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50 Prozent weniger: Pläne für neue Kohlekraftwerke werden weltweit gecancelt

Weltweit streichen Länder ihre Planungen für neue Kohlekraftwerke. Das ergab eine aktuelle Studie des Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change). Demnach haben vor allem in Bangladesch und in der Mongolei Planungen gecancelt werden, am wenigsten in China.

Von 476 Gigawatt auf 215 Gigawatt

Noch im vergangenen Jahr sei man davon ausgegangen, dass Kohlkraftwerke mit einer Leistung von 476 Gigawatt im Bau oder in Planung sind, schreibt das MCC in einer Presseinformation und beruft sich dabei auf Zahlen des US-Infodienst Global Energy Monitor. Würden sie alle fertiggestellt und bis zum Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer betrieben, wäre das internationale Ziel unerreichbar, die Erderhitzung auf unter 2 und möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, so die Forschenden. In ihrer Studie haben sie jetzt diese Ankündigungen auf ihre Umsetzung abgeklopft – und kommen auf rund 50 Prozent Storno: Rund 215 Gigawatt neuer Kohlekraftwerkskapazität soll weltweitnach aktuellen Planungen neu installiert werden.

Klarere Ausgangslage für Verhandlungen zur internationalen Energiewende

„Für die Verhandlungen zum globalen Kohleausstieg ist es wichtig zu wissen, was bei den Kraftwerken realistischerweise noch an Zuwachs droht“, erklärt Jan Steckel, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Klimaschutz und Entwicklung und Co-Autor der Studie. Planungen und sogar laufende Bauprojekte könnten auf Eis gelegt werden, wenn sich zum Beispiel das Finanzierungsumfeld, nationale Energie-Strategien oder auch die Kosten erneuerbarer Energien ändern. „Wir beleuchten die Ausgangslage und damit auch das Ambitionsniveau der bisherigen und künftigen Kohle-Vereinbarungen, der sogenannten JETPs.“ Unter dem Titel „Just Energy Transition Partnerships“, Partnerschaften für eine gerechte Energiewende, verhandeln Länder im globalen Süden seit 2021 mit reichen Industrieländern über Hilfen beim Ausstieg aus dieser besonders klimaschädlichen Form der Stromerzeugung. Für Südafrika, Indonesien und Vietnam gibt es bereits erste Deals in Milliardenhöhe.

Zehn Länder planen 90 Prozent der neuen Kraftwerksleistung

Die jetzt vorliegende Analyse stützt sich auf eine wissenschaftliche Umfrage unter internationalen Fachleuten – eine etablierte und vor allem im Energie-Bereich häufig genutzte Forschungsmethode bei Themen, zu denen aussagekräftige Statistiken noch nicht verfügbar sind, so das MCC. In einem systematischen Suchverfahren identifizierte das Forschungsteam 29 besonders versierte Fachleute aus zehn Ländern, auf die 90 Prozent der in Bau befindlichen oder offiziell geplanten neuen Kohlekraftwerke entfallen: Bangladesch, China, Indien, Indonesien, Laos, die Mongolei, Pakistan, die Türkei, Vietnam und Zimbabwe. Die Abfrage der jeweiligen Expertise für das eigene Land und zum Teil auch für andere Länder erfolgte im Herbst 2021, vor Abschluss der ersten JETP-Abkommen.

Laufzeitbegrenzung als Schlüssel zum 1,5-Grad-Ziel

Die Ursachen für Planänderungen waren breit gestreut: Wichtig seien neben technischen und betriebswirtschaftlichen Aspekten auch die politische Ökonomie der Kohle, also Rücksichtnahme auf regionale Arbeitsplätze, Steuerzahlungen oder persönliche Einflussnahme der Kohleindustrie, so das MCC weiter.

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Die Studie untersucht indessen auch, was eine zusätzliche Leistung von 215 Gigawatt neuer Kohlekraftwerkskapazität fürs Klima bedeuten würde. „In drei Vierteln der wissenschaftlichen Klimapolitik-Szenarien mit nur 1,5 Grad Erderhitzung ist die Kohlenutzung weltweit bis zum Jahr 2050 runter auf null“, gibt Lorenzo Montrone zu bedenken, Leitautor der Studie. „Unsere Studie zeigt, wie wichtig die internationale Unterstützung ist, aus der Kohle auszusteigen und Alternativen auszubauen. Eine Möglichkeit, mit den neu gebauten Anlagen umzugehen, wäre die Begrenzung ihrer Laufzeit auf 15 Jahre. Wenn das gelingt, ist das 1,5-Grad-Ziel durchaus weiterhin in Reichweite.“ (kw)