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Sachsen öffnet Fördertopf – ein Kommentar

Dresden unterstützt erneuerbare Wärme

Im Braunkohleland Sachsen scheinen neue Zeiten angebrochen. Zumindest was die Energiewende angeht. Der Sozialdemokrat Martin Dulig, seit acht Monaten Wirtschaftsminister in Dresden hat einen neuen Fördertopf aufgelegt. Insgesamt 70 Millionen Euro stellt die Regierung des Freistaates zur Verfügung, um die Installation von Anlagen zu fördern, die erneuerbare Energien als Quelle nutzen. Ach die Installation von Speichern und Energieeffizienzmaßnahmen werden aus dem Topf gefördert. Erklärtes Ziel: Die Kohledioxidemissionen sollen drastisch sinken. In Sachsen ein wichtiges Thema. Denn die Verstromung von Braunkohle ist in dem Bundesland der Klimakiller Nummer Eins. Die beiden großen Braunkohlekraftwerke in Boxberg und Lippendorf stehen mit Platz fünf und sieben ganz vorn auf der Liste der schmutzigsten Kraftwerke Deutschlands. Deshalb orientiert sich die auch die Höhe der Förderung daran, wie viel Kohlendioxidemission mit der installierten Anlage eingespart wird. Nachdem die Wähler den Energiewende-Bremser Sven Morlock von der FDP von der Regierungsbank verbannt haben, ist die neue Förderung zumindest ein Zeichen, dass es vorwärts geht.

Braunkohlebagger wühlen weiter

Doch der Schein scheint erst einmal zu trügen. Denn die neue Förderung gilt ausschließlich für Wärmeerzeuger. Solar- oder gar Windkraftanlagen werden damit nicht unterstützt. Mit der Begründung, diese bekommen ja ihre Förderung aus dem EEG, hat Dresden diese aus der eigenen Förderung ausgenommen. Tunlichst lässt auch die sächsische SPD die Finger von der Braunkohle – zumindest vorerst. Man will die Wähler in der Lausitz und im Süden von Leipzig nicht verärgern, wo sich die Braunkohlebagger durch die sächsische Erde wühlen. Ein klares Bekenntnis gegen die Braunkohle und für Ökostrom – so weit geht die Liebe zur Energiewende dann doch nicht.

Der Erhalt der Arbeitsplätze in den Braunkohleregionen hat für die sächsische Staatsregierung oberste Priorität. Schließlich brauche man die heimische Braunkohle als Garant für eine sichere Energieversorgung in der Übergangsphase hin zur dezentralen Versorgung mit erneuerbaren Energien, tönt es aus dem Wirtschaftsministerium in Dresden. Zumindest offiziell ist damit die Marschrichtung klar. Die Geschäfte der Braunkohleverstromer sollen nahtlos weitergehen.

Neu ist allerdings der ganz ganz vorsichtige Blick über den Tellerrand. Denn neben den Arbeitsplätzen und den Geschäften der Energieversorger interessiert sich in Dresden erstmals jemand auch für die Belange der Bewohner von Schleife und Trebendorf. Die beiden Örtchen in der Lausitz sollen zugunsten der Braukohle abgebaggert werden. Die Bewohner brauchen auch eine klare Aussage, wie ihre Zukunft aussehen wird.

Den schlafenden Riesen wecken

Auf der anderen Seite deckt Dresden mit der Förderung der Solar- und Geothermie sowie der Nutzung von Biogas als Wärmequelle genau die bisher vergessene Seite der Energiewende auf. Man will den schlafenden Riesen wecken. Immerhin hat die Wärmeversorgung einen viel höheren Anteil am Endenergieverbrauch als die Stromversorgung. Und diese dümpelt immer noch vor sich hin. Regelmäßig explodieren die Kohlendioxidemissionen, wenn die Winter kalt und streng sind. Hier ist eine separate Förderung durchaus gut aufgehoben, auch wenn sie sich – wie der Leipziger Energierechtsexperte Martin Maslaton prognostiziert – zu einem großen Teil auf Forschungs- und Entwicklungsprojekte konzentrieren werde. Denn diese sind in die Förderung mit einbezogen. Doch selbst Maslaton hält die Förderung für einen Schritt in die richtige Richtung. Bis zu 90 Prozent der Investitionssummen können mittelständische Unternehmen über die Sächsische Aufbaubank als Förderung bekommen, je nachdem wie hoch die Einsparung an Kohlendioxid durch die Installation der Anlage ist. Mit einer Deckelung auf 90.000 Euro pro Projekt bäckt Dresden hier auch nicht die kleinsten Brötchen.

Blick in die Zukunft

Auch mit der Förderung von Speichern scheint das Wirtschaftsministerium in Dresden den Weitblick zu wagen. Denn die Unterstützung bezieht sich ausschließlich auf Speicher, die am Regelenergiemarkt teilnehmen können. Dazu brauchen sie eine gewisse Größe und müssen vorher von den Energieversorgern präqualifiziert werden. Damit schlägt Dresden gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Auf der einen Seite unterstützt der Freistaat die Installation von Speicherkapazität. Auf der anderen Seite löst er zumindest ansatzweise das Problem einer zukünftigen Versorgung mit volatilen Stromquellen. Rein vom Ansatz her wäre Sachsen damit besser auf die Energiewende im Stromsektor vorbereitet als andere Bundesländer – sollten die Braunkohlekraftwerke doch eines Tages ihre Arbeit einstellen, was Dresden allerdings noch in weite Ferne schieben möchte. Dies ist zumindest der Eindruck, wenn man sich die Haltung der Sachsen zu den Vorschlägen des Bundeswirtschaftsministers ansieht, den Braunkohlestrom mit einer separaten Steuer zu belegen, um den Druck auf die Betreiber zu erhöhen, ihre Kraftwerke so bald wie möglich zu schließen. (Sven Ullrich)