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Kommentar Erfolg beim Klimawandel

Warum Europa über den Emissionsrückgang jetzt nicht gerne redet

Um fast 25 Prozent hat sich der CO2-Ausstoß 2014 im Vergleich zu 1990 in den Ländern der EU reduziert. Das meldete die Europäische Umweltagentur EEA am 16. Juni. Damit kommt die Gemeinschaft ihrem Ziel einer 40-prozentigen Reduktion der Emissionen des klimaschädlichen Gases bis 2030 näher. Erstmals seit 2011 machte die CO2-Reduktion damit auch wieder einen Sprung um mehr als 100 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Mit rund 180 Millionen Tonnen war dieser Rückgang aber nicht nur erheblich deutlicher als drei Jahre zuvor. Damals, also 2011, war der Ausstoß des für den Treibhauseffekt verantwortlichen Klimagases um 150 Millionen Tonnen binnen eines Jahres gesunken. Der Rückgang von 2014 lag wie im ähnlich guten 2011 sogar weit über dem mittleren Emissionsabbau aller Fünf-Jahresabschnitte bis 2010: So hatte das mittlere Tempo des CO2-Emissionsabbaus weder 1990 bis 1995, 1995 bis 2000, 2000 bis 2005 noch 2005 bis 2010 einen Mittelwert von 100 Millionen Tonnen pro Jahr annähernd erreicht.

Doch die Gründe für den Rückgang sind nur teilweise erfreulich. So lobt die EEA, dass die Nutzung erneuerbarer Energien, mehr Energieeffizienz, aber auch wirtschaftlicher Abschwung in Europa seit 1990 zu diesem Rückgang geführt hätten. Doch im vorvergangenen Jahr, 2014, waren es neben dem Ausbau der Erneuerbaren auch die verglichen mit den Durchschnittswerten viel zu milden Wintermonate. So musste offenbar deutlich weniger geheizt werden, Zyniker dürfen hierfür möglicherweise dem Klimawandel danken.

Rückgang bei Wachstum - aber Deutschland noch kaum besser als 2009

Kommentar Tilman Weber | Kommentar: Tilman Weber
Kommentar Tilman Weber | Kommentar: Tilman Weber

Gerade am Beispiel Deutschlands, aber ähnlich auch dem Großbritanniens zeigt sich die wenig eindeutige Botschaft der vermeldeten Verminderung des Klimagasausstoßes um ein Viertel: Tatsächlich haben beide Länder ein leichtes wirtschaftliches Wachstum verzeichnet und dennoch bei den CO2-Emissionen deutlich gepunktet: In beiden Ländern hatten die Emissionen von 2013 auf 2014 um 4,6 und 7,5 Prozent abgenommen. Allerdings war in Deutschland der Schadstoffausstoß von 2011 bis 2013 gewachsen, auf der Insel hatte er bestenfalls stagniert. Mit dem Rückenwind des milden Winters hatte Deutschland 2014 zwar einen neuen Tiefstand bei 900,2 Millionen Tonnen CO2-Äquvalente erreicht, allerdings nur ganz knapp über dem bisherigen Tiefstand im schon fünf Jahre davor liegenden 2009: Damals blies Deutschland 906 Millionen Tonnen in die Luft.

Umweltschützer wie Wendel Trio, Direktor des Climate Action Network (CAN) in Europa nehmen die Nachricht bereits als Ermutigung, dass „die EU leicht ihre Klimaziele für 2030 anheben könnte, um damit einen Beitrag zur Erfüllung der Ziele des Pariser Klimaabkommens zu leisten.“

Also alles gut? Natürlich nicht. Denn keine nationale Regierung in der EU, so scheint´s hat Lust an dem Thema. Würden diese eine echte Debatte über die CO2-Statistik der EEA zulassen, müssten sie beispielsweise über eine Verschlechterung der Emissionsbilanz beim Verkehr, bei Kälteerzeugung und Klimaanlagen sprechen. Sie müssten die ehrgeizigeren Zielsetzungen des Klimagipfels in Paris erstnehmen. Eventuell müssten sie wie von Can-Direktor Trio gefordert die Paris-Ziele in die CO2-Reduktionsziele einpreisen – sie also deutlich verschärfen. Und sie müssten sich darüber einig werden, was zu tun ist, wenn einmal das Wirtschaftswachstum auch wieder auf die darnieder liegenden Krisenstaaten am Südrand des Kontinents, aber auch in Frankreich anzieht – und CO2-Emissionen steigen – oder wenn der Klimawandel einmal eine Pause macht. Dann würden Themen wie der notwendige aber unterlassene Ausbau der Erneuerbaren in den Finanzkrisenstaaten ganz oben stehen oder beispielsweise auch Deutschlands Exportüberschuss beim Strom, der aus emissionsstarker Braunkohle stammt.

(Tilman Weber)