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Portfolio-Bereinigung

Enercon: Deutscher Marktführer springt auf Fünf-MW-Plattform

Tilman Weber

Mit 160 und 147 Meter Rotordurchmesser wird der dominierende Anlagenhersteller des deutschen Windkraftmarktes die Plattform mit den bereits angekündigten Rotorgrößen auf den Markt bringen. Das teilte das Unternehmen aus Aurich am Montag auf der Industriemesse Hannover Messe mit. Anders allerdings als bei der ersten Enthüllung dieses Entwicklungsschrittes im vergangenen Herbst hat Enercon die Leistung der ersten beiden Modelle der Plattform EP5 nun deutlich über den zunächst geplanten Erzeugungskapazitäten von 4,3 und 4,0 Megawatt (MW) festgelegt. So designen die Entwickler des Unternehmens die Turbinen für Erzeugungskapazitäten von 5,0 MW in Kombination mit dem kleineren und 4,6 MW in Kombination mit dem größeren der neuen Superrotoren für Standorte mit mittleren Windstärken und für Schwachwindregionen.

Zudem präzisiert das Unternehmen nun mit einer Namensänderung für diese Modelle und mit Veränderungen im Produktportfolio innerhalb des Kapazitätsbereichs drei bis vier MW seine Technologie-Strategie. So beginnen Typbezeichnungen der neuen Modelle statt mit einem Lagerwey-L nun mit dem Enercon-E. Nach der Übernahme des niederländischen Windturbinenunternehmens Lagerwey zu Anfang 2018 hatte Enercon das Anlagenportfolio aus beiden Häusern zunächst als zwei getrennte Turbinenfamilien geführt. Beide Turbinenbauer produzierten zwar schon vor dem Zusammengehen gleichermaßen Anlagen mit getriebelosen Antriebskonzepten. Und nach Design-Anpassungen ähnelt sich inzwischen die Innenarchitektur der Maschinenhäuser. Doch in manchen Dingen blieben Unterschiede: Das trifft zum Beispiel auf die Generatorerregung zu, mit im Falle bisheriger Enercon-Turbinen elektrisch fremderregten Generatoren und bei den Lagerwey-Windenergieanlagen durch Permanentmagneten bestückten Generatoren.

Erste gemeinsame Entwicklung von Enercon- und Lagerwey-Ingenieuren

Künftig, so erklärt es Enercon-Sprecher Felix Rehwald, werde die neue Plattform als EP5 direkt in das Enercon-Turbinenportfolio integriert – und die ersten beiden Anlagen dazu erhalten die Typbezeichnungen E-147 EP5 E2 und E-160 EP5. Bei der neuen Plattform handele es sich um die erste gemeinsame Technologieentwicklung der übernommenen Lagerwey-Ingenieure und der Ingenieure aus der Enercon-Entwicklungsabteilung.

Die EP5 enthält nicht zuletzt mit den Permanentmagnetgeneratoren noch einige Lagerwey-spezifische technologische Elemente. Allerdings zeichnet sich bereits ab, dass Enercon aus beiden ehemaligen Produktfamilien nach und nach die jeweils besten Konzepte und Technologien kombinieren will. So sollen die Rotorblätter der äußerlich noch wie Lagerwey-Turbinen aussehenden EP5-Anlagen laut Rehwald zwar schon in ihren Profilen einem neuen Enercon-Design entsprechen. Allerdings werden die Blätter nicht wie bei den bisher größten Enercon-Anlagen in Längensegmente geteilt, um diese dann erst auf der Baustelle zu ganzen Rotorblättern zu montieren. Vielmehr gibt Enercon erstmals die Blattproduktion gemäß der früheren Lagerwey-Strategie an Zulieferer ab, die dann die Blätter als ganze Komponente gemäß Enercon-Designanweisungen in den ausländischen Absatzmärkten produzieren. Laut Rehwald gehen die Auricher damit auf die bestehenden sogenannten Local-Content-Vorgaben in diesen internationalen Märkten ein: Die Komponentenfertigung der dort installierten Windenergieanlagen muss teilweise in dem Land stattfinden.

Traditionelles Enercon-Design nur noch bis drei MW

Demgegenüber bereinigt Enercon das Plattformangebot im Drei- und Vier-MW-Bereich: Die bisherige Drei-MW-Plattform EP3 erweitert Enercon so um letzte neue Modelle. „Danach ist die Plattformentwicklung abgeschlossen“, sagt Felix Rehwald. So werden der Plattform einerseits die bereits auf das besonders kompakte Lagerwey-Maschinenhaus-Design angepassten Modelle E-115 EP3, E-126 EP3 und E-138 EP3 angehören. Andererseits bleiben auch die nur leicht mehr als drei MW leistenden Anlagen E-101 sowie E-115 mit dem bisherigen Enercon-Maschinenhaus-Design einer eiförmigen Gondel um den Generator ein Bestandteil der Bauplattform. Zu diesen beiden Anlagen gehören zudem weiterhin durch große Blattwurzeln gekennzeichnete Rotorblätter im angestammten Enercon-Look. Und mit Ausnahme der E-101 werden alle Turbinenmodelle mit mindestens zwei Nennleistungen verfügbar sein: Am weitesten wird die E-115 EP3 mit 2,99 und 4,2 MW in verschiedene Windklassen ausgreifen. Diese Anlage wird sowohl die mittlere Windklasse IEC IIA als auch Starkwindklasse IEC IA abdecken und darüber hinaus laut Rehwald fast unter Taifun-Bedingungen einsatzfähig sein. Die E-126 EP3 erhält die Nennleistungen 3, 3,5 und 4 MW für Windklasse IIA zugewiesen. Und Schwachwindmodell E-138 EP3 soll Ende 2019 mit einem Prototyp als 4,2-MW-Variante ans Netz gehen. Bereits jetzt ist ein E-138-Prototyp mit 3,5 MW in Betrieb. Dagegen gehört die 2017 erstmals errichtete 4,5-MW-Anlage von Lagerwey nun als E-136 mit leicht auf 4,65 MW erhöhter Leistung zur Anlagenplattform EP5.

Bemerkenswert an der Neuaufteilung des Portfolios ist insbesondere auch das Verschwinden der seit dem vergangenen Jahr zum ersten Mal verstärkt in Deutschland errichteten Anlagen der EP4-Plattform. „Die EP4 gibt es nicht mehr“, sagt Enercon-Sprecher Rehwald. Die beiden hierzu gehörenden 4,2-MW-Anlagen im traditionellen Enercon-Design mit eiförmiger Gondel E-126 und E-141 erzielten im Markt nicht mehr ausreichend Nachfrage, betont Rehwald. Stattdessen führt der Kostendruck der Branche dazu, dass Enercon bei leistungsstärkeren Anlagen nur noch für die kompakten neuen Enercon-Turbinen in Leichtbauweise genug Aufträge erwartet.

Die langfristige Planung bei Enercon sieht indes eine weitere Designbereinigung für die nächste mögliche Plattform vor. Entweder werde diese nur noch in Gestalt des kompakteren Enercon-Designs oder des Lagerwey-Designs entstehen oder in einer Mischform beider Designs oder gar in ganz neuer Gestalt.

Kosten runter bei Logistik: Effizientere Einzelblattmontage

Auch für die Logistik kündigt der Turbinenbauer eine Innovation an: Ihre bisher übliche Methodik für die Einzelblattmontage mittels eines Ballastarmes wollen die Auricher durch ein wesentlich schnelleres Verfahren ersetzen. Bisher mussten die Installationsteams nach Montage von zwei der drei Rotorblätter einen Ballastarm in der danach nach oben zeigenden Nabenöffnung für das dritte Rotorblatt montieren. Der als Gewicht dienende provisorische Anlagenflügel, der Ballastarm, drückte die dritte Rotorblattöffnung von dort durch seine bloße Masse in die gewünschte zur Seite zeigende Drei- oder Neun-Uhr-Position. Danach arretierten die Installateure die Nabe und entfernten den Ballastarm wieder. Künftig aber soll ein Kran an einem der beiden erstmontierten Rotorblätter ziehen können und damit die freie Nabenöffnung in die richtige Montageposition hieven.