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Alternativen zur Solarthermie

Heizen mit Sonnenstrom

Das waren noch Zeiten, als Atomstrom billig war und das Öl aus der arabischen Wüste für fünf Dollar das Barrel floss. Damals galten elektrische Nachtspeicheröfen als Hit. Doch nach der Ölkrise 1973 stiegen die Kosten für Energie steil an. Heizen mit Strom kam in Verruf. Die Photovoltaik könnte einen alten Trend neu beleben. Denn längst gibt es Wärmesysteme, die Solarstrom verheizen.

Die Variantenvielfalt in der erneuerbaren Wärme ist groß. Sie reicht vom Holzkessel über Wärmepumpen und Solarthermie bis hin zur Sonnenstromheizung. Prinzipiell lassen sich alle Systeme miteinander koppeln. Im unübersichtlichen Chor der Technologien hat der Kunde kaum eine Chance, die Übersicht zu behalten. Welches System ist denn nun das beste? „Letztlich muss man überlegen, mit welcher Lösung man am meisten Brennstoffe einspart“, sagt Bernd Dechert. „Dafür gibt es keine Faustregel. Das hängt von der individuellen Nutzung, von der Lage und der Art des Gebäudes ab“, urteilt der Geschäftsführer für Technik im Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) in Frankfurt am Main.

Die erneuerbaren Energien als Baukasten, aus dem sich jeder nach seinem Gusto bedienen kann: Das ist Fluch und Segen zugleich. Vor allem wollen die Menschen Heizwärme und Warmwasser, aber daneben treten noch andere Motive, die bei der Auslegung einer Anlage eine Rolle spielen. Beispielsweise die Unabhängigkeit vom Energieversorger, der in Deutschland zumeist der Stromversorger ist. Nur in den Städten spielt Fernwärme eine Rolle. Im Wärmegeschäft wollen sich Kunden zudem mehr und mehr von den Preisschwankungen bei Gas und Heizöl abnabeln. Viele Unternehmer sehen das mittlerweile ähnlich.

Jedes Gebäude ist individuell

Die Menschen sind in ihren Ansprüchen so individuell wie die Gebäude, die sie bewohnen oder nutzen. So kann für ein gut gedämmtes Passivhaus zum Beispiel der Solarstrom vom Dach völlig ausreichen, um neben der Beleuchtung, der Lüftungstechnik und den Haushaltsgeräten auch Warmwasser und die minimale Nachheizung an besonders frostigen Tagen zu übernehmen. Ein solches System kann auch für ein Gebäude sinnvoll sein, das nicht dem energetischen Standard eines Passivhauses entspricht. Dann reicht die Photovoltaikanlage mit Heizstab nicht mehr aus. Eine zweite Wärmequelle muss her, für die eisigen Tage und Nächte im Winter.

Dennoch hilft die Solarstromanlage, teure Brennstoffe zu sparen. Tjarko Tjaden von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin hat den Eigenverbrauch einer Photovoltaikanlage auf dem Dach eines sanierten Eigenheims simuliert, das die Standards eines Passivhauses nicht erfüllt. Die technische Lösung ist denkbar einfach: Über einen elektrischen Heizstab wärmt der Sonnenstrom einen Pufferspeicher auf. Für den Strombedarf setzte Tjaden rund 4.700 Kilowattstunden pro Jahr an. Das entspricht einem typischen Vier-Personen-Haushalt. Die Raumheizung der rund 130 Quadratmeter Wohnfläche benötigt im Jahr etwa 14.800 Kilowattstunden. Der Wärmebedarf für Warmwasser beträgt jährlich 1.350 Kilowattstunden. Zuerst geht der Sonnenstrom an die elektrischen Verbraucher im Haus: Kühlschrank, Waschmaschine, Fernseher.

Wertvolle Energie puffern

Eine Batterie kann den Strombedarf puffern. Weitere Überschüsse fließen in den Pufferspeicher der Wärmeversorgung, in dem ein kleiner Kombi-Wasserspeicher integriert ist. Ist er ausreichend warm, fließen die Stromüberschüsse ins Netz. Im Pufferspeicher treffen sich in Wärme umgewandelter Solarstrom und Wärme aus einem Heizkessel. Er springt ein, wenn zu wenig Sonnenenergie vom Dach kommt, also in den lichtschwachen Monaten. Sind Solargenerator, Batterie und Pufferspeicher genau auf die Verbräuche abgestimmt, kann der Kunde den Sonnenstrom vollständig in seinem Haus verbrauchen. Das Netz springt nur noch ein, falls im Winter Strom zugekauft werden muss.

Möglich ist auch, den Heizkessel durch eine Wärmepumpe zu ersetzen. Die Wärmepumpe wird elektrisch betrieben, tritt im Hausnetz des Gebäudes also wie ein elektrischer Verbraucher auf. Ein Kältemittel entzieht der Umwelt Energie und verdampft. Das Arbeitsgas wird von einem elektrischen Verdichter komprimiert, dabei wird es heiß. Diese Wärme lässt sich gut für einen Pufferspeicher nutzen. „Selbst erzeugten Solarstrom zu nutzen, um damit eine Wärmepumpe zu betreiben, sieht rechnerisch erst einmal gar nicht so schlecht aus“, sagt Ron Seidel, Experte bei Buso Bund Solardach.

ERE05_2013_Consolar | Das Ziel des Einsatzes von Photovoltaik und solarthermischen Kollektoren ist gleich: die Einsparung von fossilen Brennstoffen in der Energieversorgung. - © Foto: Consolar
ERE05_2013_Consolar | Das Ziel des Einsatzes von Photovoltaik und solarthermischen Kollektoren ist gleich: die Einsparung von fossilen Brennstoffen in der Energieversorgung.

Gute Wärmepumpen erreichen bis zu 55 oder 65 Grad Celsius im Pufferspeicher, die das Warmwasser oder die Heizkörper erwärmen können. Idealerweise füttern sie jedoch Warmwassersysteme, die mit 45 Grad Celsius auskommen, oder großflächige Fußbodenheizungen, die nur 35 Grad Celsius brauchen. In solchen Häusern erreichen sie eine hohe Effizienz, die man auch als Jahresarbeitszahl bezeichnet. Bezieht die Wärmepumpe ihre Umweltwärme aus dem Erdreich, setzt sie mit einer Kilowattstunde elektrischer Antriebsenergie zwischen fünf und sechs Kilowattstunden Wärme um. Ron Seidel rechnet vor: Kostet der Sonnenstrom rund 15 Cent je Kilowattstunde, kann die Wärmepumpe ihre Energie für drei bis vier Cent je Kilowattstunde liefern. Das liegt deutlich unter dem Wärmepreis aus Gasbrennern oder Ölheizungen.

Aber: In den Sommermonaten wird nicht geheizt, sondern nur Warmwasser benötigt. Wer warmes Trinkwasser in einem Speicher vorhält, muss es einmal am Tag auf mindestens 65 Grad Celsius aufheizen, um Keime und Mikroben abzutöten. Im Einfamilienhaus reichen 55 Grad Celsius, weil die Rohrleitungen viel kürzer sind als beispielsweise in einem Hotel oder Mehrfamilienhaus. Damit hat es die Wärmepumpe schwer. Kleine, auf Warmwasser spezialisierte Wärmepumpen mit eigenem Warmwasserspeicher schaffen diese Temperaturen jedoch, allerdings zu einem etwas höheren Wärmepreis.

Auch ist es ratsam, die Warmwasserbereitung von der Heizanlage zu trennen. Sprich: Zwei separate Speicher einzubauen, für Warmwasser und für die Heizung im Winter. Dann muss nicht der gesamte Kombispeicher aufgeheizt werden, nur um das Warmwasser auf die erforderlichen Temperaturen zu bringen. Oder das Warmwasser wird elektrisch in Durchlauferhitzern erzeugt. Dann braucht man jedoch keine Wärmepumpe mehr.

Ron Seidel benennt ein weiteres Problem: „Im Winter, wenn die Heizung benötigt wird, reicht der erzeugte Strom aus der Photovoltaikanlage meist nicht aus, um eine Wärmepumpe vollständig zu versorgen.“ Dann muss Netzstrom her. So kann es sinnvoll sein, nur die sommerliche Warmwasserversorgung aus Photovoltaik und Warmwasser-
Wärmepumpen zu sichern. Im Winter wird eine kraftvolle Heizungswärmepumpe angeworfen, die auch das Warmwasser mit versorgt. Diese Kombination ist zwar mit höheren Investitionskosten verbunden, spart aber den Heizkessel. Jeder konventionelle oder Pelletkessel verursacht wegen der steigenden Brennstoffpreise höhere und vor allem unkalkulierbare Betriebskosten.

Strom für die Wärmepumpe

Die Wärmepumpen ihrerseits bieten eine Vielzahl von Technologien an. Sie können ihre Umweltwärme nicht nur aus dem Erdreich oder dem Grundwasser beziehen, sondern auch aus der Außenluft. Im Zentrum der Bundeshauptstadt läuft ein Effizienzhaus, das von einer Luft-Wasser-Wärmepumpe versorgt wird. Der Verdichter wird durch Solarstrom angetrieben. Die Solaranlagen befinden sich auf dem Dach und an der Südwestfassade. Sie übernehmen die gesamte Hausstromversorgung. Nicht sofort genutzter Solarstrom lädt einen Batteriespeicher. Was danach noch übrig ist, fließt ins Netz. Sollte die Solaranlage einmal nicht reichen, bezieht das Gebäude Strom vom Energieversorger aus dem Netz.

Die Messwerte des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik ergaben erwartungsgemäß: Im Herbst sinkt der Solarstromertrag, dafür steigt der Strombedarf der Wärmepumpe an. Denn sie muss die sinkenden Temperaturen durch mehr Arbeit ausgleichen. Die installierte Batterie, die immerhin 40 Kilowattstunden Strom speichern kann, ist nicht in der Lage, den Engpass der Solaranlage zu überbrücken. Von November bis Februar kommt der größte Teil des Stroms aus dem Netz.

Dasselbe Problem haben solarthermische Kollektoren, deren Wärmeertrag im Winter deutlich geringer ist als im Sommer. Im Unterschied zur Photovoltaik stellen sie ihre Energie ausschließlich für Warmwasser und die Heizungsanlage bereit. Man kann Sonnenstrom über einen Heizstab oder eine Wärmepumpe in Wärme umwandeln, aber Sonnenwärme lässt sich nicht in Strom verzaubern. „Warmwasser über eine Wärmepumpe und Solarstrom zu bereiten, bietet im Vergleich mit einer solarthermischen Anlage eine höhere Flexibilität“, erklärt Bernd Dechert vom ZVEH. „Denn der Solarstrom kann ebenso für elektrische Endgeräte wie zum Beispiel eine Klimaanlage oder einen Kühlschrank genutzt werden.“

ERE05_2013 | Schema der Einbindung der Solarstromanlage in die Haustechnik: Die Solarmodule versorgen die Wärmepumpe mit Strom. Sie speist ihre Wärme in den Pufferspeicher ein, für die Heizkreise und Warmwasser. - © Grafik: Stiebel Eltron
ERE05_2013 | Schema der Einbindung der Solarstromanlage in die Haustechnik: Die Solarmodule versorgen die Wärmepumpe mit Strom. Sie speist ihre Wärme in den Pufferspeicher ein, für die Heizkreise und Warmwasser.

Wie die Photovoltaik der Wärmepumpe nur einen Teil ihrer Energie – nämlich den Antriebsstrom – zur Verfügung stellt, liefern auch die meisten Solarkollektoren nur einen Teil der Heizwärme im Winter. In der Regel laufen sie als Zusatzheizung zu einem Gaskessel – oder wiederum einer Wärmepumpe. Nur im Sommer schaffen sie es, den Warmwasserbedarf eines kleineren Wohngebäudes zu decken. Schon beim typischen Viergeschosser in den Städten muss auch im Sommer ein Brenner mitlaufen, um ausreichend warmes Wasser vorzuhalten. Denkbar wäre sogar, Sonnenstrom und Sonnenwärme gemeinsam in den Pufferspeicher zu führen. Entscheidend ist in jedem Fall der Verlauf des Wärmebedarfs über den Tag. Denn wie Strom wird auch Warmwasser nur gebraucht, wenn die Bewohner anwesend sind.

Vorteile der Kollektoren

Nach Ansicht von Jörg Mayer, Geschäftsführer des BSW Solar in Berlin, hat die Solarthermie dennoch handfeste Vorteile: „Ein Vergleich der Erträge von Photovoltaikmodulen und solarthermischen Kollektoren ergibt, dass selbst im Winterhalbjahr der Ertrag aus einer Solarwärmeanlage zwei- bis dreimal höher ist als aus einer Photovoltaikanlage“, sagt er, setzt aber hinzu: „Wenn die Energie in Wärme umgesetzt wird.“ Allerdings ist in dieser Rechnung unberücksichtigt, dass die Solarmodule ihre Energie erst in die Wärmeversorgung stecken, wenn Haushaltsstrom und Batterie abgedeckt sind. Denn Strom ist deutlich teurer als Wärme, ihn durch Solarstrom einzusparen also viel lukrativer. Der Vorteil der Sonnenkollektoren besteht darin, dass sie im Winter an sonnigen Tagen durchaus hohe Temperaturen in den Speicher einfahren können. Vorausgesetzt, es liegt kein Schnee.

Problematisch an der Solarthermie ist auch, dass sie im Sommer zwar den Warmwasserbedarf deckt. Doch ausgerechnet in den kalten Monaten, in denen hohe Kosten für Gas oder Pellets anfallen, sind die Erträge vom Dach nur gering. Man könnte größere Kollektorfelder aufbauen. In diesem Falle wäre die Anlage im Sommer jedoch überdimensioniert, der Speicher würde überkochen. Oder wertvolle Solarwärme geht verloren, indem man die Solarkollektoren und den Speicher mit Kaltwasser kühlt. Die Photovoltaik löst solche Schwierigkeiten, indem sie die Stromverbraucher und die Batterien im Haus bedient. Und dann steht noch das Netz als größter und letzter Puffer zur Verfügung.

Dennoch hat die Solarthermie ihre Stärken, nur eben nicht bei den Einfamilienhäusern oder größeren Wohnbauten. Wenn nämlich eine Fabrik über das ganze Jahr einen hohen Wärmebedarf hat, sind große solarthermische Kollektorfelder erste Wahl. Beispiele sind die Spülanlagen für Glasflaschen oder PET-Flaschen in der Getränkeindustrie, Galvanisierungsanlagen oder Lakierereien, die rund um die Uhr bis zu 80 Grad Celsius in den Becken brauchen. Dann wirkt das heiße Prozesswasser selbst wie ein gigantischer Pufferspeicher, der permanent nach Wärme verlangt. Nur im Winter muss ein Kessel laufen, um die Energie zu liefern. Während des Sommers reicht die Wärme aus, die ohne Umwege aus den Kollektoren auf dem Dach in die Fabriken fließt. ( Sven Ullrich)

Dieser Beitrag erschien erstmals in der Mai-Ausgabe 2013 von ERNEUERBARE ENERGIEN - Das Magazin.