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AKW Hinkley Point

Greenpeace klagt gegen AKW-Subvention

Greenpeace Energy kündigte heute an, die Kommission der Europäischen Union (EU) für die Genehmigung des Atomkraftwerks (AKW) Hinkley Point C mit milliardenschweren Beihilfen zu verklagen. „Der hoch subventionierte Atomstrom von dort wird den europäischen Wettbewerb spürbar verzerren“, sagte Sönke Tangermann, Vorstand von Greenpeace Enery. Das von ihm geführte Ökostromhandelsunternehmen werde eine Nichtigkeitsklage beim EU-Gericht in Luxemburg einreichen, sobald die Beihilfegenehmigung der Kommission auch im offiziellen EU-Amtsblatt veröffentlicht ist. „Anders als Premier Cameron behauptet, ist ein mit vielen Steuermilliarden gepäppelter Reaktorneubau in Hinkley Point eben keine rein britische Angelegenheit“, erklärte Tangermann, „sondern benachteiligt ganz direkt uns als deutsches Unternehmen“.

Hinkley Point C wäre die dritte Ausbaustufe der schon in den 1960er Jahren in Betrieb gegangenen südenglischen Atomenergieanlage. Das Kraftwerk hat derzeit eine Leistung von 1,3 Gigawatt (GW). Hinkley Point C soll in zwei Reaktorblöcken drei GW erzeugen. Zu dem 40-Milliarden-Euro-Projekt will London 22 Milliarden Euro an Zuschuss aufbringen – einerseits in Form von staatlichen Kreditgarantien, andererseits mit einer fixen Vergütung zu umgerechnet elf Cent pro Kilowattstunde (kWh) und einem zusätzlich gewährten Inflationsausgleich zu der Vergütung. Der garantierte Abnahmepreis soll sogar 35 Jahre lang gelten. Zum Vergleich: Die Vergütung der Windkraft an Land in Großbritannien bringt derzeit umgerechnet 13 Cent pro kWh ein. In Deutschland beträgt die Onshore-Windenergievergütung für neue Windparks 8,9 Cent, allerdings sind die Preise derzeit aufgrund eines zuletzt stark gefallenen Euro-Kurses nur unter Vorbehalt zu vergleichen .

Geringe Auswirkung sogar auf die EEG-Umlage

Die im Oktober von der Kommission gewährte Subvention fördert den Bau eines Atomkraftwerkes, das ab 2023 für 60 Jahre lang ins britische Netz einspeisen soll. Bauherren und Zulieferer und damit Profiteure der Förderung sind der französische Stromkonzern Electricité de France (EdF), Kraftwerksbauer Areva und ein Konsortium von Unternehmen aus China. Greenpeace Energy hatte die Genehmigung bereits im Oktober als „Verzerrung der Wettbewerbsregeln“ moniert und sie als juristisch anfechtbar bezeichnet. Nun präsentierten die Deutschen auch eine von Ihnen in Auftrag gegebene Analyse des Dienstleisters Brainpool Energy. Die Förderung des AKW benachteilige vor allem deutsche Ökostromhändler, die grüne Elektrizität in Form der sonstigen Direktvermarktung direkt beim Erzeuger und nicht über den Börsenstromhandel einkauften. Aber auch die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhöhe sich durch die Maßnahme leicht. Denn insgesamt werde die zusätzliche große Erzeugungsmenge an den Strombörsen die Großhandelspreise weiter senken – und damit die Differenz zur EEG-Vergütungshöhe für erneuerbare Energien weiter wachsen. Die EEG-Umlage, mit der sich die Netzbetreiber die verglichen zum Börsenhandelspreis erhöhten Vergütungskosten für die Erneuerbaren von den Stromversorgern zurückholen dürfen, steigt damit ebenfalls unmittelbar an. Allerdings ist dieser Effekt möglicherweise nicht so hoch. Laut Brainpool Energy würde der neue Atomkraftkomplex die EEG-Umlagekosten um 17 Millionen Euro erhöhen – bei einem gesamten Umlagevolumen von 20 Milliarden Euro.

Greenpeace befürchtet Nachahmer, Entstehen der Zustimmung war irritierend

Allerdings befürchtet Greenpeace Energy Nachahmer unter den anderen EU-Regierungen. Von diesen hatten manche tatsächlich bereits ihr Interesse an Förderungen für weitere neue Kernkraftwerke in der Zukunft laut werden lassen – und sich dabei auf ein bereits vorgestelltes Infrastrukturprogramm der Europäischen Kommission von 315 Milliarden Euro bezogen.

Die Fraktion der Partei Die Grünen im deutschen Bundestag begrüßte die Klage-Ankündigung und meldete selbst einen erneuten Antrag im Bundestag an, um die Bundesregierung zu einer eigenen Klage gegen das Atomkraftwerk aufzufordern. Dies versprachen die Energie-Experten Oliver Krischer und Sylvia Kotting-Uhl. Die Regierung müsse zudem andere deutsche Energieunternehmen zu einer Klage ermuntern.

Schon das Zustandekommen der Genehmigung durch die EU-Kommission hatte Kritikern des Londoner Atomkurses irritiert. Die Entscheidung fiel mit nur 16 Ja-Stimmen unter den 28 Kommissaren mit nur einer Stimme über dem notwendigen Quorum von 15 denkbar knapp aus. Dabei war die Kommission bereits in Auflösung begriffen – inzwischen haben die EU-Mitgliedsländer sie im Nachgang zur Europawahl vom Frühjahr 2014 neu besetzt. Der scheidende EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia führte als Begründung für die AKW-Hilfe Marktversagen an. „Ohne Hilfen wird es diese Investition nicht geben“, begründete er damals, nach dem Beschluss.

(Tilman Weber)

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