Bundeskanzler Merz, selbst bekennender Windkraftskeptiker, im Juli auf dem Baufeld des kommunalen Vorzeigewindparks Sundern in seinem Wahlkreis Hochsauerlandkreis mit Vertretern der Projektpartner. „Dieses Landschaftsbild zu erhalten ist genauso wichtig wie solche Anlagen“, sagte er dem WDR.
Der Kleinstadt Sundern gelingt durch kommunales Engagement sowie eine faire und kluge Partnerschaft die Energiewende vor Ort. Sie stemmt einen großen Windpark mit 67 Megawatt.
Die Stadt Sundern im Hochsauerlandkreis mit rund 28.000 Einwohnern baut in Zusammenarbeit mit der Stadtwerkekooperation Trianel den größten kommunalen Windpark in Nordrhein-Westfalen und setzt ein Zeichen für selbstbestimmte Energieversorgung, Klimaschutz und lokale Wertschöpfung. Das im Februar 2023 in Kraft getretene Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) hatte unter anderem Flächenziele für die Bundesländer vorgeschrieben. Hierüber werden letztlich alle Gebietskörperschaften, die Städte und Gemeinden, einen Beitrag zur Energiewende leisten. Bis Ende 2032 müssen gemäß WindBG 1,8 Prozent der Fläche des Landes Nordrhein-Westfalen für den Ausbau der Windenergie zur Verfügung stehen, dies entspricht 61.402 Hektar. In Südwestfalen, also der Planungsregion Arnsberg mit den Kreisen Soest, Olpe, Siegen-Wittgenstein, dem Märkischen Kreis und dem Hochsauerlandkreis, wurden daraufhin über Änderungsverfahren zum Regionalplan schon 13.744 Hektar als Windenergiebereiche ausgewiesen. Die von einer Mittelgebirgslandschaft geprägte Region stellt damit fast ein Viertel, 22,4 Prozent, des landesweiten Gesamtbedarfs. Im Gebiet der Stadt Sundern wurden 1.276 Hektar für Windenergie ausgewiesen, was 6,6 Prozent der Gemarkung entspricht. So liegt der Flächenbeitrag in Sundern klar über dem Durchschnitt.
Die Stadt Sundern hat zunächst ein Konzept erstellt, um sowohl steuernd als auch partizipierend am Ausbau der Windenergie teilhaben zu können. Eigene gut geeignete und planerisch ausgewiesene Flächen sind vorhanden. Aber als Kommunalverwaltung ein solches Projekt ohne Erfahrung starten? Doch schnell waren mit den Stadtwerken aus dem nahegelegenen Brilon, die selbst schon Windparkprojekte betreut haben, der heimischen Volksbank Sauerland und der benachbarten Vereinigten Sparkasse im Märkischen Kreis kompetente Partner gefunden, um zusammen das notwendige Expertenwissen aufbringen zu können.
55 Tausend Haushalte versorgt der Windpark Sundern (67 Megawatt) ab 2027 rechnerisch mit Strom. Für die Heime der 28.000 Bewohner der Sauerland-Kleinstadt reicht wohl ein Viertel. Die Kommune stemmt das Projekt durch ausgewogene Partnerschaften. Drei der zwölf Anlagen betreibt die neue Sundern Energie GmbH, an der die Stadt die Hälfte hält.
Die Idee dahinter: Nicht nur einen Beitrag zur Energiewende und -versorgung leisten, sondern auch ein klares Bekenntnis zur lokalen Verantwortung abgeben. Davon war auch die Lokalpolitik überzeugt. Noch 2023 fasste der Stadtrat einstimmig den Beschluss, eine eigene Gesellschaft zur Umsetzung und zum Betrieb eines Windparks zu gründen. Im April 2024 ging die Sundern Energie GmbH an den Start. Gesellschafter wurden die vier Partner. Die Stadt Sundern wird zunächst 50 Prozent der Gesellschaftsanteile halten. Die Stadtwerke Brilon sind mit 25 Prozent beteiligt. Die beiden Banken haben jeweils 12,5 Prozent der Stammeinlagen übernommen.
Kommunale Gesellschafter mit Expertise
Zentraler Erfolgsfaktor war die Zusammensetzung der GmbH. Mit den Gesellschaftern der Sundern Energie, die alle einen kommunalen oder genossenschaftlichen Hintergrund haben, holte sich die Stadt gezielt Fachleute aus den Bereichen Versorgung, Finanzierung und Verwaltung ins Boot. Dazu gesellte sich der Glücksfall, dass im südlichen Stadtgebiet die kommunale Trianel Wind und Solar bereits auf einer vom Borkenkäfer geschädigten Waldfläche zwölf Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 67 Megawatt (MW) projektierte.
Dieser Windpark setzt die Trianel-Projektierung um. Er entsteht komplett auf städtischer Fläche, ohne sie damit schon komplett auszunutzen. Der Windpark soll perspektivisch rund 200 Millionen Kilowattstunden pro Jahr erzeugen können und nach der Inbetriebnahme ab 2027 mehr als 55.000 Haushalte mit grünem Strom versorgen. Drei der zwölf Anlagen kauft die Sundern Energie, während Trianel Wind und Solar als Dienstleister dabeibleibt.
Durch den kommunalen Hintergrund des Trianel-Unternehmens – an der neben der Trianel GmbH auch 20 Stadtwerke aus ganz Deutschland beteiligt sind – eint die beteiligten Akteure die nachhaltige Daseinsvorsorge als Ziel. Aus intensiven Gesprächen entwickelte sich ein Kooperationsmodell: ein gemeinsamer kommunaler Windpark, einheitlich technisch geplant, gebaut und betrieben, aber doch als eigenständige Investitionen und wirtschaftlich unabhängig getragen.
Die Stadt Sundern entwickelt aktuell noch Modelle der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.
Wertschöpfung und Akzeptanz vor Ort
Mittlerweile schreitet der im März 2025 begonnene Bau zügig voran. Ab Ende 2026 sollen die Anlagen in Betrieb gehen.
Gerade im Bereich der Windenergie im Wald ist die Akzeptanz vor Ort oft ein kritischer Punkt. Unbestritten, Großprojekte dieser Art haben nicht nur Befürworter. Windenenergieanlagen sind sichtbar und führen zu einer neuen Prägung des Landschaftsbildes. Umso wichtiger ist es, die Ziele, den Nutzen und den Mehrwert für die Region hervorzuheben. Lokale Unternehmen führen die Bauarbeiten aus. Kommunen als Keimzellen des örtlichen Gemeinwesens tragen das Projekt. Wertschöpfung findet vor Ort statt und bleibt in der Region. Und auch wenn das in Nordrhein-Westfalen geltende Bürgerenergiegesetz in diesem Projekt noch nicht Anwendung findet, wurden Formen der finanziellen Beteiligung daraus bereits berücksichtigt.
Konkret sieht das Konzept vor, dass nach Möglichkeit lokale und regionale Unternehmen beauftragt werden. Trianel nutzt zudem freiwillig die Möglichkeiten des Paragrafen 6 im Erneuerbare-Energien-Gesetz: Standort-Kommunen und damit die Bürgerinnen und Bürger vor Ort werden von einer freiwilligen Zuwendung in Höhe von 0,2 Cent pro erzeugte Kilowattstunde (kWh) profitieren. Bei der prognostizierten Strom- erzeugung von 200 Millionen kWh bedeutet das eine zusätzliche Summe von bis zu 400.000 Euro jährlich. Die Stadt selbst entwickelt aktuell noch Modelle der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.
Einstiegspfad in die Windkraft bereitet
Dass eine Stadt dieser Größenordnung ein solches Projekt in Eigenregie umsetzt, ist bislang selten – aber es ist möglich, vor allem mit den richtigen Partnern. Und es ist notwendig, damit Klimaneutralität als auch kommunale Aufgabe nicht nur ein Ziel auf dem Papier bleiben muss.
Die Stadt Sundern und die örtlichen Stadtwerke planen mit dem Projekt indes auch den fachlichen Einstieg in die Windkraft: Aktuell ist der Kämmerer der Stadt Sundern Geschäftsführer der Sundern Energie GmbH. Die Stadtwerke sollen langfristig das Thema Windenergie in ihr Aufgabenportfolio aufnehmen. Personell wird der kaufmännische Bereichsleiter der Stadtwerke hierfür vorgesehen.
Autor:
Michael Stratmann, Kämmerer Stadt Sundern und Geschäftsführer Sundern Energie GmbH
Baufeld des Windparks Sundern, hier planen Stadtwerke-Gemeinschaftsunternehmen Trianel, Stadt Sundern und die regionalen Einheiten von Sparkassen und Volksbank einen 67-Megawatt-Windpark mit zwölf Enercon-Anlagen vom Typ E-160-5,56 Megawatt. Geplante Inbetriebnahme ist Ende 2026.
Anfang Juli auf dem Baufeld des Windparks Sundern vor Baggerschaufel, von links nach rechts: Holger Böse, städtischer Fachbereichsleiter Stadtentwicklung, Bundeskanzler Friedrich Merz, Bürgermeister Klaus-Rainer Willeke, Erste Beigeordnete Jacqueline Bila und Kämmerer Michael Stratmann, der auch Geschäftsführer der Sundern Energie GmbH ist.
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