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Kommentar zum Pfeifferschen Vorstoß

Verbesserte Ausbaubedingungen statt übler Tauschgeschäfte

Der energiepolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Bundestag, Joachim Pfeiffer, will die Abschaffung des Solardeckels zur Verhandlungsmasse machen. Er will auf diese Weise die SPD zur Zustimmung zu Einschnitten bei der Windkraft erreichen. Sicherlich, Verhandlungen sind normal in einer repräsentativen Demokratie und deren Stärke, wie es uns Bundespräsident Walter Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache aus dem vergangenen Jahr salbungsvoll vorsetzt.

Doch der Pfeiffersche Vorstoß ist genau genommen eigentlich nicht die Suche nach einem Kompromiss, sondern reine Erpressung. Damit reißt er auch die letzte Hülle des ohnehin schon sehr dünnen ökologischen Deckmäntelchens von der CDU, das mit dem Klimaschutzprogramm aus dem vergangenen Jahr mühsam zurechtgeschneidert wurde. Dass der Wirtschaftsflügel der Union, der in Person von Joachim Pfeiffer jetzt zum Schlag ausholt, ohnehin vom Klimaschutz nichts wissen will, ist klar. Aber die Verantwortlichen in der Union müssen sich jetzt überlegen, in welche Richtung sie gehen wollen. Denn nicht umsonst schwimmen die Grünen derzeit auf einer Erfolgswelle. Schließlich ist der Klimaschutz nach zwei extrem trockenen Sommern, angesichts eines brennenden Kontinents auf der anderen Seite der Erde, Toten bei schwersten Winterstürmen in den USA immer noch ein entscheidendes Thema.

Wirtschaftsmotor Energiewende

Da werden die Kompetenzen an der Wahlurne eingeschätzt und wenn die CDU so weitermacht und ihren Wirtschaftsflügel nicht zur Besinnung bringt, wird sie das Stimmen kosten. Nämlich die Stimmen, die bisher durchaus in konservativen Wählergruppen, denen die Solarenergie nicht nur inzwischen sympathisch sind, wie es Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW Solar ausdrückt, sondern die auch die Energiewende als Wirtschaftsmotor sehen. Denn nichts anderes als das ist der Umstieg auf Erneuerbare – nicht nur im Strom-, sondern auch im Verkehrs- und Wärmesektor. Mit solchen Bremsmanövern, wie sie Joachim Pfeiffer jetzt versucht und wie sie Peter Altmaier und Markus Söder seit Jahren praktizieren, sollte jedem klar werden: Die Union hat eigentlich keine Kompetenzen in Sachen moderner Wirtschaftspolitik. Kompetenzen beim Schutz der Lebensgrundlagen konnte sie ohnehin nie richtig nachweisen.

Ökostrom hat sich wirtschaftlich durchgesetzt

Denn der Umstieg auf Ökostrom wird kommen. Schließlich sind Windkraft und Photovoltaik im Neubau die preiswertesten Technologien geworden. Wer Kohlekraftwerke weiter laufen lassen will, der sollte dann auch die Folgekosten aus der eigenen Tasche bezahlen. Bisher wird die Schadensbehebung noch anonym im Bundeshaushalt, in Krankenversicherungsbeiträgen, in Wassergebühren und anderen Abgaben versteckt. Auch der Verbrennungsmotor dient weltweit langsam aus und Automobilhersteller, die jetzt in diesem Bereich nicht am Ball bleiben, werden es schwer im internationalen Konkurrenzkampf haben. Wenn aber Autos in Zukunft mit Strom fahren – sei er in Batterien oder im Wasserstofftank oder in welcher Form auch immer gespeichert – oder wir unsere Gebäude auch elektrisch beheizen, brauchen wir alle Ökostromanlagen, die wir bekommen können.

Üppiger Ausbau aller Technologien ist notwendig

Dazu ist aber ein üppiger Ausbau notwendig. 415 Gigawatt Photovoltaik, 200 Gigawatt Windkraft an Land, 76 Gigawatt Offshore-Windkraft und 20 Gigawatt Biomasseleistung werden gebraucht, um bei üppigen Effizienzmaßnahmen eine klimaneutrale Energieversorgung zu erreichen. Das haben die Experten von der HTW in Berlin ausgerechnet. Dieser Ausbau wiederum gelingt nicht ohne entsprechende Rahmenbedingungen, zu denen der Wegfalls des Ausbaudeckels für die Photovoltaik in Höhe von 52 Gigawatt genauso gehört wie die Möglichkeit, die Windkraft weiter auszubauen. Inzwischen liegen auch eine ganze Reihe von Vorschlägen auf dem Tisch, wie das bürgerverträglich passieren kann.

Da wäre eine kommunale oder Bürgerbeteiligung an den Renditen der Anlagen, vereinfachte Genehmigungsverfahren, Abstandsregelungen, die den Ausbau der Windkraft weiter ermöglichen. Ein zweiter Schritt wäre, die Netznutzungsgebühren vom Transportweg des genutzten Stroms abhängig zu machen. Wer den vor Ort produzierten Ökostrom nutzt, zahlt weniger Netzkosten als derjenige, der Strom aus weit entfernten Kohle- und Kernkraftwerken finanziert.

Verbände reagieren entsetzt

Verbesserte Rahmenbedingungen mahnen auch der BSW Solar, und zahlreiche andere Verbände ein, die mittelständische Unternehmen im Handwerk und in der Energie- und Immobilienwirtschaft vertreten. Gemeinsam mit Verbraucher- und Umweltschützern haben sie einen offenen Brief an die Mitglieder der Bundesregierung und des Bundestages verfasst. In ihm fordern die Unterzeichner, dass das Bundeskabinett und auch das Parlament endlich Wort hält und den Förderstopp für Photovoltaikanlagen bei 52 Gigawatt installierter Leistung unverzüglich verhindert. Denn nur so kann ein erneuter Einbruch beim Solarstromausbau verhindert werden. Diesbezüglich hat die Bundesregierung in Person von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) schon für den Herbst 2019 Nachfolgeregelungen für Mieterstromprojekte versprochen. Bis heute liegt noch nicht einmal ein Vorschlag auf dem Tisch.

SPD wehrt sich

Auch die SPD wehrt sich gegen den Pfeifferschen Erpressungsversuch. „Wer jetzt die Solarbranche als Faustpfand nimmt, um seine Interessen in den anderen Fragen durchzusetzen, schadet einem wichtigen Wirtschaftsfaktor und damit dem Industriestandort Deutschland“, zitiert das ZDF den Fraktionsvize der SPD im Bundestag, Matthias Miersch, unter Verweis auf die Deutsche Presseagentur (DPA). Allerdings ist von der Partei- oder Koalitionsspitze bisher noch nichts zu diesem Thema zu vernehmen.