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Jülicher Mobilitätswende für Züge und Busse

Bis 2050 möchte die Europäische Union klimaneutral werden. Dem Kreis Düren in Nordrhein-Westfalen geht das zu langsam – schon 2035 möchte man dieses Ziel erreichen. Als eine Maßnahme sollen Busse und Bahnen in Zukunft mit Wasserstoff fahrwasseren. Das leichteste aller chemischen Elemente kann klimaneutral in einem Elektrolyseur gewonnen werden, der Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff spaltet. Das ist aber nur gut fürs Klima, wenn der Strom für den Elektrolyseur aus Sonnenlicht oder Windkraft kommt. Dieser wird im Solarpark Merscher Höhe in Jülich erzeugt, eines der größten Solarkraftwerke in Deutschland. Etwa 17.000 Photovoltaikmodule auf 9,5 Hektar Fläche leisten 9,2 Megawatt und sammeln über das Jahr 9,7 Gigawattstunden Energie für den Elektrolyseur.

Schäfer haben bereits Interesse bekundet, ihre Tiere in dem Solarpark weiden zu lassen.

Foto: Velka Botička

Schäfer haben bereits Interesse bekundet, ihre Tiere in dem Solarpark weiden zu lassen.

H₂ für Züge, Busse und ein Gewerbegebiet

170 Tonnen Wasserstoff sollen so im Jahr erzeugt werden, die bis zu 20 Züge und 170 Busse antreiben. Das sehr leichte Wasserstoffgas mit seiner geringen Dichte wird komprimiert und mit bis zu 350 bar Druck in vier Tanks gepresst, die auf mobilen Trailern zu umliegenden Tankstellen fahren. Später kann der Wasserstoff auch auf dem Brainergy-Gelände verbraucht werden, zum Beispiel als Zumischung zu Erdgas für Gebäudeheizungen. Brainergy ist ein Gewerbe- und Innovationspark im Kreis Düren mit einem Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien. Im Endausbau wird er 52 Hektar umfassen. Dort wollen die drei Gesellschafterkommunen Jülich, Niederzier und Titz innovative Unternehmen ansiedeln. Sieben Hektar sind für die Themen Neue Energie und Energiewende reserviert. Der Zentralbau – das Brainergy Hub – dient als Demonstrationsfläche für zukunftsträchtige Technologien rund um Energie, Wärme, Kälte und Wasserstoff.

Entwickelt, finanziert und gebaut hat den Solarpark die F&S Solar Service GmbH, Betreiber ist die Rurenergie. Für die Verankerung der Gestelle für die Module wurden spezielle Schraubanker verwendet, weil das Gelände, auf dem bis vor kurzem Funkmasten der Deutschen Welle standen, eine Kampfmittel-Verdachtsfläche ist. Hier wurde der Boden in den 1960ern meterdick mit Erde aufgeschüttet und mit metallenen Strukturen durchsetzt, sodass eine vorherige Sondierung nicht ausreichend möglich war. Um die Montageteams zu schützen, wurde auf das klassische Rammpfostenverfahren verzichtet, dessen Vibrationen hätten Blindgänger zur Explosion bringen können. Die 7.000 Verankerungen wurden ferngesteuert aus sicherer Entfernung anderthalb Meter tief in den Boden geschraubt und tragen die PV-Modulkonstruktion.

Alle Komponenten außer den Photovoltaikmodulen kommen aus Deutschland – die Wechselrichter von SMA und der Elektrolyseur von Siemens, sämtliche Kabel und Leitungen kommen von Lapp. Der Weltmarktführer für Kabel und integrierte elektrische Verbindungssysteme liefert 210 Kilometer Stringleitungen, sie verbinden immer 27 Module mit jeweils ca. 42 Volt Ausgangsspannung zu so genannten Strings. Jeweils 22 Strings sind an einen der 29 Schaltkästen parallel verknüpft, von dort geht es über 21 Kilometer DC-Hauptleitungen zu den Wechselrichtern. Für den Übergang ins Mittelspannungsnetz sorgen 5,5 Kilometer Wechselspannungskabel. Ebenfalls von Lapp sind 3,5 Kilometer Lichtwellenleiter zur Überwachung der Wechselrichter und zur Datenübertragung von der Wetterstation. Jeder String wird einzeln überwacht. Die gesamte Anlage ist kommunikationstechnisch nach Anforderungen des Netzbetreibers ausgestattet, damit dieser den Solarpark aus der Ferne regeln kann, etwa bei Stromüberschuss oder zur Stabilisierung des Netzes.

 170 Tonnen Wasserstoff sollen von einer 9,2-MW-PV-Anlagen erzeugt werden.

Kabel just in time auf die Baustelle

Vor allem die Lieferfähigkeit gilt als ein großes Plus von Lapp. Während die Planung eines Solarparks Jahre dauern kann – in Jülich waren es sechs Jahre – geht der eigentliche Bau vergleichsweise schnell. Im Durchschnitt steht die Anlage nach drei bis sechs Monaten, der sehr große Solarpark in Monte Cristi in der Dominikanischen Republik, wo die F&S Solar als Generalunternehmer und auch als Betreiber auftritt, brauchte acht Monate.

Das gelingt aber nur, wenn die Komponenten pünktlich auf der Baustelle eintreffen. Tatsächlich gibt es nicht viele Hersteller, die so große Mengen Kabel überhaupt liefern können. Für Monte Cristi erstellte Lapp sogar detaillierte Dokumente über den Inhalt der Container, damit die Zollbeamten sofort erkennen, dass es sich um Komponenten für erneuerbare Energien handelt, denn nur diese sind vom hohen Einfuhrzoll befreit.

Der Solarpark Merscher Höhe in Jülich ist für F&S Solar nur der Startschuss für weitere Projekte, die mit Sonnenstrom Wasserstoff erzeugen. Auch dann sollen die Kabel von Lapp kommen, vor allem weil bei dem Zulieferer alles aus einer Hand kommt.

Solarpark für Schafe

Weidefläche und Schatten: Auch die Tierwelt soll vom Solarpark Merscher Höhe profitieren. So gibt es Anfragen von Schäfern, die ihre Tiere zwischen den Photovoltaikmodulen weiden lassen möchten. Das lohnt sich für beide Seiten. Der Solarpark ist umzäunt, die Schafe sind darin vor Feinden geschützt, außerdem finden sie dort saftiges Gras, die Module dienen im Sommer als Schattenspender. Und der Betreiber des Parks spart sich das teure Mähen und Düngen. Anderswo gibt es schon positive Erfahrungen mit Schweinezucht. Auch bodenbrütende Vögel, die unter den Modulen nisten, fühlen sich dort wohl oder Eidechsen, für die eigens Steinhaufen angelegt werden. Außerdem sollen auf der Merscher Höhe Bienenstöcke aufgestellt werden.

Autor:
Michael Bodemer,
Leiter Vertrieb Erneuerbare Energie für die Region DACH, U.I. Lapp GmbH

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