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Offshore-Ausbauziel 2030 

Meeresbehörde kartiert See für 30-Gigawatt-Ziel neu

Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hat mit einem Vorentwurf die Aktualisierung des Flächenentwicklungsplanes für Nord- und Ostsee zur Offshore-Windenergienutzung eingeleitet. Wie das BSH informierte, will es den ausgearbeiteten Entwurf zur Konsultation von Politik und Interessengruppen bis Mitte 2022 fertig haben. Dabei sieht es im Vorentwurf durch eine Neuaufteilung einiger Windparkeignungsflächen und die Kalkulation einer dort im Verhältnis zur Fläche höheren Turbinenleistung rund drei Gigawatt (GW) mehr Erzeugungskapazität vor, als noch im jüngsten Flächenentwicklungsplan 2020.

Mit dem neuen Plan reagiert das BSH sowohl auf den noch unter der alten Bundesregierung im September veröffentlichten neuen maritimen Raumordnungsplan, als auch auf den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung. Im Raumordnungsplan hatte das BSH in Zusammenarbeit mit dem Bundesinnenministerium durch eine angepasste Grobflächenplanung festgelegt, wie sich der geplante Ausbau der Offshore-Windkraft in Deutschland bis 2030 auf 20 GW Erzeugungskapazität verwirklichen lässt. Im Raumordnungsplan definieren die Planer somit, auf welchen Flächen der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) ab zwölf Seemeilen vor der deutschen Küste welche Nutzungen der Meeresflächen stattfinden dürfen. Während sie breite Zonen für die Schifffahrtsrouten und Fischerei freihalten und andere Zonen für die Rohstoffgewinnung, das Militär sowie für den Naturschutz, definieren sie vor allem auch Vorrang- und schon Vorbehaltsgebiete für Offshore-Windparks sowie Gebiete, die nur bedingt einen solchen Vorrang oder Vorbehalt für die Windenergienutzung erhalten.

Das Ausbauziel 20 GW wird allerdings womöglich bald überholt sein. Das reformierte Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) 2021 hatte Anfang dieses Jahres erst die 20-GW-Marke festgelegt, nachdem im WindSeeG vorher noch 15 GW für 2030 vorgesehen waren. Außerdem hatte die damalige Bundesregierungskoalition aus CDU/CSU und SPD im WindSeeG 2021 erstmals auch für 2040 eine Zielmarke definiert und sie auf 40 GW festgelegt. Der Einigungsvertrag der seit Dezember regierenden  neuen „Ampelkoalition“ aus SPD, FDP und Grünen aber verspricht bis 2030 schon 30 GW und sieht die 40 GW bereits fünf Jahre früher schon 2035 vor. 

Der neue Flächenentwicklungsplan soll nach Absicht des BSH „frühzeitig dazu bei(tragen, tw), die Erreichung der erhöhten Ziele beim Ausbau der Windenergie auf See zu unterstützen“. Denn noch klafft eine Lücke: 10,8 GW erst stehen mit den bisher ausgebauten 7,7 GW sowie mit den bis 2025 anstehenden Windparkerrichtungen einer Gesamtkapazität von 3,1 GW aus den ersten beiden Ausschreibungen des sogenannten Übergangssystems fest. Die beiden Tender hatten 2017 und 2018 stattgefunden. Sie lösten das vorherige System gesetzlich festgeschriebener Vergütungssätze durch in Tendern wettbewerblich ermittelte Vergütungen ab. Vor drei Monaten, im September, war die nun dritte Ausschreibung mit der Vergabe weiterer Vergütungsrechte  zu Ende gegangen. Diese dritte Runde leitete die neue Phase von ab sofort jährlichen Ausschreibungen im sogenannten zentralen Modell ein. Der Flächenentwicklungsplan 2020 umreißt daher die Flächen für die fünf Ausschreibungsrunden bis 2025, deren Windparks bis 2030 entstehen sollen. Die Ausschreibungen bis 2025 würden so zu einem weiteren Zubau von knapp 9,7 GW führen und das bisherige Ziel von 20 GW einstweilen nur knapp übertreffen lassen.

Im Vergleich zum Flächenentwicklungsplan 2020 sieht der Vorentwurf für dessen Fortschreibung einen neuen Zuschnitt der einzelnen Windparkentwicklungsflächen in den großen Entwicklungsgebieten N-9 und N-10 vor. Die Ausschreibungen der N-9- und N-10-Entwicklungsflächen ist für 2024 und 2025 vorgesehen. Die entsprechenden Windparkerrichtungen sollen 2029 und 2030 erfolgen. Der Fortschreibungsvorentwurf konzipiert eine Neugliederung von N-9 in die fünf kleineren Entwicklungsflächen N-9.1 bis N-9.5 statt wie bisher in die nur vier Windparkflächen N-9.1 bis N-9.4. Dasselbe geschieht mit N-10, das sich in N-10.1 bis N-10.3 statt nur in N-10.1 und N-10.2 aufteilt. Außerdem erhöhte das BSH die zulässige Leistungsdichte, um dort weit mehr als 100 Kilometer vor der Küste mehr Kapazität unterzubringen. Die künftigen Windparks dürfen demnach je nach Lage der einzelnen Projektfläche ein Maß von 10,3 bis 11.2 Megawatt (MW) pro Quadratkilometer Fläche erreichen. Zuvor hatte das BSH die Leistungsdichte hier auf etwa 8 MW pro Quadratkilometer begrenzt. Die neue Leistungsdichte werde allerdings zu höheren gegenseitigen Abschattungsverlusten zwischen den Anlagen und Windparks führen, teilt das BSH mit und deutet damit an: Windparks werden hier damit zwar bei gutem Wind mehr erzeugen können, die Anlagen allerdings seltener ausgelastet sein.

Außerdem nahm das BSH das Entwicklungsgebiet O-2 rings um den für einen Netzanschluss im Jahr 2024 vorgesehenen Windpark Baltic Eagle ins Visier. Das BSH kalkuliert nun mit einer Erweiterung des Gebietes nach Westen, wie es der maritime Raumordnungsplan 2021 schon skizziert. Insgesamt ließe die Fortschreibung damit schonmal drei GW mehr Erzeugungskapazität bis 2030 zu.

Auch die vorher noch nicht in Entwicklungsflächen gegliederten Eignungsgebiete mit derselben Küstenentfernung weiter östlich von N-9 und N-10 sowie im sogenannten Entenschnabel mit locker 200 und weit mehr Kilometer Küstendistanz nimmt der Vorentwurf in den Fokus. Er gliedert diese Gebiete in Entwicklungsflächen für fast durchweg 1.000 MW – als Verfügungsmasse für weitere Ausschreibungstermine. Dabei verweist das BSH darauf, dass die neue Ampelregierung bald mit mehr oder größeren Ausschreibungsrunden als bisher geplant das Ausbautempo der Windparks im Meer erhöhen dürfte.

Die Entenschnabel-Zone ist ein langer Korridor in den sich die AWZ mit zunehmender Küstenentfernung verengt – aufgrund der Ausdehnung der benachbarten AWZ-Regionen Großbritanniens, Dänemarks und der Niederlande. Aufgrund der weiten Küstendistanz sieht die Windbranche von hier aus die Einspeisung über ein Exportkabel ins Stromnetz an Land als nicht mehr rentabel an, weil die vielen Kabelkilometer zu teuer würden. Stattdessen überlegen große Offshore-Windpark-Unternehmen wie der dänische Energieversorger Ørsted, die Stromerzeugung auf See direkt zum Betrieb von Offshore-Elektrolyseuren zu nutzen. Sie würden damit am Windpark grünen klimafreundlichen Wasserstoff zu erzeugen. Den Wasserstoff wollen sie mit eher günstigen Pipelines an Land bringen, als wertvollen Energieträger für den Verkehr oder für Industrieprozesse oder zur Rückverstromung und Verstetigung der Stromeinspeisung aus Windkraft.

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