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Komplettsimulation berechnet Normalverhalten jeder Windturbine

Nach einer zweieinhalbjährigen Entwicklungsphase schalteten sie am 1. Februar ein System für alle 279 von VSB gesteuerten und überwachten Windenergieanlagen scharf, das mit dem Instrumententrio hantiert. Es reizt die Stromerzeugung merklich aus und reduziert dennoch Komponentenschäden und Turbinenausfälle. Was so ein System können soll, ist branchenweit längst ausdiskutiert: Es muss das Normalverhalten jeder Turbine in ihrer ganz individuellen Umgebung in jedem Moment erkennen. Es muss lernen, wie benachbarte Windturbinen und deren Windschattennachläufe dieses Normalverhalten prägen. Und es lernt, wie jede einzelne Turbine auf Strömungen reagiert, die je nach Windrichtung über benachbarte Hügel oder flache Wald- oder Ackergebiete mit eigener Thermik heranwehen – und wie auf Netzengpässe der Stromleitungen oder auf Abschaltungen für den Artenschutz bei wetter- wie ernteabhängigen Flügen von Vögeln und Fledermäusen. Auch muss es Windturbinentyp-abhängige Eigenschaften, Komponenten-Alterungsverläufe oder konkrete Wartungsstrategie, Aktualität der Reparaturen und Windparkeinstellungen kennen, um das bestmögliche Verhalten dieser Anlagen vorauszusehen. Eine künstliche Intelligenz, die auf der Basis historischer Betriebsdaten „mit neuronalen Netzen das normale Verhalten der Windkraftanlagen je Standort … simuliert und … es mit den aktuellen Betriebs- und Sensordaten“ abgleicht, so nennen es VSB und Turbit. Natürlich muss dieses System ohne Unterlass lernen, wie die Anlagen auch unter sich ändernden Bedingungen fahren.

Big Data speichert Datenmengen von Windbedingungen

Nur alle drei Instrumente zusammen erreichen den Gesamtzweck: Big Data soll helfen, die von unterschiedlichsten Sensoren erstellten Datenfluten zu Wind, Wetter, witterungsabhängigem Flugverhalten der Tiere, zu Windströmungen abhängig von Windrichtungen oder zu Geräusch- und Temperaturentwicklungen in der Anlage so miteinander abzugleichen, dass keine Zweifel über die Vorgänge im Windpark möglich sind. Die digitalen Zwillinge simulieren das Normalverhalten der Anlagen bezogen auf diese errechneten Vorgänge. Und künstliche Intelligenz lässt das System lernen. Es soll sogar mit lernenden Systemen von Partner-Windparkunternehmen in Verbindung treten und seine Genauigkeit durch Datenaustausch mit diesen erhöhen, so sagt es der Projektmanager bei VSB, Eric Schacht.

Um den Erfolg des smarten Anlagenbetriebs abzusichern, stellte VSB einen Beauftragten fürs Anwenden des intelligenten Steuerungssystems ein. Wöchentlich treffen sich VSB-Windparküberwacher nun mit den Datenanalysten von Turbit, die wesentliche von nicht wesentlichen Datenkurven trennen, ehe VSB-Experten die von Turbit bestätigten Entwicklungen bis zu einem Wartungseingriff weiterverfolgen. Durch Komponentenerwärmung vorgezeichnete Probleme wie verstopfende Filter der Hauptlager erkennen sie nun zielsicher, um zur rechten Zeit zu handeln – statt mit Wartungskräften bei angehaltenen Anlagen erst danach zu suchen oder gar Schäden am Hauptlager abzuwarten. Die seltenen Fehlalarme aufgrund Abregelungen durch Netzbetreiber oder durch die beauftragten Stromdirektvermarkter hat das System ganz abgeschafft. Eine Zusammenarbeit mit dem Zulieferunternehmen von Messsensoren ist angedacht, um das System mit den Rotorblattsensoren nun sogar eventuelle Getriebeschäden hören zu lassen.

Windparkdigitalisierung gegen Fachkräftemangel 

Dass die Dresdner in Windparkintelligenz investieren, erklärt VSB mit Wartungsrückständen aufgrund der grassierenden Fachkräftenot in den Service-Sparten der Windturbinenhersteller. Windparkbetreiber könnten bei heute bis zu sechs Megawatt Erzeugungskapazität pro Windturbine nicht mehr zulassen, Anlagen unnütz vom Netz trennen zu müssen. Das lernende neuronale VSB-Turbit-System oder vergleichbare Systeme dürften in zwei Jahren in Windparks an Land Standard sein, schätzt Schacht. So wie Offshore-Windparkbetreiber womöglich bald schon digitale Zwillinge nutzen.