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Umfrage vorgestellt

Klimaschutz: Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Katharina Wolf

Klimaschutz ist für viele Menschen in Deutschland mittlerweile ein wichtiges Thema. Und zumindest theoretisch sind viele bereit, ihr Leben zu verändern. Doch wie halten es die Menschen wirklich, wenn Klimaschutz auch Verzicht auf liebgewonnene Gewohnheiten bedeutet? Und welche Maßnahme bringt wirklich etwas?

Der Energieversorger Hamburg Energie wollte es genau wissen und ließ 1.000 repräsentativ ausgewählte Bürger der Hansestadt befragen. Das Ergebnis zeichnet ein spannendes Bild - zwar für Hamburg, doch dürften sich einige der Aussagen durchaus verallgemeinern lassen.

Ältere handeln schon jetzt klimafreundlicher

So zeigte sich: Wenn es darum geht, sich konkret klimafreundlich zu verhalten, sind vor allem die über 60-Jährigen ihren jüngeren Mitbürgern einen Schritt voraus. 57 Prozent von ihnen versuchen heute schon, auf Flugreisen zu verzichten (das tun nur 32 Prozent der 18- bis 39-Jährigen), 70 Prozent kaufen überwiegend regionale Lebensmittel ein (nur 41 Prozent bei den Jüngeren) und 76 Prozent vermeiden Einwegprodukte (54 Prozent der Jüngeren).

Jüngere sind dafür idealistischer: Verglichen mit ihren über 60-jährigen Mitbürgern gehen sie häufiger protestieren und geben ihre Stimme öfter einer Partei, die sich konsequent gegen den Klimawandel einsetzt. Außerdem erhofft sich ein Drittel der Befragten einen wirksamen Effekt davon, andere Menschen von klimabewusstem Verhalten zu überzeugen.

Die vier wichtigsten Tipps für effizienten Klimaschutz

Gleichzeitig klafft bei den Befragten offenbar eine große Lücke bei der Erkenntnis, welche Maßnahmen besonders viel zum Klimaschutz beitragen. „Es gibt Verhaltensweisen, mit denen ich wirklich effektiv etwas für die Verkleinerung meines persönlichen CO2-Fußabdrucks tun kann“, erläutert Umweltpsychologe Prof. Gerhard Reese von der Universität Koblenz-Landau.

Er nennt vier sogenannte Big Points für ein klimabewussteres Leben:

  1. die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs statt des Autos,
  2. der Bezug von Ökostrom,
  3. eine pflanzenbasierte Ernährung,
  4. der Verzicht auf Flugreisen.

Die Umfrage der Hamburg Energie ergab allerdings, dass lediglich für ein Viertel der Befragten ist ein Wechsel zu einem Ökostromanbieter zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine Option für mehr Klimaschutz ist. „Dieses Ergebnis zeigt, dass Ökostrom zu wenig Relevanz für den Klimaschutz beigemessen wird“, bedauert Geschäftsführer Michael Prinz. „Dabei kann ein durchschnittlicher Drei-Personen-Haushalt durch den Bezug von Ökostrom seine Klimabilanz aufbessern und jährlich bis zu zwei Tonnen CO2 einsparen. Es ist also ein kleiner Hebel mit großer Wirkung.“

Ältere können sich eher vorstellen, auf Auto oder Flugreisen zu verzichten, Jüngere essen vegan

Bei der Bereitschaft, ihr zukünftiges Handeln in den drei anderen Feldern klimafreundlicher auszurichten, schwanken die Ergebnisse abhängig vom Alter. So würden 47 Prozent der 40- bis 59-Jährigen, 40 Prozent der über 60-Jährigen, aber nur 27 Prozent der 18- bis 39-Jährigen komplett auf das Auto verzichten.

Knapp ein Drittel der Befragten ist bereit, vollständig auf Flugreisen zu verzichten, was zu 54 Prozent vor allem auf über 60-Jährige zutrifft. Von den 18- bis 39-Jährigen ist dazu nur rund ein Fünftel bereit. Hingegen ist die Bereitschaft bei Jüngeren größer, sich vegetarisch oder sogar vegan zu ernähren. Ein Viertel der 18- bis 39-Jährige kann sich dies vorstellen, im Gegensatz zu lediglich elf Prozent der über 60-Jährigen.

„Diese Ergebnisse sind höchst interessant, weil sie darauf hindeuten, dass Jüngeren der Verzicht im Bereich Mobilität besonders schwerfällt“, kommentiert Umweltpsychologe Reese die Ergebnisse. „Allerdings kann man ihnen dies schwerlich vorwerfen – sind sie doch in ein System hineingewachsen, in dem beispielsweise eine billige Flugmobilität erst möglich geworden ist.“ Ältere hätten noch erlebt, dass Flugreisen ein teures und besonderes Vergnügen waren, das man sich nur selten geleistet hat.

Die hier vorliegenden Ergebnisse bestätigten andere Studien, die gezeigt haben, dass sich Umweltengagement je nach Alter auf verschiedenen Ebenen abspielt, so Reese.