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Stromkrise in Frankreich

Nukleares Desaster führt in energiepolitische Sackgasse

Wie das französische Wirtschaftsministerium am Dienstag mitgeteilt hat, ist der Staat im Moment offenbar zu einem Kauf der restlichen noch bei Kleinanlegern verbliebenen EDF-Aktien für 12 Euro pro Stück bereit. 9,7 Milliarden Euro würde Frankreich für die Übernahme des überwiegend staatlichen und die französische Atomkraft dominierenden Energiekonzern EDF bezahlen. Dass Paris so zum Griff in die eigene Tasche bereit ist, ist der Unfähigkeit des Energieunternehmens zuzuschreiben, die Atomenergienutzung des Landes mit einem Anteil an der Stromversorgung des Landes von weiterhin 70 Prozent aufrecht zu erhalten und dafür wie von der Regierung gewünscht eine Vielzahl neuer modernerer Atomkraftwerke zu bauen.

Noch immer ist EDF auf der Endlosbaustelle des Atomkraftwerks Flamanville eingespannt, wo der erste europäische Reaktor mit moderner Druckwassertechnologie der sogenannten dritten Generation entstehen soll. Allerdings ist Frankreich und damit der Atomkraftkonzern schon zehn Jahre im Rückstand im Vergleich zum ursprünglich vorgesehenen Jahr der Fertigstellung 2012. Ein finnischer Reaktor dieser sogenannten EPR-Technologie war 2021 nach gleichwohl ebenfalls sehr langer Bauzeit in Betrieb gegangen. Dessen Kosten haben sich von 3,3 auf derzeit berechnete 19 Milliarden Euro fast versechsfacht. Und aktuell stehen von den 56 in Frankreich betriebenen Atomenergie-Reaktoren mehr als die Hälfte still. Weil darunter auch viele große Anlagen sind, war beispielsweise im April nur noch 37 bis 54 Prozent der Atomkraft-Erzeugungskapazität am Netz. Nicht verwunderlich mag daher sein, dass sich EDF in bedenklicher finanzieller Schieflage befindet.

Verantwortlich für den Ausfall der Atomreaktoren im Betrieb ist zum einen ihr hohes Alter. Sie sind im Schnitt mehr als 35 Jahre alt. Sieben Meiler sind sogar mehr als 40 Jahre im Betrieb. Die Störanfälligkeit der Altanlagen sowie Probleme mit Korrosion bei zwölf jüngeren Anlagen und nun auch noch der heiße Sommer mit zu warmen und zu wenig Wasser führenden Flüssen für eine ausreichende Kühlung der Anlagen senken die zur Verfügung stehenden Erzeugungskapazitäten zudem weiter ab.

Frankreich hatte unter der vorigen Regierung des sozialistischen Präsidenten François Hollande kurz vor Ende von dessen Amtszeit sich auf eine Reduzierung des Atomkraftschwerpunktes in der Versorgung festgelegt. Hollandes Regierung hatte noch 2017 einen Beschluss zur Abschaltung vieler älterer Meiler durchgesetzt. Nach der Amtsübernahme bekannte sich Hollande-Nachfolger Emmanuel Macron zu diesem Ziel. Doch inzwischen hat er sich davon wieder distanziert, um schließlich 2021 öffentlich erst den Bau angeblich flexibel einsetzbarere Mini-Reaktoren anzudenken – gemäß einer zuvor im US-Präsidentenwahlkampf verbreiteten Vision – und Anfang 2022 sogar den Bau von weiteren Druckwasserreaktoren anzukündigen. Bis 2050 sollten sechs dieser EPR-Anlagen entstehen, weitere Projekte seien in Prüfung, hatte Macron dazu im Februar gesagt.

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