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Österreich: ElWG legt neue Rechte und Pflichten für Photovoltaik und Speicher fest

Eines der wichtigsten Ereignisse in diesem Jahr für die österreichische Photovoltaik- und Speicherbranche war die Verabschiedung des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) durch den Nationalrat. Auch das Ländergremium hat schon zugestimmt. Wenn der Bundespräsident das Gesetz unterschrieben hat, kann es in Kraft treten. Es ersetzt dann das bisherige Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) aus dem Jahr 2010.

Netzentgelt für eingespeisten Solarstrom

Insgesamt 190 Paragraphen umfasst das neue ElWG. Der Branchenverband PV Austria hat die wichtigsten Änderungen für die Photovoltaik und für den Bau und Betrieb von Speichern zusammengefasst. So müssen die Betreiber von größeren Photovoltaikanlagen ab 2027 Netzentgelte bezahlen, wenn sie Strom einspeisen. Versorgungsinfrastrukturbeitrag betitelt es die Bundesregierung euphemistisch in Paragraph 75a des ElWG. Diese Regelung gilt für Betreiber von Solaranlagen mit einer netzwirksamen Leistung von mehr als 20 Kilowatt – sowohl für neu gebaute als auch für schon bestehende Generatoren. Das Netzentgelt liegt bei 0,05 Cent pro Kilowattstunde. Davon befreit sind Energiespeicher für die ersten 20 Betriebsjahre. Voraussetzung ist, dass sie  systemdienlich betrieben werden.

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Netzbetreiber dürfen Einspeisung begrenzen

Zudem bekommen die Netzbetreiber die Möglichkeit, die Produktionsspitzen von neu ans Netz angeschlossenen Solaranlagen zu kappen. Dies gilt auch für Anlagen, deren Netzzugang neu festgelegt oder geändert wurde. Auch Anlagen, deren befristeter, flexibler Netzzugang abläuft, sind von dieser Regelung betroffen.

Netzentgelt für eingespeisten Solarstrom macht abhängig

Bei Netzengpässen kann der Netzbetreiber die Einspeisung auf 70 Prozent der installierten Modulleistung begrenzen. „Je nachdem, ob der Netzbetreiber die Photovoltaikanlage bereits ansteuern kann oder nicht, erfolgt die Spitzenkappung dynamisch oder statisch“, beschreiben die Experten von PV Austria die Regelung. „Für Anlagenbetreiber hat das keine Auswirkungen auf den Eigenverbrauch, da der Strom im Gebäude weiterhin selbst genutzt und gespeichert werden kann. Lediglich die maximal mögliche Einspeisung wird begrenzt, was hilft, den Netzausbaubedarf zu reduzieren.“ Von dieser Regelung ausgenommen sind unter anderem neue Photovoltaikanlagen, deren netzwirksame Leistung sieben Kilowatt nicht übersteigt. PV Austria hat zu dieser Regelung ein separates Hinweispapier erstellt.

Über den Netzanschluss des Nachbarn einspeisen

Auf der anderen Seite bekommen die Anlagenbetreiber aber auch neue Rechte und die Möglichkeiten der Stromnutzung vor Ort werden erweitert. So bietet der Paragraph 64 ElWG neue Vermarktungsmöglichkeiten für den Sonnenstrom. So dürfen Anlagenbetreiber in Zukunft über eine direkte Stromleitung zwischen Erzeuger und Verbraucher die Energie aus dem Solargenerator auch über Grundstücksgrenzen hinaus verkaufen. Diese Regelung wird zusätzlich noch erweitert um die Möglichkeit, über den Zählpunkt des belieferten Verbrauchers Solarstrom einzuspeisen. Damit werden die bestehenden Netzanschlüsse effizienter genutzt.

Recht auf Einspeisung festgelegt

Außerdem legt das ElWG in den Paragraphen 69 und 130 das Recht auf Einspeisung des Solarstroms fest. So dürfen Betreiber von Anlagen bis 15 Kilowatt ihre gesamte Netzanschlussleistung nicht nur für den Bezug, sondern auch für die Einspeisung nutzen. Hat die Anlage eine Leistung von mehr als 15 Kilowatt, gilt dieses Recht bis zu 70 Prozent der Bezugsleistung am Standort des Generators. Möchte der Anlagenbetreiber mit höherer Leistung einspeisen, muss er dafür ein Netzanschlussentgelt in Form einer Pauschale bezahlen.

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Das österreichische Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) hält neben den neuen Vorgaben für die Erzeuger auch Neuregelungen für die Netzbetreiber parat. Die wichtigsten dieser neuen Rechte und Pflichten, die für die Photovoltaik und Speicher besonders relevant sind, hat der Branchenverband PV Austria zusammengestellt.

Messkonzepte standardisieren

So müssen die Netzbetreiber in Zukunft zusätzliche Abrechnungspunkte erlauben. Mit diesen – auch virtuellen – Zählpunkten können auch Hybride aus mehreren Erzeugungstechnologien und die Kombination von Stromerzeugung und Speicher genau abgerechnet werden, wo wie viel Energie erzeugt, genutzt und gespeichert wird. Außerdem legt der Paragraph 110f fest, dass in ganz Österreich einheitliche Messkonzepte festgelegt werden müssen. Damit soll die Abrechnung von Strommengen bundeseinheitlich standardisiert werden.

Mehr Transparenz im Verteilnetz

Überdies müssen alle Verteilnetzbetreiber auf Basis von Paragraph 117 eine gemeinsame Internetplattform schaffen, auf der sie gebündelt die wichtigen Informationen zu ihrem Netz bereitstellen. Dabei geht es unter anderem um eine Transparenz, wo noch Netzanschlüsse für Solaranlagen und Speicher verfügbar sind und welche Vorgaben die Anlagen erfüllen müssen, um ans Netz angeschlossen zu werden. Dadurch können sich Anlagenplaner einfacher über die geltenden Vorgaben informieren, wo ein geeigneter Standort für den Bau einer Solaranlage oder eines Speichers ist. Auch Gebäudeeigentümer und Gewerbetreibende haben so mehr Transparenz, ob und unter welchen Bedingungen an ihrem Standort Anlagen angeschlossen werden können.

Netzausbauplan veröffentlichen

Da auch die Netzausbauplanung auf der Internetplattform veröffentlicht werden muss, ist es auch möglich, schon vorher die Anlage zu planen, um einen Anschluss an ein ausgebautes Netz zu bekommen. Eine zusätzliche Verpflichtung zur Vorlage eines Netzausbauplans hält Paragraph 118f bereit. Demnach müssen Verteilernetzbetreiber mit mehr als 1.000 angeschlossenen Zählpunkten künftig einen zehnjährigen Netzentwicklungsplan erstellen und veröffentlichen. Die Experten von PV Austria sehen hier nicht nur mehr Transparenz für die Planer von Solaranlagen. Diese Veröffentlichungspflicht erleichtere auch eine besser abgestimmte Planung zwischen den Netzbetreibern.

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Dazu kommt noch, dass laut Paragraph 99 die Netzbetreiber nicht mehr nur die freien und reservierten Netzanschlüsse offenlegen müssen. Sie müssen diese auch getrennt nach Erzeugungstechnologien und angeschlossenem Energiespeicher ausweisen. Damit können die Planer von Solaranlagen sehen, ob sie eventuell noch Kapazitäten in einem Netz nutzen können, das vielleicht schon von einem Windkraftwerk mit ihrem zur Photovoltaik komplementären Erzeugungsprofil genutzt wird.

Smart-Meter-Werte für die Netzplanung nutzen

Das ElWG hält aber nicht nur neue Pflichten, sondern auch neue Möglichkeiten für die Netzbetreiber bereit. So dürfen diese laut Paragraph 57 in Zukunft die viertelstündlich aufgelösten Werte aus Smart Metern auch für den Betrieb und die Ausbauplanung des Netzes nutzen. Denn mit den Daten der intelligenten Messsysteme haben sie mehr Informationen, wie ihr Netz wo ausgelastet ist. Sie können so den volatil erzeugten Ökostrom auch besser ins Netz integrieren.

Erzeugungsanlagen ansteuern

Zur besseren Integration des Ökostroms dürfen die Netzbetreiber laut Paragraph 76 ab Juni 2026 alle Erzeugungsanlagen mit einer Leistung von mehr als 3,68 Kilowatt ansteuern. Die Anlagenbetreiber müssen entsprechende technische Einrichtungen nachrüsten. Welche konkreten Schnittstellen nachzurüsten sind, wird noch einheitlich festgelegt. Für kleinere Anlagen gilt dies optional und nur, wenn die Anlagenbetreiber das ausdrücklich wünschen. Dann muss der Netzbetreiber die Ansteuerung dieser kleinen Anlagen ab 1. Januar 2030 ermöglichen. Der Vorteil für die Anlagenbetreiber ist, dass die Netzbetreiber die Generatoren zwar abregeln können, wenn zu viel Solarstrom im Netz ist. Sie können aber auch die Einspeisung des kompletten Solarstroms zulassen, wenn ausreichend Kapazitäten im Netz vorhanden sind.

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Ein weiterer Vorteil ist, dass die Anlagenbetreiber auch am neuen Handel mit Flexibilitäten teilnehmen können. Einen entsprechenden Marktplatz müssen die Netzbetreiber schaffen. Wie dieser Marktplatz geregelt werden muss, legt der Paragraph 139 fest. Konkret müssen die Netzbetreiber in Zukunft die Flexibilitäten auf einem freien Markt beschaffen, um auf Veränderungen von Einspeisung und Verbrauch reagieren zu können. Diese Beschaffung und Vermarktung von Flexibilitäten können auch Aggregatoren übernehmen. Diese bündeln die Flexibilität von vielen kleineren Erzeugungsanlagen und Speichern zu einem virtuellen Kraftwerk und bieten dieses mit seiner aufsummierten Leistung am Markt an.

Netzzugänge flexibilisieren

Zusätzlich dazu bietet Paragraph 103 die Möglichkeit von flexiblen Netzzugängen. Das heißt, Netzbetreiber und Anlagenbetreiber können sich darauf einigen, dass der Solargenerator mit verminderter Leistung schon einspeisen kann, auch wenn das Netzzugang noch nicht entsprechend mit ausreichend Leistung versehen wurde. Ist das Netz ausgebaut, kann die Einspeiseleistung erhöht werden.

Bedingungen für den Netzanschluss vereinheitlichen

Der Paragraph 93 ist für die Planer und Errichter von Solaranlagen von immenser Bedeutung. Denn in Zukunft wird nicht mehr jeder einzelne Netzbetreiber seine eigenen Vorgaben für den Anschluss der Solaranlagen festlegen können. Vielmehr legt die E-Control Austria den Inhalt der allgemeinen Netzbedingungen für alle Verteilernetzbetreiber einheitlich per Verordnung fest. Damit müssen die Anlagenplaner, die im Bereich von mehreren unterschiedlichen Verteilnetzbetreibern bauen, nicht mehr auf viele verschiedene Regelungen achten. Dies bedeutet mehr Klarheit und weniger Komplexität, wie die Analysten von PV Austria betonen.