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Entscheidung bei PNE-Hauptversammlung

"Wichtig wären starke Investoren!"

Der geschäftsführende PNE-Vorstand und auch schon vorherige PNE-Chef Martin Billhardt und der frühere WKN-Chef Volker Friedrichsen, tragen seit dem Jahreswechsel einen Konflikt öffentlich aus, dessen Sollbruchstelle mitten durch den Aufsichtsrat führt. … (mehr über die Hintergründe finden Sie am Ende des Interviews)

ERNEUERBARE ENERGIEN: Herr Friedrichsen, Sie wollen die Abwahl von drei von sechs Aufsichtsratsmitgliedern, die dem Vorstand von PNE zugeneigt sind. Der Vorstand, will den Rausschmiss der anderen Drei, denen Sie angehören. Steht es so schlimm um PNE?

Friedrichsen: 2014 hat das Unternehmen 17 Millionen Euro Verlust gemacht, gleichzeitig erreicht die Vergütung von Aufsichtsrat und Vorstand neue Rekordhöhen. Wenn diese Entwicklungen auf der Hauptversammlung nicht grundlegend durch einen Führungswechsel korrigiert werden, sehe ich große Probleme auf das Unternehmen zukommen.

Sie unterstellen der Geschäftsführung auch fehlende Transparenz.

Friedrichsen: Absolut. Als Aktionär fühle ich mich oftmals schlecht informiert, manchmal gar benachteiligt. Ein Beispiel: Die Kapitalerhöhung 2014 wurde zu einem Ausgabepreis von 2,40 Euro je Aktie durchgeführt, um damit eine Yieldco zu gründen …

… eine Unternehmensgesellschaft, die im Projektgeschäft steuerliche Vorteile hat und das Risiko für die Investoren reduzieren soll, die andererseits das Renditeversprechen reduziert: beispielsweise auf drei statt den bisher noch bei Windparks denkbaren bis zu acht Prozent.

Friedrichsen: Jetzt muss ich lesen, dass diese Kapitalmaßnahme nicht gut angenommen wurde und inklusive der Einnahmen aus einer Wandelanleihe nur 40 statt der geplanten 80 Millionen Euro eingebracht hat. Im Mai wurde eine weitere Kapitalerhöhung beschlossen – unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre – dabei erhielt PNE nur noch 2,06 Euro pro Aktie, was dem Jahrestiefstpreis entspricht. Da fühle ich mich als Aktionär doppelt verschaukelt.

Sie könnten mitverantwortlich sein: Sie hatten zwischen den beiden Erhöhungen PNE-Anteile von Kleinaktionären gekauft – und ihr Stimmrecht für die nun am 16. Juni folgende Aktionärsversammlung wuchs von 15 auf 16 Prozent. Durch die Kapitalerhöhung hat PNE Ihren Anteil wieder auf unter 15 Prozent zurückverwässert.

Friedrichsen: Durch Taschenspielertricks lasse ich mich auf jeden Fall nicht aus dem Unternehmen drängen.

Was ist denn inhaltlich der Kern des Streits?

Friedrichsen: Nachdem ich vergangenes Jahr in den Aufsichtsrat gewählt worden war – ein Jahr nach dem Verkauf meines Unternehmens WKN an PNE – habe ich mehrere Dinge kritisiert, vor allem aber die unverhältnismäßig hohen Vergütungen von Vorstand, Aufsichtsrat und sonstigen Beratern. Danach riss der Gesprächsfaden zum Vorstand und der Aufsichtsratsmehrheit ab.

Das hört sich mehr nach atmosphärischen als inhaltlichen Konflikten an!

Friedrichsen: Es ist beides. Bei der Gründung der Yieldco und ebenso bei den Offshore-Projekten bin ich der Überzeugung, dass die PNE einen falschen Kurs eingeschlagen hat. Grundsätzlich sind Yieldcos eine ausgezeichnete Möglichkeit, ein zusätzliches Standbein aufzubauen. Was aber das PNE-Management macht, ist im eigentlichen Sinne keine Yieldco. Denn hier wurde Geld gesammelt, das in unüblicher Weise erst später in eine Yieldco eingebracht werden soll. Erst 2016 und danach werden Projekte in diese sogenannte Yieldco geschoben. Dann beginnt der Verkauf der Anteile. Ein erhebliches Liquiditätsrisiko für PNE: Erst wurde durch die Kapitalmaßnahme nur rund die Hälfte des für die Yieldco benötigten Kapitals eingeworben. Zweitens ist dieses Kapital teils in Projekten gebunden.

Wie wäre es denn Ihrer Meinung nach richtig?

Friedrichsen: Wenn sich die PNE zunächst beispielsweise 80 Millionen Euro zusätzliches Kapital beschafft und drei Investoren als Partner für die Yieldco mit an Bord geholt hätte, die jeweils mit dem gleichen Betrag eingestiegen wären, würde die PNE nur ein Viertel der Kosten und ein Viertel des Risikos tragen. Wichtig wären starke Investoren und eine mit einem guten Management ausgestattete Yieldco, die Windkraftprojekte beurteilen kann und aufkauft. Vor allem Projekte aus Drittfirmen, die bereits anentwickelt wurden, denen aber dann das Geld ausgegangen ist, wären interessante Ziele. Die bisherige Strategie des Managements fördert hingegen das Misstrauen und führt zu dem Eindruck, dass die PNE nur diejenigen eigenen Projekte einbringen will, die am Markt nicht verkäuflich sind.

Ist denn eine Yieldco so neuartig, dass das Vorgehen so strittig ist?

Friedrichsen: Nein, das Instrument wird ja in angelsächsischen Ländern seit längerem eingesetzt. Aber eben so, dass sich Investoren darin zusammenschließen und mit einer großen Summe gemeinsam einen Anlagenpark aufbauen. Meist bauen die dann einen Energieerzeugungs-Bestand als eigener Energieversorger auf, betreiben ihn eine zeitlang allein und suchen dann, wenn gesicherte Betriebsdaten vorliegen, weitere Investoren.

Was halten Sie von der Argumentation, die Yieldco helfe bei risikoscheuen Investoren? So schrieb PNE-Vorstandsvorsitzender Martin Billhardt im Januarheft von ERNEUERBARE ENERGIEN: PNE packe in eine Yieldco mehrere fertige Projekte ein, und streue so das Risiko für die Anleger. Die erhalten dann weniger Rendite, aber ein Angebot mit hoher Sicherheit.

Friedrichsen: Aber auch darin steckt doch ungeachtet der Theorie ein großes Risiko. Wer kann denn heute wissen, welche Bedingungen 2016 herrschen, um heute schon eine Risikoabschätzung für PNE zur Gründung der Yieldco zu treffen. Wir wissen nicht einmal wie die Windverhältnisse sein werden, geschweige denn, ob die Zinsen auf dem Geldmarkt nicht doch wieder steigen werden und damit für Anleger auch bessere Anlage-Alternativen eröffnen.

Die Yieldco könnte auch Antwort auf einen Trend sein: Kleinere Stadtwerke setzen nun auf geringe Renditen und schließen sich Windpark-Projektierungen größerer Energieversorger an. Die PNE-Yieldco zielte so darauf, eine potenzielle, aber wegdriftende Klientel zurückzuholen.

Friedrichsen: Das wäre ein interessanter Gedanke. Aber ein Stadtwerk oder selbst ein großer Energieversorger könnten sich ja auch direkt an PNE beteiligen. Mit PNE und WKN sind zwei erfolgreiche Entwicklungsteams zusammen gegangen. Für deren Potenzial interessieren sich durchaus einige Marktteilnehmer. Aber der dem Vorstand nahe stehende Aufsichtsratsvorsitzende hat mir klipp und klar mitgeteilt: die PNE wolle keine solchen Investoren. Er sagte dabei auch, dass die PNE mich im vorigen Jahr als größeren Aktionär akzeptiert habe, sei ein großer Fehler gewesen. Ich schließe daraus, dass der Vorstand auf große Aktionäre verzichten will, da diese eher dazu in der Lage sind, kritische Fragen zu stellen.

Wie steht es dann aber mit ihrem zweiten Kritikpunkt, dem Offshore-Geschäft? Sie wussten doch, dass Sie WKN an ein in der Meereswindkraft schon lange aktives Unternehmen verkauften!?

Friedrichsen: Ja, aber als wir im  April 2013 zusammengingen, war die Situation noch anders. Damals kam Martin Billhardt zu mir. Er wusste, dass ich verkaufen möchte. PNE schwimme im Geld, nachdem das Unternehmen soeben seine Offshore-Projekte an den dänischen Energieversorger Dong verkauft hatte. Ich selbst hatte von diesem Deal gelesen. Der Verkauf der Projekte an Dong hat damals viele verblendet, mich auch. Ich selbst hatte mich vor dem Offshore-Geschäft immer gescheut. Beim Verkaufsabschluss hatten wir dann als Geschäftsgrundlage verabredet, dass mit dem bei PNE offenbar vorhandenen Kapital auch WKN für den Ankauf weiterer anentwickelter Projekte besser ausgestattet werden muss. 2013 hatte PNE bereits eine umfangreiche Anleihe in Höhe von 100 Millionen Euro aufgelegt. Mit zehn bis fünfzehn Millionen Euro an zusätzlichem Kapital hätte WKN nun ausgestattet werden sollen. Leider hatten wird das nur besprochen und nicht schriftlich vereinbart. Als der WKN-Verkauf abgewickelt und die 100-Millionen-Anleihe abgeschlossen waren, erzählte mir Billhardt, anentwickelte Projekte des insolventen Offshore-Offshore-Windparkprojektierers Bard gekauft zu haben. Dass diese durch politische Blockade inzwischen keine Baugenehmigung mehr erhalten, dafür kann Martin Billhardt nichts. Aber: Man kann eben nicht reich werden ohne Risiken. Hier werden 30 bis 40 Millionen Euro abgeschrieben werden müssen. Das steht zwar auch im Quartalsbericht, aber etwas versteckt – und wer liest das dann schon?

Das Tischtuch zwischen Ihnen als Haupteigentümer mit 15 Prozent der Aktien und dem Vorstand ist also zerschnitten.

Friedrichsen: Ob Martin Billhardt die Geschäfte weiter führen soll, muss ein neuer Aufsichtsrat entscheiden.

Manche geben Ihnen angesichts der geringen Beteiligung an der Hauptversammlung im vergangenen Jahr von nur 30 Prozent des Aktienkapitals Chancen, sich durchzusetzen.

Friedrichsen: Dieses Mal wird die Präsenz sicher höher sein. Der Vorstandsvorsitzende reist ja seit Monaten zu den Investoren. Ich (dagegen, die Redaktion) werde von Kleinaktionären angeschrieben. Momentan lassen sich die Mehrheitsverhältnisse auf der Hauptversammlung noch nicht abschätzen.

Das Gespräch führte Tilman Weber

weiter zum Hintergrund: In den Aufsichtsrat ist Friedrichsen Anfang 2014 noch vor Ausbruch des Konflikts gewählt worden. Die zwei mit ihm neu gewählten Aufsichtsratsmitglieder Astrid Ziehlke und Peter Baron von le Fort halten zu ihm. Die übrigen drei Aufsichtsratsmitglieder Dieter K. Kuprian, Horst Kunkel und Reza Abhari stehen als bereits langjährige Angehörige des Gremiums Billhardt nahe. Weil Kuprian aber zugleich den Aufsichtsratsvorsitz innehat, gibt er in dieser Pattsituation mit seiner Stimme dann bei allen strittigen Entscheidungen den Ausschlag für die Geschäftsführung bei PNE. Die Aktionärsversammlung muss sich mit drei Anträgen zur Abwahl von dem jeweils einen oder dem anderen Teil befassen. Denn auch die Deutsche Balaton AG hat als Aktionärin einen Antrag zur Abwahl der Vorstands-nahen Aufsichtsratshälfte eingereicht – sich aber zugleich gegen die Gegenkandidaten der Friedrichsen-Seite ausgesprochen. Die Deutsche Balaton AG besitzt nach eigenen Angaben Aktienmengen für 1,7 Prozent der Stimmrechte. Die Geschäftsführung von PNE hat nun die Abwahl der Friedrichsen-Seite aus dem Aufsichtsrat beantragt. Friedrichsen, Ziehlke und Baron von le Fort verlangen die Abwahl der anderen Aufsichtsratshälfte.

Die Aktionärsstruktur bei PNE besteht aus überwiegend Kleinst- und Kleinanlegern. Die größeren kleinen Anleger besitzen Anteile von mehreren Prozenten, von ihnen wird vermutet, dem PNE-Geschäftsführer Martin Billhardt nahe zu stehen. Zumindest einzelne davon haben noch im Mai ihre Stimmanteile erhöht. Ein Versuch Friedrichsens, seine Stimmanteile zu erhöhen, scheiterten hingegen. Mit knapp 15 Prozent der Stimmanteile ist er unangefochtener Großaktionär.

Die Auseinandersetzungen bei PNE lassen indes kaum ein Thema aus. Dabei stehen oft die Positionen diametral einander gegenüber. So wirft Friedrichsen PNE vor, wegen schlechter Offshore-Geschäfte und einem missglückten Kapitalerhöhung für den Aufbau einer Yieldco genannten Investitions- und Beteiligungsgesellschaft 17 Millionen Euro Verluste erzeugt zu haben. Billhardt beschuldigt hingegen Friedrichsen beim Verkauf seiner Firma WKN im Jahr 2013 durch falsche, irreführende Bewertungen von 15 WKN-Windkraftprojekten einen Schaden um 17 Millionen Euro bei PNE erzeugt zu haben. In einer Millionen Euro schweren Klage gegen Friedrichsen versucht PNE den angeblichen Schaden auszugleichen. Die Bilanz für das Geschäftsjahr 2014 weist ein Betriebsergebnis von 2,7 Millionen Euro aus. Der Jahresüberschuss der PNE Wind AG lag bei vier Millionen Euro. Eine Dividende schüttete das Unternehmen allerdings nicht aus. Einschließlich dieses Jahres 2014 will PNE allerdings bis 2016 ein Betriebsergebnis in Höhe der zuvor festgelegten Erwartungen von mindestens 110 Millionen Euro erreichen. Noch unmittelbar vor der Hauptversammlung gab PNE am Samstag außerdem den Verkauf seiner britischen Projekte für 140 Millionen Euro bekannt. Aktionäre bewerteten den Deal als gut, die Aktien zogen an.

Auch bei anderen Streitpunkten stehen Behauptung gegen Behauptung. So erklärt Friedrichsen, eine mündlich zugesagte Ausstattung des Unternehmensteiles WKN nach der Übernahme durch PNE mit 10-15 Millionen Euro sei ausgeblieben. PNE erklärt hingegen, das Unternehmen habe „wie vereinbart die WKN durch finanzielle Mittel in Höhe von 10 Millionen Euro unterstützt.