Die solare Energiewende im wahrsten Sinne des Wortes kommt in Deutschland gut voran. Schließlich geht es nicht nur darum, die fossile durch erneuerbare Stromerzeugung zu ersetzen, sondern auch darum, diesen Strom dort zu produzieren, wo er auch verbraucht wird. Seit einigen Jahren hat sich das Modell des Eigenverbrauchs entwickelt.
Um herauszufinden, wie sich dieser Eigenverbrauch entwickelt hat, haben die Wissenschaftler:innen vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) eine Methode entwickelt, um auf Basis von Daten des Marktstammdatenregisters und der Übertragungsnetzbetreiber diesen Eigenverbrauch zu quantifizieren. Dazu hat das Forscherteam den Bestand der Photovoltaikanlagen in Deutschland nach Zeitpunkt der Inbetriebnahme, Leistungsklasse und Anlagentyp kategorisiert. Unter Berücksichtigung der verfügbaren Daten zu Einspeiseverhalten und installierten Speichern haben die Forscher:innen dann auf den Eigenverbrauch für insgesamt 44 unterschiedliche Eigenverbrauchsgruppen geschlossen.
Preisverhältnis hat sich umgekehrt
Die Analyse hat ergeben, dass bis zum Jahr 2009 die Betreiber von Photovoltaikanlagen noch kaum ihren selbst erzeugten Strom vor Ort nutzten. Der Grund: Die Vergütung für die Einspeisung von Strom aus Photovoltaik war höher als die Kosten für den Strombezug aus dem Netz. Dieses Verhältnis hat sich aber längst umgedreht. Inzwischen ist Solarstrom so preiswert geworden, dass vor allem Strom aus solaren Dachanlagen und Solarfassaden vor Ort genutzt wird. Im Gegenzug ist der Strom aus dem Netz immer teurer geworden.
Türöffner für die Sektorkopplung
Dies hat auch die Tür für die Sektorkopplung als Nutzungsmöglichkeit geöffnet. Dadurch steigt der wirtschaftlich motivierte Eigenverbrauch von Solarstrom in Deutschland stark an. Im Jahr 2012 – kurz nach dem Start des Geschäftsmodells aufgrund der drastischen Kürzung der Einspeisevergütung durch den damals zuständigen Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) auf Betreiben von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) – lag der Eigenverbrauch von Solarstrom bei 0,25 Terawattstunden. In den Folgejahren stieg er moderat bis 2020 auf 3,55 Terawattstunden. Nur zwei Jahre später erreichte er einen Wert von 5,57 Terawattstunden.
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Vier Prozent Steigerung innerhalb eines Jahres
Seither wächst die Solarstrommenge, die vor Ort genutzt wird, rasanter. Schon im Jahr 2023 lag sie bei 8,20 Terawattstunden. „Im Jahr 2024 lag der Eigenverbrauch nun bei 12,28 Terawattstunden“, berichtet Tobias Reuther, Datenexperte für Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien am Fraunhofer ISE. „Bei einer Netzeinspeisung von knapp 60 Terawattstunden hat der Eigenverbrauch im Jahr 2024 einen Anteil von 17 Prozent an der Nettostromerzeugung aus Photovoltaik. Das ist eine merkliche Steigerung gegenüber dem Jahr 2023, in dem der Anteil 13 Prozent betrug.“
Hohe Strompreise treiben den Eigenverbrauch
Fraunhofer ISE
Christoph Kost, Abteilungsleiter für Energiesystemanalyse am Fraunhofer ISE, erwartet, dass der Eigenverbrauch weiterhin steigen wird. Er führt dies auf die hohen Strompreise und den Erfolg von Batteriespeichern zurück. „Es lohnt sich für Haushalte, insbesondere wenn sie mit dem Strom auch eine Wärmepumpe betreiben oder ihr E-Auto laden, ist aber auch für die Stabilität des Stromnetzes von Vorteil“, betont Christoph Kost. „Der Strom wird dann direkt dort produziert, wo er verbraucht wird, ohne je im Stromnetz gewesen zu sein.“
Die Ergebnisse sowie viele weitere Daten zur Photovoltaik wurden in einer Analyse für das Umweltbundesamt veröffentlicht. Sie sind Teil einer Publikationsreihe, die Auswertungen für acht Technologien erneuerbarer Energien vorlegt. Ein weiterer Beitrag des Fraunhofer ISE analysiert die Entwicklungen bei Wärmepumpen.