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Aus unserem Magazin

Wo bleibt der Anleger beim nächsten Windpark?

Sie zählen sich zu den Pionieren der Windkraftbranche: Anleger, die bis Anfang der 2000er-Jahre ihr Geld in geschlossene Fonds investierten und so das benötigte Eigenkapital für die Projekte bereitstellten. Organisiert in einer GmbH amp; Co KG, sind die Kommanditisten Eigen­tümer der Windparks, dürfen entscheiden, was dort geschehen soll, und tragen das wirtschaftliche Risiko.

„Es wird derzeit in vielen Fällen versucht, die Anleger aus den Projekten zu drängen“, sagt Reinhard Ernst vom Anlegerbeirat des Bundesverbandes Wind­energie (BWE). Es seien die Muttergesellschaften der Windpark-GmbHs, die versuchten, die Projekte komplett zu übernehmen. „Gerade jetzt, wo viele Projekte vor dem Repowering stehen, wollen die Emissions­häuser ihre Kommanditisten loswerden, um das Geschäft selbst zu machen“, klagt Ernst. Dabei, so der Anlegerbeirat, gingen die Unternehmen nicht im Interesse der Anleger vor – obwohl sie das eigentlich müssten, da in ihren Händen in der Regel die Geschäftsführung der Kommandit­gesellschaft liegt.Der Anlegerbeirat nennt unterschiedliche Methoden, mit denen die Kommanditisten verdrängt werden sollen. „Es gibt Projektentwickler, die versuchen, neue Pachtverträge für die Flächen, auf denen jetzt der Windpark steht, abzuschließen“, beschreibt Ernst. Dadurch würden den jetzigen Anlegern die Chancen auf Weiterbetrieb oder Repowering genommen. Andere wiederum setzten die Anleger unter Verkaufsdruck. „Gerade wenn Projekte schlecht laufen, sind die Anleger oft ohnehin schon frustriert. Wenn dann die Geschäftsführung anbietet, Anteile aufzukaufen, stimmen viele zu.“ Ein Repowering, das im Interesse der Anleger liege, werde entweder gar nicht vorgeschlagen oder als zu teuer und zu kompliziert abqualifiziert, kritisiert Ernst. Dabei sei das angesichts der neuen hohen Anlagen fast immer rentabel. „Das ist zumindest moralisch fragwürdig.“

„Viele Emissionshäuser gehen rücksichtslos vor“, sagt auch Christian Herz, Geschäftsführer der Ökofair Energie. So würden beispielsweise Kosten künstlich in die Höhe getrieben, um die Bilanz des Parks zu verschlechtern. Zudem sei 2016 ein schlechtes Windjahr gewesen.

Harte Kämpfe und Übervorteilung

Für kritische Kommanditisten sei es schwer, sich zu wehren, weiß Herz aus eigener Erfahrung. „Ich habe auch als normaler Anleger angefangen, der etwas für die Altersvorsorge machen wollte.“ Nach harten Kämpfen gründete er ein eigenes Unternehmen, um „eine Alternative für übervorteilte Anleger zu schaffen und die Windparks selbst zu verwalten. Es ist schon unglaublich schwierig, als normaler Anleger an die Adressen der anderen Kommanditisten zu kommen, um Kontakt aufzunehmen“, kritisiert Herz. Mit dem Hinweis auf Datenschutz würden sie häufig rechtswidrig unter Verschluss gehalten.

Einen gravierenden Fall sieht Wolfgang Strübing vom Anlegerbeirat des BWE bei der Firma SL Wind­energie. „Die Anleger werden mittels fragwürdiger Anrufaktionen zum Verkauf ihrer Anteile gedrängt. Dies, obwohl gerade nach Rückzahlung der Bankdarlehen die guten Ausschüttungsjahre folgen“, kritisiert er. Mit der so erworbenen Mehrheit wolle die Schulze-­Langenhorst-Gruppe überwiegend ihre eigenen Repowering-Interessen gegen den Willen der Kommanditistenmehrheit durchsetzen. „Aber es sollte noch schlimmer kommen“, so Strübing: „Gleichzeitig war nämlich geplant, die Windenergieanlagen unter Wert aufzukaufen und sich aller Kommanditisten auf einmal zu entledigen.“ Ein Großteil der Anleger gründete eine Notgemeinschaft, zwei Vertreter klagen gegen diese Geschäftsmethoden vor Gericht.

Aber auch die Projektentwickler stehen unter Druck. Die Flächen sind knapp, die Pachten hoch. Die Ausschreibungen bedrohen das Geschäftsmodell. Zudem werden Privatanleger nicht mehr gebraucht, um Eigenkapital zu stellen. In Zeiten niedriger Zinsen investieren Versicherungen genauso wie Energieversorger, die ihr Projekt-Portfolio ausbauen wollen.

Klaus Schulze-Langenhorst kann die Vorwürfe, die seinem Unternehmen SL Naturenergie gemacht werden, nicht nachvollziehen. „Es gibt zwei Gruppen unter den Kommanditisten“, sagt er. „Die einen sind konservativ, die anderen wollen voran und repowern.“ Beiden könne man nicht gerecht werden, schon allein aus diesem Grunde bildeten sich „Lager“. „Wenn aber ein Park im 16. Betriebsjahr ist, muss die Planung für ein Repowering ausgelotet werden und gegebenenfalls beginnen. Die Kosten hierfür wollen die Kommanditisten aber auch nicht gern übernehmen.“ Man könne aber nicht vom Initiator verlangen, die kompletten Planungskosten zu übernehmen, die sich schnell auf eine Million Euro belaufen können, ohne auch eine Mehrheit für das Repowering in Aussicht zu stellen. „Dann ist es doch nachvollziehbar, dass versucht wird, für die eigene Überzeugung Mehrheiten zu erlangen.“ Leider werde in einem solchen Prozess viel schmutzige Wäsche gewaschen.

Anteile verkaufen oder Risiko?

„Ein Repowering-Projekt ist wie ein neues Investment mit erheblich größeren Volumina“, sagt Cerstin Kratzsch vom Projektentwickler Energiekontor. „Es hängt von der Mehrheit der Anleger ab, ob sie bereit sind, nochmal ins Risiko zu gehen, und entsprechend mehr Geld investieren.“ Für viele Anleger sei es daher eine naheliegende Lösung, ihre Anteile zu verkaufen, zumal viele schon älter seien und sich nicht wieder auf 20 Jahre binden wollten. „Da muss man sich natürlich auf einen fairen Preis einigen“, so Kratzsch.

Die Ansicht, dass die Kommunikation mit den Anlegern nicht gut laufe, teilt sie nicht. „Wir haben immer einen Beirat als Ansprechpartner.“ Adress­listen könnten aber aus Datenschutzgründen erst nach Rückfrage an einzelne Gruppen unter den Anlegern herausgegeben werden. Auch die Kritik, Altanleger sollten durch den Abschluss neuer Pachtverträge aus den Projekten verdrängt werden, kann sie so nicht teilen. „Wir sind nicht die einzigen, die im Repowering aktiv sind“, erklärt sie. Flächeneigentümer würden auch von Wettbewerbern angesprochen. „Wir mussten dann auch mal schnell handeln, um uns grundsätzlich die Chance auf Repowering zu erhalten.“ Dies sei im Einzelfall geschehen, aber auf keinen Fall, um Kommanditisten zu verdrängen.

Schulze-Langenhorst sieht – abgesehen von Genossenschaften – ohnehin die Zeit der Kommanditgesellschaften abgelaufen. Die Gefechte, die zwischen Anlegern und Initiator ausgetragen wurden, sind für ihn ein Grund dafür. „Sicherlich wurden in der Vergangenheit Fehler gemacht, etwa dass Initiatoren ihre Anleger schlecht behandelt haben. Aber verhalten sich hier nun einige selbsternannte Anlegervertreter besser?“ Neue Bürgerbeteiligungsmodelle liefen in der Regel als Nachrangdarlehen, Crowdfunding und Ähnliches ab, zumal vielen Anlegern eine sichere Rendite wichtiger sei als die Mitbestimmung.

Christian Herz will hingegen nicht von einzelnen schwarzen Schafen unter den Emissionshäusern sprechen: „Es sind ganze Schafherden.“ Er sieht Regelungsbedarf, was den grauen Kapitalmarkt insgesamt angehe. „Es fehlen allgemeine Vorschriften ähnlich dem AGB-Gesetz“, meint auch Ernst. „Dann könnten sich Anleger darauf verlassen, dass gesetzwidrige Klauseln in den Verträgen unwirksam sind und müssten nicht jedes Mal klagen.“ (Katharina Wolf)

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