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Schiedsgerichte: Energiewirtschaft darf Reformen nicht von außen bekämpfen  

Die zweithöchste deutsche Instanz beendete die Versuche der drei Unternehmen Mainstream Renewables, RWE und Uniper sich in internationalen nichtstaatlichen Schiedsgerichtsverfahren gegen neue Gesetze der Niederlande und Deutschlands durchzusetzen beziehungsweise Entschädigungen für ausgefallene Geschäfte zu erstreiten. So hatten die beiden deutschen Energiekonzerne gegen das Gesetz der Niederlande von 2019 geklagt, bis 2030 aus der Kohlestromerzeugung auszusteigen. Die Energieriesen und früheren oder Noch-Kohlestromerzeuger RWE und Uniper wollten vom niederländischen Staat zusammengerechnet Entschädigungen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro dafür bekommen, dass die RWE-Investitionen durch das niederländische Kohle-Aus in Kraftwerke nicht die zum Investitionszeitpunkt errechneten Betriebsjahre und entsprechende Erträge einspielen können. Uniper war 2016 als Ausgründung für einen Großteil des fossilen Kraftwerksgeschäfts des RWE-Konzerns entstanden. Infolge der Ende 2022 erfolgten Verstaatlichung beim pleitebedrohten Uniper durch die Bundesrepublik, hatte Uniper danach allerdings seine Ansprüche bereits weitgehend aufgegeben. Das irische Offshore-Windkraft-Unternehmen Mainstream Renewables hatte derweil vor der von der Energiewirtschaft mitorganisierten Schiedsgerichtsbarkeit gegen die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) von 2012 geklagt. Die auf eine langsamere Offshore-Windenergie-Entwicklung zielenden damaligen Reformen hätten fortgeschrittene Projekte des Unternehmens aus dem Rennen genommen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in der letzten Juliwoche nun sich dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) von 2021 grundsätzlich angeschlossen, dass Unternehmen aus einem Land in der Europäischen Union (EU) nicht gegen Gesetze in anderen EU-Ländern vor den Schiedsgerichten vorgehen dürfen. Damit folgte der BGH der mehrmals vom EuGH schon geäußerten Position, dass sich weder Staaten noch Unternehmen im Falle von EU-internen rechtlichen Auseinandersetzungen durch die Schiedsverfahren aus dem europäischen Recht ausklinken können. Bei rechtlichen Konflikten müssten dann nationale oder EU-Richter entscheiden. Der BGH war im Falle von RWE und Uniper sowie Mainstream Renewables tätig geworden, nachdem die Bundesrepublik und die Niederlande in beiden Fällen vor untergeordneten deutschen Gerichten gegen die in den USA erstrittenen vorausgegangenen Schiedsurteile vorgegangen war, die beiden deutschen Gerichte aber zu sich widersprechenden Ergebnissen gekommen waren.

Der Einfluss der Schiedsgerichte auf die Energie- und Klimagesetzgebung war infolge der Energiecharta-Verträge der EU von Anfang der 1990-er Jahre im Jahr 1998 wirksam geworden. Seither zogen mehrere Energiekonzerne bereits vor die Schiedsgerichte. So musste die Bundesrepublik den schwedischen Energiekonzern Vattenfall 2021 wegen des Atomenergieausstiegs mit 1,4 Milliarden Euro entschädigen, nachdem ein Schiedsurteil einen Vergleich erbracht hatte. Der jetzige BGH-Spruch besagt im Detail, dass EU-Staaten gegen Schiedsurteile in EU-internen Konfliktfällen klagen könne, lässt allerdings ein kleines Fenster auch dann noch offen: Grundsätzlich lässt der BGH die Schiedsverfahren auch dann noch weiterhin zu und plädiert damit letztlich für gerichtliche Einzelfallentscheidungen. Aufgrund der Konflikte kündigten bereits mehrere Länder, auch Deutschland, ihren Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag an. Die Energiecharta-bezogenen Verträge sichern allerdings ab, dass die Schiedsgerichtzuständigkeit danach noch einige Jahre in Kraft bleibt.

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