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Wärmewende

Solarwärmedörfer werden populär

Nicole Weinhold

Die Wärmeende wurde bisher verschlafen. Aber jetzt zeigen zahlreiche Dörfer, wie die Umstellung auf erneuerbare Energien auf einen Schlag zu meistern ist. Dabei setzen Dorfgemeinschaften oft auf die Kombination Sonne und Holz, wobei im Sommer eine große Solarthermieanlage die Wärmeversorgung vollständig übernimmt. Bis zum Jahresende 2018 wird die Zahl der deutschen Solar-Bioenergie-Dörfer um fünf auf insgesamt acht wachsen.

Ein Fünftel Solarthermie

Neu sind Randegg und Liggeringen in Baden-Württemberg, Mengsberg in Hessen, Breklum in Schleswig-Holstein und Ellern in Rheinland-Pfalz. Während Breklum und Randegg ihre Einweihungsfeiern schon hinter sich haben, laufen in Liggeringen, Mengsberg und Ellern die letzten Vorbereitungen zur vollständigen Inbetriebnahme von Wärmenetz und Solar-Heizzentrale. In all diesen Dörfern wird übers Jahr zu rund 80 Prozent CO2-neutral mit Holzhackschnitzeln geheizt, während ein Fünftel der Energie für Heizung und Warmwasser von der Sonne kommt. Dabei bleibt der Holzkessel in den Sommermonaten ganz ausgeschaltet. Dann übernimmt die Solarthermieanlage die Restwärmeversorgung des Dorfes.

Attraktive Förderung

Dies hat aus Sicht der Wärmenetzbetreiber gleich mehrere Vorteile. Zum einen wird durch die Solarwärmeanlage Holz eingespart, das zwar als Brennstoff deutlich günstiger ist als Gas und Öl, dessen Preis allerdings aufgrund der steigenden Nachfrage in den letzten Jahren angezogen hat. Vor diesem Hintergrund ist die Solarwärme heute schon eine wirtschaftliche Alternative, zumal der Bund und einige Bundesländer attraktive Förderungen anbieten. Die Kombination mit der Solaranlage bringt für die Holzkessel den zusätzlichen Vorteil, dass diese im Sommerhalbjahr nicht mehr so oft im Teillastbetrieb arbeiten müssen, was mit einem schlechten Wirkungsgrad und somit überproportional hohem Brennstoffverbrauch verbunden wäre. Betreiber überzeugt außerdem, dass sie die jährliche Wartung der Kesselanlage viel entspannter planen können, wenn diese im Sommer über Monate still steht.

Genossenschaft als Betreiber

Als im Jahr 2013 in Büsingen das erste deutsche Solar-Bioenergie-Dorf mit einem Kollektorfeld von rund 1.000 Quadratmetern an den Start ging, war dies zur Blaupause für andere Projekte. Denn damals wurden neue Bioenergiedörfer in der Regel auf Basis einer Bioenergieanlage versorgt. Deren Betreiber verdienten ihr Geld über den durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) garantierten Stromverkauf. Die Verteilung der Abwärme war lediglich ein Zusatzgeschäft. Inzwischen allerdings ist dieses Geschäftsmodell durch Änderungen im EEG für neue Biogasanlagen unattraktiv geworden. Dorfgemeinschaften, die ihre Wärmeversorgung umstellen wollen, denken deshalb eher über die Kombination von Solarthermie und Biomasse und im hohen Norden auch zunehmend über Windenergie nach.

Vielfältig sind auch die Möglichkeiten, den Betrieb der Wärmenetze zu organisieren. In Mengsberg und Breklum haben sich dafür lokale Bürgerenergiegenossenschaften gebildet, während in Ellern und Liggeringen ein kommunaler Versorger als Betreiber fungiert. Inzwischen bieten sich allerdings auch professionelle Ökoenergieunternehmen, die ursprünglich im Strombereich entstanden sind, als Wärmenetzbetreiber an.

Künftig mehr Solarthermie?

Thomas Pauschinger, Mitglied der Geschäftsleitung beim Steinbeis Forschungsinstitut Solites in Stuttgart, der dort unter anderem das Projekt Solnet 4.0 zur Förderung solarer Wärmenetze leitet, sieht bei der Wärmewende in Deutschlands Dörfern inzwischen einen klaren Trend zur Sonne: „Es liegt auf der Hand, dass sich die Solarthermie in immer mehr Energiedörfern als verlässlicher und wirtschaftlicher Wärmeerzeuger durchsetzt, denn solche Anlagen sind eine zukunftssichere Investition und genießen bei den Bewohnern eine hohe Akzeptanz.“ Mit der aktuellen Technik sei dabei noch mehr möglich als der heute in Deutschlands Solardörfern übliche 20-Prozent-Anteil, so Pauschinger: „Wir rechnen damit, dass die Solarthermie zukünftig nicht nur den Sommerbedarf solcher Wärmenetze deckt, sondern durch größere Speicher auch höhere Solaranteile erzielt.“

Weitere Informationen zum Einsatz großer Solarthermieanlagen in Dörfern, Quartieren und Städten, finden sich auf der Internetseite www.solare-waermenetze.de. Das Steinbeis Forschungsinstitut Solites bietet für interessierte Kommunen Erstberatungen an.

Das Projekt Solnet 4.0 wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie Unternehmen der Solarthermiebranche gefördert. Projektpartner sind der AGFW - Effizienzverband für Wärme, Kälte, KWK, das Steinbeis Forschungsinstitut Solites, die Bröer & Witt GbR und das Hamburg-Institut.

Solarenergiedorf Liggeringen, Ortsteil der Stadt Radolfzell, Baden-Württemberg

Betreiber: Stadtwerke Radolfzell GmbH

Inbetriebnahme: 2018

Hausanschlüsse: 90 (erster Bauabschnitt)

Netzlänge: 5 km

Kollektorfläche: 1.100 m² (erster Bauabschnitt)

Kollektortyp: Hochtemperatur-Flachkollektoren

Erwarteter Jahresertrag: 470 MWh/a

Solarer Deckungsanteil: 20 %

Solarenergiedorf Randegg, Ortsteil der Gemeinde Gottmadingen, Baden-Württemberg

Betreiber: Solarcomplex AG

Inbetriebnahme Wärmenetz: 2009

Inbetriebnahme Solarthermie: 2018

Hausanschlüsse:150

Netzlänge: 6,6 km

Kollektorfläche: 2.400 m2

Kollektortyp: CPC-Vakuumröhrenkollektoren

Erwarteter Jahresertrag: 1100 MWh/a

Solarer Deckungsanteil: 20 %

Solarenergiedorf Mengsberg, Ortsteil der Stadt Neustadt, Hessen

Betreiber: Bioenergiegenossenschaft Mengsberg BEGM eG

Inbetriebnahme: 2018

Hausanschlüsse: 150

Netzlänge: 9 km

Kollektorfläche: 3.000 m2

Kollektortyp: Hochtemperatur-Flachkollektoren

Erwarteter Jahresertrag: 900 MWh/a

Solarer Deckungsanteil: 17 %

Solarenergiedorf Breklum, Schleswig-Holstein

Betreiber: BürgerGemeindeWerke Breklum e.G.

Inbetriebnahme: 2018

Hausanschlüsse: 42 (erster Bauabschnitt)

Netzlänge: 3,8 km

Kollektorfläche: 652 m2 (erste Ausbaustufe)

Kollektortyp: CPC-Vakuumröhrenkollektoren

Erwarteter Jahresertrag: 289 MWh/a (erster Bauabschnitt)

Solarer Deckungsanteil: 8 %

Solarenergiedorf Ellern, Ortsteil der Gemeinde Rheinböllen, Rheinland-Pfalz

Inbetriebnahme: 2018

Hausanschlüsse: 105

Netzlänge: 5,3 km

Kollektorfläche: 1.245 m2

Kollektortyp: CPC-Vakuumröhrenkollektoren

Erwarteter Jahresertrag: 555 MWh/a

Solarer Deckungsanteil: 15 %

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