.
Design, Konstruktion, Zeichnungserstellung und Festigkeitsberechnung sind weitgehend automatisiert, Konzept lässt sich schnell an neue Spezifikationsanforderungen anpassen.
Der Impulsdämpfer ist ein bewährtes System, das von ESM seit über fünf Jahren ohne Reklamationen vertrieben wird.
Der aktuelle Impulsdämpfer ist für höhere Beschleunigungswerte und Frequenzen über 0,5 Hertz ausgelegt. Falls eine Dämpferwirkung bei einem niedrigen Beschleunigungsniveau benötigt wird, kann eine „Low-Friction-Unit“ ergänzt werden, die die Reibung reduziert. Dadurch kann die Impulsdämpfer-Masse bei einem frei wählbaren Beschleunigungsniveau zu gleiten beginnen.
Lukas Schneider
Abteilungsleiter Schwingungstilger, ESM Energie- und Schwingungstechnik Mitsch
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