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Deutschlandmarkt Onshore Windenergie

Fast wieder 2,5 Gigawatt Windparkzubau: Gebremste Erholung hält an 

Noch verblieb der Zubau binnen eines Jahres knapp unterhalb der Marke von 2,5 Gigawatt (GW), mit der 2022 zur besseren Hälfte der vergangenen 20 Installationsjahre gehört hätte. Doch mit einer insgesamt binnen zwölf Monaten installierten Erzeugungskapazität von 2.403 Megawatt (MW) setzte sich „der Aufwärtstrend der Jahre seit 2019“ fort. Dies komme einem Wachstum des Deutschlandmarktes für Windparks an Land um 25 Prozent gleich – nach einem Neubau von 1.926 MW im Jahr 2021. Dies meldeten am Mittwoch in Berlin die Windenergieorganisationen Bundesverband Windenergie (BWE) und VDMA Power Systems bei ihrer Präsentation der sogenannten Onshore-Statistik für 2022 des Marktanalysedienstes Deutsche Windguard. Die deutsche-Windguard-Statistik bilanziert regelmäßig das Ausbaujahr der deutschen Windparks an Land.

Zubau Windenergie an Land in Deutschland 2022

Deutsche WindGuard

Zubau Windenergie an Land in Deutschland 2022

Regionale Schieflage mit viel Windkraft im Norden und wenig im Süden nimmt weiter zu

Damit waren Ende des vergangenen Jahres in Deutschland an Land 28.443 Windenergieanlagen mit einer Gesamt-Erzeugungskapazität von 58,1 GW in Betrieb. Das waren 4,3 Prozent mehr als am Jahresende zuvor. Der Jahreszubau 2022 hatte hierbei die Konzentration der Windkraft auf die vier Bundesländer mit der meisten installierten Nennleistung Niedersachsen, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen weiter verschärft. So nahm der Prozentanteil der in diesen vier Bundesländern im Jahr neu installierten Erzeugungskapazität sogar noch einmal im Vergleich zum Vorjahr leicht zu und betrug rund 77 Prozent an der insgesamt 2022 neu installierten Windkraft. Zum Vergleich: Noch sind in diesen vier Bundesländern Windparks mit rund 60 Prozent der bundesweiten Onshore-Windenergie-Erzeugungskapazitäten in Betrieb.

Die Schieflage des deutschen Onshore-Windenergie-Ausbaus wird wohl auch weiter anhalten, wie ein Blick auf die Vergütungszuschläge in den Ausschreibungen des vergangenen Jahres zeigt. So sind auch 76 Prozent der 2022 in einer der Ausschreibungsrunden qualifizierten Erzeugungskapazitäten diesen vier Bundesländern zuzurechnen.

Verbände prognostizieren für 2023 bis zu 3,2 GW  

Weil die neuen Windparks im vergangenen Jahr ganz überwiegend aus den in den Jahren 2019 und 2020 bezuschlagten Projekte entstanden, erwarten die beiden Windenergieorganisationen auch für 2023 eine weitere Zunahme des Ausbaus. Denn 2021 und 2022 verteilten die Ausschreibungen für weit mehr projektierte Leistung neue Zuschläge mit Vergütungsrechten, so dass die Projektierungsgesellschaften auch wieder weit mehr Projekte bauen können. BWE und VDMA Power Systems erwarten daher für 2023 einen bundesweiten Onshore-Zubau im Bereich von 2,7 bis 3,2 GW.

Genehmigungen und Zuschläge stagnieren auf mittlerem Niveau

Allerdings nahmen im vergangenen Jahr erstmals weder neu genehmigte noch die neu bezuschlagte Windenergieleistung zu. Mit jeweils mehr als 4.240 MW erreichten diese zwar ein um 76 Prozent  höheres Volumen und damit ein deutlich höheres Potenzial als die 2022 installierte Leistung. Doch dies ist noch weit hinter dem ab 2025 von der Bundesregierung vorgesehenen jährlichen Bruttozubau von rund 10 GW. Die anvisierten hohen jährlichen Ausbauvolumen müssen nicht nur die politisch gewollte rasche Erhöhung der Erzeugungskapazitäten absichern, sondern sie müssen auch die rasch zunehmenden Volumen der vor einem Abriss stehenden und deshalb bald vom Netz gehenden älteren Windenergieanlagen ausgleichen.

Repowering nimmt kaum Fahrt auf, viele Anlagen im Weiterbetrieb

Beim direkten Repowering, dem Austausch alter leistungsschwächerer gegen neue Windenergieanlagen mit sehr großer Nennleistung, gingen 2022 genau 103 Anlagen mit 423 MW in Betrieb. Der Abbau alter Windenergieanlagen führte zur Wegnahme von 266 MW. Noch geht der Rückbau alter Anlagen und damit die Entnahme von Windkraftkapazität vom deutschen Netz langsam vor sich. Denn viele Altwindparkbetreiber entscheiden sich bislang noch dafür, die Windenergieanlagen trotz des Wegfalls einer für 20 Betriebsjahre gesicherten Vergütung auch noch nach diesen zwei Jahrzehnten weiterzubetreiben. Anlagen mit 5,5 GW haben gemäß der Statistik bereits ihre Festvergütung verloren und sind noch im Weiterbetrieb, weil die Betreiber sich gewinnbringende Einnahmen am freien Strommarkt versprechen – und zwar nicht zuletzt dank der seit Ende 2021 sehr hohen Stromhandelspreise. Anlagen mit 11.214 MW kommen altersbedingt in den folgenden fünf Jahren ebenfalls noch in diese Situation ohne gesicherte Vergütung. Bei sehr niedrigen Stromhandelspreisen, wie sie noch bis 2020 in Deutschland vorherrschten, dürfte sich für viele dieser Altanlagen der Weiterbetrieb indes nicht mehr lohnen. Ihr Weiterbetrieb ist daher unsicher. Durch konsequentes Repowering ließen sich „kurzfristig“ 45 GW hinzubauen, wenn die Politik die Flächen bestehender Altwindparks konsequent weiterhin für eine Windkraftnutzung ausweisen lässt, argumentierten BWE und VDMA Power Systems. Dies ist allerdings bislang für einen nicht unerheblichen Teil der Altwindparks nicht vorgesehen.

Auch die Größe der neu installierten Anlagen nimmt weiterhin stetig zu. Das Leistungsvermögen der neu installierten Windenergieanlagen wuchs 2022 im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent auf durchschnittlich 4,4 MW. Die Rotorgröße mit einem vergleichsweise nur um drei Prozent höheren Durchschnittswert von 137 Metern Durchmesser verblieb noch deutlich unter dem der größten 4,5-MW-Anlagen mit 149 und 150 Meter Rotordurchmesser.  

Branchenorganisationen fordern zusätzliche teils schon versprochene politische Maßnahmen 

Zubau Windenergie an Land in Deutschland von 1995 bis 2022

Deutsche WindGuard

Zubau Windenergie an Land in Deutschland von 1995 bis 2022

Die Vertreter der Windenergieverbände werteten das Ergebnis des Onshore-Ausbaujahres für Deutschland als nicht ausreichend. „Der Zubau war weiterhin zu gering“, sagte der Geschäftsführer der Windenergiesparte des Maschinen- und Anlagenbauverbandes VDMA, Dennis Rendschmidt. „Wir brauchen jetzt schnellstmöglich einen Hochlauf von Projekten – dies wäre ein dringend benötigtes politisches Signal für die gesamte Lieferkette in Deutschland und Europa. Nicht durch politische Ziele, sondern mit genehmigten Projekten.“ Der Geschäftsführer von VDMA Power Systems verweist damit auf die sehr hohen jährlichen Ausbauziele für die Windenergie an Land im deutschen Bundesgebiet und auf die dazu nicht passenden teilweise immer noch stark unterzeichneten Ausschreibungsrunden.

„Die Zahlen bleiben im fünften Jahr in Folge ernüchternd“, sagte BWE-Präsident Hermann Albers. „Sie stehen symptomatisch für die politischen Fehlsteuerungen der letzten Bundesregierung.“ Diese hatte insbesondere mit einer Reform des Vergütungs- sowie des Wettbewerbssystems innerhalb des novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2017 für einen Markteinbruch im Folgejahr gesorgt. Damals war der Wechsel von einem System mit einheitlichen und festen Vergütungen deutlich oberhalb der Stromhandelspreise zum heutigen wettbewerblichen Ausschreibungssystem erfolgt. Der Einbruch begann 2018 und führte 2019 zum Ausbautief von nur noch knapp 1,1 GW. Seit 2020 steigen die jährlichen Werte allmählich wieder an.

Die beiden Windenergieorganisationen forderten weitere politische Maßnahmen für eine Beschleunigung des Wachstums im bundesweiten Windparkausbau an Land. So müsse die Bundesregierung das schon geplante Regelungspaket zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für neue Windparkprojekte liefern, ebenfalls von ihr angekündigte Erleichterungen fürs Repowering auf den Weg bringen sowie die Schwerlasttransportgenehmigungen für die Lieferungen der großen Anlagenkomponenten auf den Straßen erleichtern.

Außerdem verlangen sie eine Antwort auf den Inflation Reduction Act der USA. Mit diesem Gesetz schreiben die USA vor, dass die in dem zweitgrößten Windenergiemarkt der Welt tätigen Unternehmen auch ihre Wertschöpfung in dem Land stattfinden lassen müssen. Europäische Wirtschaftsverbände befürchten Wettbewerbsnachteile und eine Verlagerung von Fabriken und Unternehmen aus Europa in die USA. Die Windenergiebranche in Deutschland benötige daher „Maßnahmen für eine gezielte strategische Stärkung der europäischen Windenergie-Lieferkette“, sagte Rendtschmidt. Die deutsche Politik müsse sich auf „EU-Ebene“ dafür einsetzen.

Erfahren Sie hier auch schon etwas über die sich abzeichnenden Marktanteile am deutschen Onshore-Windpark-Ausbau der Windenergieanlagen herstellenden Unternehmen. Und hier finden Sie das Interview mit dem Nordex-Deutschland-Chef dazu.   

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