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Wie sieht die Erde im Jahr 2191 aus?

Klimakatastrophe und Massensterben

Nicole Weinhold

Eine absolute Empfehlung für all diejenigen, die sich mit Klimaschutz beschäftigen und in ihrer Freizeit gern mal einen gut angelegten Science-Fiction lesen oder sehen. Das vorweg: Thore D. Hansen liefert mit "Die Reinsten" keine anspruchsvolle Belletristik. Wie schon bei Frank Schätzing kommen die Charaktere eher trivial daher mit ihren großen, strahlenden Augen und athletischen Körpern in hautengen Schutzanzügen.

Bereits im Jahr 2041 kam es zum Klimakollaps

Aber geschenkt. Denn der Wirtschaftsjournalist Hansen hat eine faszinierend detaillierte Dystopie für das Jahr 2191 geschaffen. Grob umrissen ist die Welt bereits um das Jahr 2041 in einen unkontrollierbaren Klimakollaps gelaufen. Was genau passiert ist, erfährt der Leser natürlich erst zum Schluss. Angenommen wird bis dahin, dass der Mensch eine mit dem Klima zusammen hängende Katastrophe nur in geringer Zahl überlebt hat. Eine Seuche hat dabei letztlich zum rasanten Massensterben geführt. Entsprechend verwaiste Chemie- und Atomkraftwerke sind havariert und haben zur Verstrahlung weiter Regionen geführt.

Arktiseis geschmolzen, Permafrostböden aufgetaut, Meere aufgeheizt

Die derzeit viel diskutierten Kipppunkte haben ein schnelles Abtauen des Arktiseises verursacht, Permafrostböden sind aufgetaut, Wüsten haben sich ausgebreitet. Der Planet hat sich so aufgeheizt, dass ein Leben außerhalb klimatisierter Biosphärenstädte kaum möglich ist.

Um eine Reflexion der Sonneneinstrahlung weiter zu gewährleisten und das Aufheizen des Meeres zu verhindern, wurden weite Teile der Arktis mit weiß reflektierender Folie bedeckt. CO2 wird mit speziellen Technologien aus der Atmosphäre gezogen und unter dem Meeresboden zwischen Gesteinsschichten verpresst - zumindest so lange, bis es wieder heraus bricht und einen weiteren Negativsprung für das Klima bedeutet. Die Meere sind warm und übersäuert. Korallen gibt es nur noch in Aufzuchtbecken.

Bessere Menschen per Implantat

Eine der Gruppierungen auf der Erde sind die sogenannten Reinsten, die per Implantat von einer Künstlichen Intelligenz namens Askit per Implantat zu besseren Menschen erzogen werden. Sie führen keine Kriege und beuten den Planeten nicht aus. Aber diese künstliche Intelligenz verleiht dem Ganzen eine George-Orwell-Note: Big Brother is watching you. Außerdem gibt es noch andere Gruppierungen, die weniger Vorzüge genießen als die Reinsten. Etwa die Kolonisten, die sich ohne die Unterstützung des Supercomputers außerhalb der Städte durchschlagen müssen und von den letzten Ressourcen der Welt vertrieben werden.

Den Planeten retten - am besten ohne Menschen?

Und dann kommt auch irgendwann die Frage auf, wer eigentlich die KI geschaffen hat – und mit welchem Auftrag sie versehen wurde. Wäre es möglich, dass Askit das Ziel hat, den Planeten zu retten - und dass dies am besten ohne Anwesenheit von Menschen gelingt? Hat die Menschheit aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt - und wird sie künftig verantwortungsvoll mit lebenswichtigen Ressourcen umgehen? Oder geht es darum, einer kleinen Elite das Leben in einer künstlichen Stadt unter der Erde zu ermöglichen? Eine ethisch inakzeptabel Auslese also. Lauter faszinierende Frage. Warum ist die Menschheit so dringlich darauf aus, in der Zukunft weiter zu bestehen, während der eigene Tod ohnehin unausweichlich ist? Die Erde braucht den Menschen nicht. Eher ist das Gegenteil zutreffend.

Lesen lohnt sich

Also: das Lesen lohnt sich, weil man genau solchen Fragen nachhängen kann. Und es tauchen immer wieder Sätze auf, die einfach schön sind. Wie diese: „Das Drama (der Titanic) im Eismeer habe ihm Folgendes klargemacht: Der Mensch versuchte, die Risiken der Technik durch noch mehr Technik zu beherrschen.“

Gebunden mit Schutzumschlag | 432 Seiten | € 22,00

Golkonda Verlag GmbH

ISBN 978-3-946503-90-3

Auch als E-Book erhältlich

ISBN 978-3-946503-91-0