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Kommentar zur Zukunft der Kohle

Weniger Kohle - mehr Klima

Nach einem Bericht des Spiegel wollen Grüne Minister aus sechs Bundesländern in dieser Woche Maßnahmen für einen mittelfristigen Kohleausstieg auf dem Bundesparteitag der Grünen vorstellen. Besonders schmutzige Kraftwerke sollen mithilfe dieser aus dem Markt gedrängt werden. Strafen in Höhe von 15 bis 20 Euro pro Tonne CO2, ein strenger Quecksilber-Grenzwert und der Abschied von neuen Braunkohleabbaustätten sollen dabei helfen. Damit blasen die Grünen ins selbe Horn wie Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Die SPD-Frau hatte Anfang der Woche bekannt gegeben, Kohlekraftwerkskapazitäten müssten abgebaut werden.

Wir verfehlen unser CO2-Reduktionsziel

Auslöser dürfte auch der neue Bericht des Weltklimarates IPCC sein. Dessen Fazit: Der Ausstoß von Treibhausgasen ist zwischen 2000 und 2010 rasant gestiegen. Sollte dies so weitergehen, drohe eine Erderwärmung um vier Grad Celsius. Das Zwei-Grad-Ziel ließe sich indes noch erreichen, aber nur unter erheblichen Anstrengungen. Deutschland jedenfalls droht sein Ziel von 40 Prozent CO2-Reduktion bis 2020 gegenüber 1990 deutlich zu verfehlen. Dabei müssten gerade wir als Erfinder der Energiewende vorangehen. Dadurch dass die Bundesregierung den CO2-Ausstoß weiter ansteigen lässt, fehlen ihr die Argumente, wenn sie auf internationalem Parkett mehr Klimaschutz fordert.

Beschämend aber wahr, noch immer qualmen unter den zehn klimaschädlichsten Kohlekraftwerken Europas allein fünf in Deutschland. Schon vor Monaten hatte Hendricks einen Aktionsplan für den Klimaschutz vorgestellt, der nun am 3. Dezember im Kabinett verabschiedet werden soll. Doch alles steht und fällt mit dem Bundeswirtschaftsministerium. Die Umweltministerin hofft, dass Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel Vorschläge zur Reduzierung der Kohlekraftwerke beisteuert. Aber Fakt ist: Seit die erneuerbaren Energien ins Wirtschaftsministerium gewandert sind, ist alles nur schwieriger geworden. Hendricks Aktionsplan in allen Ehren, aber ihrem Ministerium fehlt die Schlagkraft. Und was den Energie- und Wirtschaftsminister anbelangt: Der hat auf diesem Feld bisher regelmäßig enttäuscht.

Nun ist es auch noch gerade so, dass sein Ministerium pflichtschuldig ein Grünbuch zum neuen Strommarktdesign vorgelegt hat. Darin werden Maßnahmen vorgeschlagen, die dem steigenden Anteil erneuerbarer Energie Rechnung tragen sollen, unter anderem Netzausbau und Anpassung der Regelleistungsmärkte. Vor allem aber geht es um die Frage, ob wir neben einem auf die Bedürfnisse erneuerbarer Energien angepassten Strommarkt einen weiteren Markt für die Vorhaltung von Kapazitäten wollen. Ich bin der Meinung, dass die Bundesregierung nur dann auf den vorgesehenen Klimapfad findet, wenn sie keinen Kapazitätsmarkt einführt. Studien im Auftrag der Bundesregierung haben längst bestätig, dass Kapazitätsmärkte nicht erforderlich sind.

Überkapazität in Europa

Blackout-Ängste werden geschürt, wo wir schon heute europäische Überkapazitäten im Bereich von 60 Gigawatt nutzen können. Uns wird von einigen Vertretern der fossilen Energiewirtschaft suggeriert, wir säßen so gut wie im Dunkeln. Dabei ist es genau umgekehrt. Sie sind diejenigen, die ihre Felle davon schwimmen sehen, weil sie über Jahre hinweg nicht mehr als ein grünes Feigenblättchen der erneuerbaren Energien in ihren Portfolios hatten. Und nun stehen sie nach dem Atomausstieg und mit wachsendem Druck auf die Kohle mit leeren Händen da. Dem Grünbuch wird 2015 ein modifiziertes Weißbuch folgen. Bleibt zu hoffen, dass es der Lobby der fossilen Energiewirtschaft in der verbleibenden Zeit nicht gelingt, das Wirtschaftsministerium auf ihre Wünsche einzuschwören.

Wir brauchen den Ausstieg aus der Kohle. Den unbefristeten Betriebsgenehmigungen der Kohlekraftwerksbetreiber ist nur mit einem Ausstiegsplan der Politik zu begegnen. Ökonomisch kalkulierbare Rahmenbedingungen sollten die Verhandlungsbasis sein. Die Regierungen der Kohleländer Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt müssten einen sozialverträglichen Strukturwandel angeboten bekommen. Die Bundesregierung müsste statt wager Formulierungen einen konkreten Zeitkorridor für den Kohleausstieg entwerfen.

(Nicole Weinhold)