In Hamburg entsteht ein Wasserstoff-Netz für die Industrie. Offene Fragen bleiben bei Vertragsstandards und Investitionsbedingungen.
Fabian Kauschke
Wie wird in Zukunft Wasserstoff in Hamburg transportiert?
Elisabeth Ziemann: Wir bauen als Hamburger Energienetze das Wasserstoffindustrie-Netz im Hamburger Hafen mit dem Ziel der ortsansässigen Großindustrie eine Infrastruktur zur Dekarbonisierung bereitzustellen. Das ist ein 100-Prozent-Wasserstoffnetz, das größtenteils aus Neubauleitungen besteht. Teilweise können wir aber auch auf eine bestehende Erdgasleitung zurückgreifen, was uns Zeit und Kosten spart. Aktuell befinden wir uns mitten im Bau. Das heißt, wir haben jetzt bis 2027 vor, die ersten 40 Kilometer Leitung fertigzustellen. Das sind zwei verschiedene Druckstufen, 25 bar und 70 bar. Und 2027 soll dann der Startschuss für die Inbetriebnahme fallen. Wir haben aber auch schon die weitere Ausbauplanung angeschlossen. Das heißt, bis 2031 wollen wir das Netz schon auf 60 Kilometer erweitern und dann noch mehr Kunden diese Infrastruktur zur Verfügung stellen.
Welche Rolle spielen lokale Wassestoff- Cluster für den Ausbau des Netzes?
Elisabeth Ziemann: Wir haben innerhalb unseres Projektes verschiedene Anschlussnehmer, die aus verschiedenen Industriesektoren kommen. Dabei sprechen wir von Verbrauchs-Clustern. Dann haben wir verschiedene Erzeugungsarten. Das ist eine lokale Erzeugung von grünem Wasserstoff, die am Standort Moorburg mit einem 100-Megawatt-Elektrolyseur entsteht. Ebenso verfügen wir mit dem Hamburger Hafen über Import-Terminals. Das Netz verbindet diese Cluster miteinander. Für uns ist aber auch ganz wichtig, dass wir nicht ein Inselnetz sind in Hamburg, sondern auch angeschlossen sind an die überregionale entstehende Wasserstoffnetz-Infrastruktur und Teil des Nordwest-Clusters sind.
Bis 2027 sollen in Hamburg 40 Kilometer Wasserstoff-Leitungen fertig werden und bis 2031 auf 60 Kilometer erweitert werden.
Wichtig ist also Erzeuger und Verbraucher möglichst schnell zusammenzubringen, oder?
Elisabeth Ziemann: Genau, für uns ist die Nähe von Einspeisern und industriellen Verbrauchern von Anfang an ein Schlüssel zum Erfolg, als wir 2021 das Projekt überhaupt initiiert haben. Im Hamburger Hafen gibt es schon die gesamte Wertschöpfungskette auf sehr engem Raum. Mit der Infrastruktur sind wir das verbindende Glied zwischen Industrie, Erzeugern, Importeuren und Fernleitungsnetz. Wir haben festgestellt, dass sich die entwickelnde Branche gut zusammengefunden hat und die regionale Vernetzung mit weiteren Erzeugern und Verbrauchern möglich ist.
Bereits ab Januar 2026 können sich Unternehmen bei Ihnen für einen Anschluss bewerben. Welche Bedeutung hat das?
Elisabeth Ziemann: Das ist ein ganz wichtiger Schritt, den wir gemeinsam mit allen Fernleitungsnetzbetreibern im Wasserstoffkernnetz jetzt gehen werden. Ziel des Ganzen ist, dass zum einen die Netzbetreiber Planungssicherheit bekommen über die Reservierungsanfragen. Zum anderen können wir gegenüber den Kunden die Planungssicherheit zusagen, wenn der Prozess abgeschlossen ist. Das ist ein wichtiges Puzzlestück auf dem Weg zum Wasserstoffmarkt und ein ganz wichtiger erster Schritt für uns in den entstehenden Markt. Und wir freuen uns, dass wir da jetzt gemeinsam mit allen Netzbetreibern vorangehen, weil auch eben diese Vernetzung der einzelnen Cluster dann wieder eine ganz wichtige Rolle spielt. Es bringt nichts Einzellösungen zu entwickeln, sondern da profitieren wir sehr vom Gesamtnetz.
Eine bislang noch offene Frage für den grünen Wasserstoffmarkt sind Vertragsstandards. Welche regulatorischen Instrumente sind für Sie hierbei wichtig?
Elisabeth Ziemann: Es muss künftig Instrumente geben, um diese Investitionssicherheit und die Investitionsbereitschaft des Marktes noch anzukurbeln. Wir nehmen hierbei aber auch weiterhin eine starke Unterstützung seitens der Politik wahr.Ein wichtiger Schritt ist, dass wir jetzt die Infrastruktur bereitstellen, weil wenn es keine verlässliche Infrastruktur gibt, wird sich jeder Industriekunde verständlicherweise schwertun, Investitionsentscheidungen zu treffen.
Ein wichtiges Signal sind sicherlich auch die Klimaschutzverträge, bei denen eine zweite Runde gestartet wurde. Auch hier erhoffen wir uns natürlich, dass das in Hamburg noch zusätzliche Anreize setzt. Insgesamt sind einige Marktregeln und Vertragsregeln auf dem Weg, viele noch in Arbeit. Wir beteiligen uns gemeinsam mit den entsprechenden Verbänden, die da tätig sind und unterstützen dort die Positionen. Eine offene Frage besteht für uns bei Kunden, die jenseits dieses Wasserstoffkernnetzes liegen. Wie ist das darstellbar, wie ist das finanzierbar, welche regulatorischen Rahmenbedingungen gelten dort?
Studien zeigen, dass Wasserstoff-Projekte aktuell noch darunter leider häufig verspätet abgeschlossen zu werden. Warum sind Sie zuversichtlich Ihren Zeitplan einzuhalten?
Elisabeth Ziemann: Aus Hamburger Sicht gesprochen, mache ich mir tatsächlich aktuell keine Sorgen, dass es zu Verspätungen kommt. Wir sind in einem engen Austausch mit unseren Anschlussnehmern. Im Rahmen der IPCEI-Förderung sind wir explizit als Vorreiterprojekte unterwegs, sowohl was die Netzinfrastruktur, aber auch was die entstehende Elektrolyse hier in Hamburg anbelangt.
Ich glaube, ganz wichtig ist, dass jetzt diese ersten Projekte tatsächlich entstehen und auch in Betrieb gehen. Und ich glaube, das wird auch nochmal dann den Impuls entwickeln, dass andere sehen: Okay, das funktioniert tatsächlich und die Märkte entstehen.
Öffentlich geförderten Projekte gehen als gute Beispiele voran und regen die privatwirtschaftlichen Vorhaben an?
Elisabeth Ziemann: Genau, das ist ganz wichtig, dass es erst mal Erzeugung und Infrastruktur gibt, weil das auch wieder Planungssicherheit und Vertrauen dafür schafft, dass man wirklich auf diese Technologien setzen kann. Ich bin überzeugt: Wenn dann der entsprechende vertragliche und regulatorische Rahmen steht, dann sind die entsprechenden Branchen intensiv dabei. Denn allen Akteuren ist klar: Ohne die richtigen Rahmenbedingungen kann es am Ende nicht klappen. Wenn Politik und Regulierer jetzt die richtigen Signale setzen, dann kommen wir zügig voran.
Elisabeth Ziemann,
Referentin für Wasserstoff bei den Hamburger Energienetzen
Foto: Hamburger Energienetze
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