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EEG-Umlage für 2016 – ein Kommentar

Agora prognostiziert höhere EEG-Umlage

Noch einen Monat haben die Übertragungsnetzbetreiber Zeit, die EEG-Umlage für das kommende Jahr zu berechnen. Doch schon jetzt werden die ersten Prognosen abgegeben. So hat das Berliner Forschungsinstitut Agora Energiewende ausgerechnet, dass die Umlage im kommenden Jahr wieder steigen wird. Auf einen Wert zwischen 6,4 und 6,6 Cent pro Kilowattstunde taxieren die Berliner die EEG-Umlage für 2016. Für die Stromkunden ändert dies nichts – zumindest dann nicht, wenn die Stromanbieter ehrlich rechnen. Denn Agora Energiewende begründet die steigende Umlage mit sinkendem Börsenstrompreis. Dieser ist in den vergangenen zwölf Monaten um eben diese gut 0,3 Cent zurückgegangen, um die die EEG-Umlage laut Berechnungen der Berliner steigen wird.

Den erneuerbaren Energien wird dies nichts nützen. Schließlich fällt ihnen die steigende Umlage auf die Füße und hinterlässt beim Stromkunden den faden Nachgeschmack einer angeblich teuren Energiewende. Zumal die Versorger die billigeren Beschaffungskosten nicht an den Verbraucher weitergeben müssen, wie sie es in den vergangenen Jahren nur zu oft getan haben. Dass die Energiewende nicht teurer wird, auch wenn die EEG-Umlage steigen sollte, steht nicht auf Rechnung der Stromkunden.

Strompreise künstlich niedrig gehalten

Dass die Preise an der Strombörse ohnehin künstlich niedrig gehalten werden, steht ebenfalls nicht auf der Stromrechnung. Denn während die erneuerbaren Energien den Preis real senken, weil sie nahezu ohne Grenzkosten ins Rennen gehen, die für das Ranking an der Börse entscheidend sind. In ihnen sind alle Kosten für die Stromproduktion abzüglich der Investitionskosten enthalten. Sprich, es werden die Betriebskosten, die Brennstoffkosten, aber auch variable Kosten wie die Preise für Zertifikate zum Ausstoß von Treibhausgasen mit eingerechnet. Da letztere ohnehin zu niedrig sind, können die Betreiber von Kohlekraftwerken ihren Strom billig an der Börse anbieten.

Rückstellungen reichen nicht aus

Doch das eigentliche Problem bei der Berechnung der Börsenstrompreise sind die Kernkraftwerke. Denn die eigentlichen Kosten für die Atomkraft fallen erst nach der Stilllegung der Meiler an. Der Rückbau wird zweistellige Milliardenbeträge verschlingen. Es wird immer unwahrscheinlicher, dass die drei Energieriesen Eon, RWE und EnBW, die in Deutschland noch Kernkraftwerke im Bestand haben, den Rückbau finanzieren können. Zwar müssen sie entsprechende Rückstellungen bilden. Doch fallen diese viel zu niedrig aus, um die tatsächlichen Kosten für den Kraftwerksrückbau und die Entsorgung des Atommülls aufzubringen. Aus der Portokasse werden sie es nicht bezahlen können. Denn darauf haben noch andere Ansprüche angemeldet. Wie der Vorstandsprecher der GLS Bank Thomas Jorberg vorrechnet, kommen auf die drei Stromriesen allein 51 Milliarden Euro Versorgungszahlungen für ehemalige Mitarbeiter zu. Insgesamt müssten die Konzerne Rückstellungen in Höhe von 84 Milliarde Euro für die Pensionskasse und den Rückbau der Kraftwerke bilden. „Dem stehen zum Jahresende 2014 kurzfristige liquide Mittel und Wertpapiere in Höhe von 18 Milliarden Euro gegenüber“, sagt Jorberg. „Alle andern Aktiva sind unterschiedliche Investitionen in Anlagen oder Unternehmen.“

Imagegewinn für die Erneuerbaren

So kommt auf den Steuerzahler nicht nur der Rückbau der Kernkraftwerke zu. Vielmehr hat er diesen schon über die EEG-Umlage mitbezahlt. Denn würden die Stromkonzerne – abgesehen von den sonstigen Subventionen, die sie bekommen und die auf keiner Stromrechnung auftauchen – Rücklagen in ausreichender Höhe bilden, könnte der Atomstrom an der Börse nicht so billig angeboten werden. Dies würde dann die Preise an der Strombörse steigen lassen, was wiederum eine sinkende EEG-Umlage bewirken würde. Das wäre nicht nur ein realer Preis für den Strom, den der Verbraucher von seinem Versorger bezieht, sondern auch ein Imagegewinn für die erneuerbaren Energien. Denn dann könnte jeder Stromkunde sehen: Die Energiewende ist gar nicht so teuer, wie sie immer dargestellt wird.

Kunden zahlen zu viel EEG-Umlage

Die Berechnungen von Agora Energiewende gehen auch nur dann auf, wenn alles so bleibt wie bisher. So können die Übertragungsnetzbetreiber weiterhin kreative Rechnungen anstellen, wie hoch die EEG-Umlage im kommenden Jahr sein wird. Statt dessen sollten sie einmal eine Blick auf den Auszug aus dem EEG-Konto werfen. Dann würden sie sehen, dass dort ein Überschuss von fast 3,183 Milliarden Euro steht. Diese Summe übersteigt die gesamten Auszahlungen, die die Übertragungsnetzbetreiber in einem guten Ökostrommonat an die Anlagenbetreiber leisten müssen. Diese lagen im Juni, dem für die erneuerbaren Energien besten Monat dieses Jahres, bei fast 2,633 Milliarden Euro. Tendenziell wird der Überschuss auf dem EEG-Konto aber wieder ansteigen. Denn in den dunkleren Herbst- und Wintermonaten sinkt nicht nur die Einspeisung von Solarstrom. Vielmehr steigen die Stromverbräuche und damit auch die Einzahlungen der Stromkunden auf das EEG-Konto.

Konkret heißt das, die Stromkunden haben mit jeder Kilowattstunde fast einen Cent zu viel auf das EEG-Konto eingezahlt. Denn zieht man den Überschuss von den Deckungslücke ab, hätte die EEG-Umlage in diesem Jahr bei 5,27 statt bei 6,17 Cent pro Kilowattstunde liegen können. Auch wenn ein Cent pro Kilowattstunde nicht viel ist. Denn für einen Vierpersonenhaushalt mit einem Stromverbrauch von 4.000 Kilowattstunden pro Jahr summiert sich die zu hohe EEG-Umlage auf gerade mal 36 Euro im ganzen Jahr. Doch viel wichtiger ist der Eindruck, den eine zu hohe EEG-Umlage beim Stromkunden hinterlässt.

Reserve ist ohnehin schon vorgesehen

Es ist zwar immer schön, etwas angespart zu haben, um zur Not auch die Auszahlungen an die Anlagenbetreiber leisten zu können. Doch der Überschuss ist gesetzlich gar nicht vorgesehen. Schließlich können die Übertragungsnetzbetreiber eine Liquiditätsreserve von zehn Prozent der voraussichtlichen Auszahlungen zusätzlich in die EEG-Umlage einrechnen. Zwar wird der Überschuss in der Berechnung der Umlage für das kommende Jahr von den Kosten abgezogen. Doch dann hat die Energiewende ihren Imageschaden schon weg. Es bleibt also spannend, ob die Übertragungsnetzbetreiber die Erkenntnisse aus jahrelanger Führung des EEG-Kontos endlich in die Berechnung der Umlage einfließen lassen oder ob sie weiterhin eine möglichst hohe Umlage ausrechnen, um die erneuerbaren Energien bei den Stromkunden madig zu machen. (Sven Ullrich)