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„Wir sehen, wo es knirscht“

Nicole Weinhold

Wachsende Rotorblattlängen lassen auch die Anforderungen an deren Überwachung steigen. Weidmüller hat nun sein bewährtes Condition-Monitoring-System für Windenergieanlagen um ein neues, optisches Sensorsystem ergänzt, das sich speziell für große On- und Offshore-Windparks eignet. Im Gespräch mit ERNEUERBARE ENERGIEN erklärt Daniel Schingnitz, Head of Sales & Marketing bei der Weidmüller Monitoring Systems GmbH, die Vorteile der neuen Lösung und wie sie Schäden früher und präziser erkennt.

Herr Schingnitz, Weidmüller hat sein System zur Rotorblattüberwachung, Bladecontrol, weiterentwickelt. Was genau ist neu an Bladecontrol NXT?

Daniel Schingnitz: Mit den immer größer werdenden Rotorblättern haben sich auch die Anforderungen an das Monitoring grundlegend verändert, insbesondere bei neuen Turbinentypen, bei denen neuartige Schadensmuster auftreten. Deshalb haben wir uns entschieden, eine neue Hardwaregeneration zu entwickeln, die speziell auf diese Anforderungen zugeschnitten ist. Das Ziel: Schäden noch früher erkennen und noch präziser lokalisieren.

Welche Schadensarten treten bei den ­neuen, extralangen Rotorblättern häufiger auf?

Daniel Schingnitz: Typisch sind Risse in der Hülle oder auf der Oberfläche des Rotorblatts, die meist im Inneren entstehen und erst spät außen sichtbar werden. Diese Art von Schäden ist besonders tückisch, weil sie ohne ein geeignetes Überwachungssystem lange unbemerkt bleiben. Unsere Kunden – vor allem Turbinenhersteller – wollen aber möglichst früh und genau wissen, wo und wann ein solcher Schaden entsteht. Genau dafür haben wir das System optimiert.

Wie unterscheidet sich Ihre neue Lösung vom bisherigen System?

Daniel Schingnitz: Es gibt zwei zentrale Unterschiede. Erstens: Wir setzen auf eine optische Energie- und Datenübertragung zu den Sensoren im Rotorblatt. Dabei senden wir Laserlicht zur Sensorposition – etwa ein Drittel entlang der Blattlänge –, wandeln es dort in elektrische Energie um und speisen damit die Sensorik. Das ist besonders wichtig für den Offshore-Bereich, wo keine Kupferkabel im Blatt verbaut sein sollen.

Das Ziel: Schäden noch früher erkennen und noch präziser lokalisieren.

Zweitens: Wir arbeiten jetzt mit zwei Sensorpositionen pro Rotorblatt: im Wurzelbereich und weiter außen. Das erlaubt uns, Schäden nicht nur früher, sondern auch genauer zu lokalisieren. Besonders durch die Zeitdifferenz der Sensorsignale können wir Rückschlüsse auf die genaue Position im Blatt ziehen.

Welche Sensorik kommt dabei zum Einsatz?

Daniel Schingnitz: An jeder Position befinden sich dreidimensionale MEMS-Sensoren – das sind Beschleunigungssensoren und Gyroskope, mit denen wir die Lage des Blattes im Schwerefeld bestimmen können. Dazu kommen Mikrofone für akustische Signale, die Vibrationen in einem erweiterten Frequenzbereich erfassen. Das verbessert insgesamt die Schadenserkennung erheblich.

Wo sehen Sie die Anwendungsbereiche?

Daniel Schingnitz: Die bisherige Version von Bladecontrol wird bereits zu rund 90 Prozent direkt von Turbinenherstellern eingebaut – das soll auch bei der neuen Generation so bleiben. Gerade für Hersteller großer Onshore-Anlagen im Bereich zwischen fünf und sieben Megawatt sowie im Offshore-­Segment ist das System interessant. Auch Blatt­hersteller profitieren: Sie erhalten Felddaten, die sonst nur schwer zugänglich wären.

Können auch Betreiber bestehender Anlagen nachrüsten?

Daniel Schingnitz: Sowohl im On- als auch im Offshore-Bereich bieten wir das Nachrüsten bereits an – insbesondere für Betreiber, die an einer Retrofit-Lösung interessiert sind oder bislang noch kein Condition-Monitoring-System (CMS) für Rotorblätter einsetzen. Für kleine Onshore-Anlagen lohnt sich das wirtschaftlich meist nicht, da die Laufzeit zu kurz ist. Bei größeren Turbinen hingegen sehen wir definitiv Potenzial.

Wie weit ist das System derzeit in der Praxis erprobt?

Daniel Schingnitz: Aktuell läuft das System in drei Anlagen. Zwei davon wurden dieses Jahr ausgestattet, eine bereits vor zwei Jahren. Alle drei laufen bis Ende des Jahres im Prototypbetrieb, um die Praxistauglichkeit im Feld zu belegen. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Technologie zuverlässig arbeitet und das Ziel einer früheren Schadenserkennung erreicht.

Wie geht es weiter?

Daniel Schingnitz: Weidmüller bietet aktuell drei Condition-Monitoring-Systeme an: Bladecontrol für Rotorblätter, Boltcontrol zur Überwachung von Bolzenverbindungen und Twin Cap für das Blattlager. Bislang müssen Kunden jedes System separat erwerben. Künftig wollen wir diese Systeme modular aufbauen. Im Schaltschrank kann der Kunde dann einfach Zusatzmodule – sogenannte „Anreih-Slices“ – ergänzen, um weitere Funktionen freizuschalten. Das spart Platz und Investitionskosten. Noch ist das in Entwicklung, aber wir gehen davon aus, dass wir zeitnah so etwas anbieten können.

Daniel Schingnitz,
Head of Sales & Marketing bei der Weidmüller Monitoring Systems GmbH

Foto: Weidmüller

Sowohl On- als auch Offshore bietet Weidmüller das Nachrüsten bereits an.

Fotos: Weidmüller

Sowohl On- als auch Offshore bietet Weidmüller das Nachrüsten bereits an.

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