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Vestas, PNE

Deutsche Top-Windenergiefirmen wechseln Spitze

Um dem Unternehmen insgesamt nicht zu schaden, hat sich die über den weiteren Kurs des Unternehmens entzweite Führung bei PNE offenbar auf den einzig möglichen Konsens geeinigt: Erst schmiss heute der geschäftsführende Vorstandsvorsitzende Martin Billhardt hin, nachdem er noch am gestrigen Nachmittag als Redner in Berlin auf der Jahrestagung der Wirtschaftszeitung Handelsblatt die Vorteile einer sogenannten Yieldco bewarb. Genau dieses Finanzierungsvehikel für neue Projektierungen bei dem Unternehmen war indes einer der Hauptstreitpunkte zwischen den Kontrahenten. Danach traten auch alle sechs Mitglieder des Aufsichtsrates zurück. Billhardt wird nach Zeitungsmeldungen das Geschäft nur noch bis Ende September fortführen, ein Nachfolger stehe noch nicht fest. Der bisherige Finanzvorstand Jörg Klowat bleibt hingegen im Amt.

Im Detail stehen Vorstandsvorsitzender Billhardt und ein Trio ihn unterstützender Aufsichtsräte einschließlich des Gremienvorsitzenden Dieter Kuprian auf der einen Seite und ein Trio um den Gründer und früheren Geschäftsführer des Unternehmens WKN, Volker Friedrichsen, auf der anderen Seite. PNE hatte 2013 WKN erworben, nachdem Friedrichsen nach einem Nachfolger gesucht hatte. Doch Friedrichsen blieb auch nach dem Verkauf mit einem 15-Prozent-Anteil an den Aktien Haupteigentümer des neuen Gesamtunternehmens, das ansonsten überwiegend im Besitz von Kleinstaktionären ist.

Seit dem Jahreswechsel gärt ein Streit über den Kurs des Unternehmens und über gegenseitige Vorwürfe zwischen Billhardt und Friedrichsen über fehlende Ehrlichkeit oder Intransparenz. Während Billhardt seinem Kontrahenten vorwirft, beim Verkauf von WKN das heutige Mutterunternehmen PNE und ihn mit überhöhten Angaben über den wahren Wert von WKN getäuscht zu haben, erklärt Friedrichsen, Billhardt agiere nicht transparent und zudem falsch. Streitpunkt ist insbesondere die sogenannte Yieldco aber auch das Offshore-Geschäft. Die Yieldco ist ein in der Erneuerbaren-Branche zunehmend genutztes Instrument, um mehrere Projekte zusammenzufassen und von einem Joint-Venture zusammen mit einem großen Investor risikoärmer weiter betreiben zu lassen – und schließlich ganz an diesen zu verkaufen. Friedrichsen wirft der Geschäftsführung vor, mit einem überhasteten Vorgehen das Risiko eben nicht zu schmälern, Analysten sind nach jüngsten Meldungen in ihren Meinungen hier hingegen zweigeteilt – und sehen auch Chancen. Außerdem moniert Friedrichsen, dass PNE zu sehr auf das risikoreiche Offshore-Geschäft setze.

"Neuanfang" bei PNE nach Eklat

Mitte Juni war es schließlich bei der Hauptversammlung des Unternehmens zu einem Eklat gekommen: Die Aktionäre hatten über die Abwahl des einen oder des anderen Teils des Aufsichtsrats entscheiden müssen – zu beiden gab es Rücktrittsanträge der Gegenseite. Doch die Sitzung war um Mitternacht ergebnislos abgebrochen worden. Friedrichsens Seite wirft der Pro-Geschäftsführungsfraktion vor, die Entscheidung mutwillig verschleppt zu haben – und dann trotz bereits erfolgter Abstimmung das Ergebnis nicht mehr veröffentlicht zu haben, das dem Vorstand offenbar nicht gepasst habe. Der Vorstand hingegen erklärte, er habe eine zu große Zahl von Anträgen berücksichtigen müssen, weshalb das Ergebnis nicht mehr im vorgesehenen Zeitraum habe verkündet werden können.

Nun ist bei PNE von einem „personellen Neuanfang“ die Rede. Die Wirtschaftszeitungen schreiben allerdings davon, dass unklar bleibe, ob Friedrichsen für den Aufsichtsrat dennoch erneut antrete.

Beim Windenergieanlagenhersteller Vestas hat sich nach offiziellen Angaben der bisherige CEO von Vestas Central Europe nach nur etwas mehr als einem Jahr „aus persönlichen Gründen“ wieder vom Unternehmen getrennt:  Christoph Vogel lasse sich zum 1. September von Nils de Baar ablösen, dem derzeitigen Vizechef des schwedischen Mobilfunkanbieters Ericsson.  

Vestas: Fünfter Chefwechsel in dreieinhalb Jahren

Über weitere Gründe lässt sich derzeit nur spekulieren: Schon in den vergangenen Jahren hatte Vestas mehrmals Chefposten sowohl in der Zentrale in Dänemark, aber insbesondere auch in der Führung von Vestas Central Europe in Hamburg neu besetzt. Der jetzt scheidende CEO Vogel hatte das Zepter vom Interimspräsidenten Klaus Steen Mortensen übernommen, der danach in seinem bisherigen Hauptjob als Chef der Nordeuropaabteilung von Vestas verblieb. Davor war bereits der frühere CEO vom Konkurrenten Nordex, Thomas Richterich, als Interims-CEO bei Vestas Central Europe engagiert. Der hatte die Zeit nach dem Abschied des CEO Wolfgang Schmitz überbrückt, der wiederum nicht einmal ein ganzes Jahr lang im Amt war. Schmitz hatte im Februar 2012 den langjährigen Chef der Mitteleuropaabteilung Jens Jörn Rieks abgelöst. Nachdem mit Schmitz und Mortensen interne Führungsfiguren von Vestas das Vertrauen erhalten hatten, holt nun Vestas zum zweiten Mal hintereinander wieder einen Chef von außen. Noch-CEO Vogel war vorher ein Geschäftsführer beim Batteriehersteller und Gebäudemanagementzulieferer Johnson Controls.

Der Chef des globalen Verkaufs bei Vestas Juan Araluce ist allerdings der einzige, der in der offziellen Mitteilung des dänischen Windkraftanlagenbauers die Personalie kommentiert. Sein Resümee fällt auffällig unemotional aus: „Christoph Vogel hat seit Juni 2014 die täglichen Herausforderungen in Vestas Central Europe gemeistert“, sagt er als einzige Bewertung. Inwiefern die Entscheidung auch mit dem zuletzt womöglich weniger erfolgreichen Geschäft im wichtigen Teilmarkt Deutschland zu tun hat, wird frühestens am Mittwoch klar: Dort gibt Vestas die neuen Quartalszahlen bekannt. Erst danach könne das Unternehmen auch über Daten zu einzelnen Märkten sprechen, sagte Pressesprecher Michael Zarin auf Anfrage von ERNEUERBARE ENERGIEN. Die beiden Konkurrenzunternehmen auf dem deutschen Markt, Senvion und Nordex, hatten unlängst jeweils einen starken Zugewinn bei den deutschen Marktanteilen bekannt gegeben. Senvion hatte sogar bilanziert an den Installationen neuer Windturbinen in Deutschland im ersten Halbjahr einen Anteil von 24 Prozent der Gesamtkapazität erreicht zu haben und damit der Zweitplatzierte auf dem deutschen Markt geworden zu sein. Während der Deutschlandmarktführer Enercon hierzulande alljährlich als uneinholbarer Spitzenreiter abschnitt, war bisher Vestas immer Zweiter.

(Tilman Weber)

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