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Wahl in den USA – ein Kommentar

Künftiger US-Präsident setzt auf Kohle und Öl

Nun ist es klar: Donald Trump wird nächster Präsident der Vereinigten Staaten. Alle Welt stellt sich jetzt die Frage: Was bedeutet das? Für die internationale Klimapolitik und die erneuerbaren Energien wird ein US-Präsident Donald Trump sicherlich erst einmal kein riesiger Gewinn sein. Im Gegenteil. Er will die Dekarbonisierung der Energieversorgung in den USA stoppen und setzt auf Kohle aus Virgina und Öl aus Texas, und North Dakota. Abhilfe bei den steigenden Energiekosten in den USA soll zudem Öl aus kanadischen Ölsandvorkommen schaffen, das durch die geplante Keystone-XL-Pipeline aus der Provinz Alberta bis nach Huston, Texas, fließt. Geplant ist derzeit eine Erweiterung der Leitung, um auch die Ölsandgebiete in Montana mit anzubinden.

So sieht das energiepolitische Programm Trumps aus, das er im Wahlkampf vertreten hat. Er verspricht, auf diese Weise den Verlust von Jobs in der Kohleindustrie und in der Ölwirtschaft zu stoppen und statt dessen noch mehr Arbeitsplätze in diesem Bereich zu schaffen. Dass zumindest die Kohlekumpel nichts auf die Versprechungen von Donald Trump geben, zeigt, dass gerade in Virginia, dem größte Kohleförderstaat der USA, die Wähler sich mehrheitlich für Hillary Clinton entschieden haben.

Preissenkungen gehen an Trumps Wahrnehmung vorbei

Ob er mit einheimischen Öl die Energiepreise senken kann, wie er es versprochen hat, ist noch längst nicht klar. Vor wenigen Jahren wollten die amerikanischen Frackingunternehmen den Ölscheichs auf der arabischen Halbinsel Konkurrenz machen. Das ging aber nach hinten los. Die OPEC hat die Schlacht aufgenommen und den Preis gedrückt. So ist der Abbau von Öl und Erdgas in den USA so teuer geworden, so dass die Unternehmen allesamt wieder aus dem Markt geflogen sind.

Dass er nichts von erneuerbaren Energien hält, daraus hat Trump nie einen Hehl gemacht. Doch er ist Amerikaner genug, um sie nicht aktiv zu behindern, sondern er will sie über den Wettbewerb aus dem Markt drängen. Er ist mit dem Glauben durch den Wahlkampf gereist, die Erneuerbaren seien immer noch nicht konkurrenzfähig und die Energiepolitik des Noch-Präsidenten Barack Obama gescheitert. „Ich kenne Solarenergie, aber das Problem mit der Solarenergie ist, sie ist sehr teuer“, sagt er in seiner Unwissenheit, dass die Photovoltaik in den vergangenen Jahren einen rasanten Preisrutsch hingelegt hat. Hier könnte sich Trump massiv verrechnen, wenn er auf die Hoffnung setzt, mit fossilen Energieträgern die Strompreise in den USA zu senken. Denn auch in den USA wird die Verstromung von Kohle und Erdöl teurer, während die Preise für den Ökostrom weiter sinken, wie eine Analyse von Bloomberg New Energy Finance zeigt.

Amerikaner wollen die Energiewende

Immerhin sind die Bürger schlauer als ihr zukünftiger Präsident. Sie kennen ihre Stromrechnung und sie wissen, dass der Strom aus einer Solaranlage auf dem Dach des eigenen Hauses viel billiger ist als die Energie vom Versorger. Auch die Stromversorger setzen nicht auf Photovoltaik und Windkraft, weil dort die Umweltschützer das Sagen haben, sondern weil die Energie aus den riesigen Solar- und Windparks, die in den vergangenen Jahren gebaut wurden, längst konkurrenzfähig gegenüber den fossilen Energieträgern ist. Zumindest in den Staaten des Südens und Südwestens mit ihrer üppigen Sonneneinstrahlung ist die Solarenergie längst wirtschaftlich. Das wissen die Bürger in Kalifornien und Arizona, wie eine repräsentative Umfrage der Analysten von Pew Research Center mit Sitz in Washington D.C. ergeben hat.

Neun von zehn Amerikanern wollen die Energiewende. Damit ist sie das Bindeglied zwischen den beiden politischen Lagern in den USA. Die Fossilen spalten hingegen die Nation ganz tief. Je konservativer die politische Einstellung, desto größer die Zustimmung zu Kohle und Öl, so kann man die Haltung zusammenfassen.

Votum gegen die politische Kaste in Washington

Doch den Wählern ging es nicht um politische Inhalte oder gar die erneuerbaren Energien. Das zeigt ganz deutlich, dass sie sich in den Staaten, in denen die Erneuerbaren derzeit stark ausgebaut werden, sehr unterschiedlich für die beiden politischen Lager entschieden. So geht Kalifornien und Nevada ganz klar an Hillary Clinton, während in North Carolina, dem zweitgrößten Photovoltaikmarkt der USA, Donald Trump genauso die Nase vorn hatte, wie in Texas, Oklahoma oder Iowa, die beim Ausbau der Windkraft bisher vorn liegen. Vielmehr wurde das politische Establishment in Washington abgewählt. Dass Trump die Erneuerbaren wie auch den internationalen Klimaschutz für Teufelswerk hält, steht für eine radikal-konservative Haltung des New Yorker Immobilienmilliardärs, mit der er sich möglichst klar von der bisher dominierenden politischen Kaste in der Hauptstadt abgrenzen will.

So kann er auch in seiner Rede, die er nach seinem Wahlsieg gehalten hat, ohne weiteres versöhnlichere Töne anschlagen. Auch wenn er die Drohung nicht zurücknimmt, aus dem Klimaschutzabkommen auszusteigen, wolle er nun doch der Präsident aller Amerikaner werden – was immer das im Detail bedeutet, denn schließlich gibt es genügend Amerikaner, mit denen er lieber nichts zu tun haben will, was auf Gegenseitigkeit beruht – und er wolle konstruktiv mit allen Nationen der Welt zusammenarbeiten.

Sicherlich wird ihm niemand diesen abrupten Wandel abnehmen. In Europa ist man skeptisch, was das betrifft und erwartet schwieriger werdende transatlantische Beziehungen, wie es EU-Parlamentspräsident Martin Schulz gegenüber der ARD ausdrückte. „Wir müssen uns zum Klimawandel, zum Atomabkommen mit dem Iran und zu Syrien neu abstimmen“, ergänzt der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault ebenfalls gegenüber der ARD. „Denn was er bisher gesagt hat, löst einige Sorgen aus.“ Aber man wisse schließlich längst noch nicht, was Trump in seiner Position als US-Präsident tatsächlich machen wolle.

Erneuerbare werden sich durchsetzen

Der steht erst einmal vor Tatsachen. Das Klimaabkommen ist beschlossen und auch von den USA ratifiziert. Hier geht es längst nicht mehr um die Option, in ein Abkommen einzusteigen, sondern nur noch um die Möglichkeit, aktiv und explizit aus dem Abkommen aussteigen. Ob er diese Opt-Out-Strategie tatsächlich durchsetzen kann und will, bleibt bei einem politisch unberechenbaren US-Präsidenten Donald Trump völlig unklar. Immerhin braucht er in Washington diesbezüglich kaum politischen Gegenwind zu befürchten, da die Republikaner nicht nur die Präsidentschaftswahl gewonnen, sondern auch den Senat und das Repräsentantenhaus fest im Griff haben.

Für die Regenerativbranchen in den USA reicht es aus, wenn Trump sie einfach in Ruhe lässt und statt dessen seinen Kopf in die Erde von Virgina vergräbt, auf der Suche nach der „schönen sauberen Kohle“, wie er am 20. August dieses Jahres in einem Statement verlautbaren ließ. Viel Schaden kann er nur anrichten, wenn er die Erneuerbaren aktiv behindert. Wie das geht, machen ihm die europäischen Regierungen, die sich jetzt so schockiert und besorgt um das Klimaabkommen zeigen, schon seit Jahren vor. Bisher hat er aber in seinen Wahlkampfgetöse nichts derartiges verlauten lassen. Sein zentrales Ziel ist die Unabhängigkeit vom Öl aus dem Nahen Osten. Er setzt dabei zwar eher auf die fossilen Energieträger, die er lieber aus Kanada statt aus Saudi Arabien importiert sehen will. Doch trotz aller Verteufelung der Erneuerbaren scheint ihm der Solargenerator und das Windrad in den USA näher als das Öl aus der arabischen Wüste zu sein. Spätestens wenn klar wird, dass die fossilen Energieträger preislich nicht mehr mit den erneuerbaren Energien mithalten können und die hohen Strompreise in Kalifornien, Arizona oder Hawaii auch mit der neu geförderten Kohle aus Virginia nicht sinken, werden auch die Amerikaner auf die Solar- und Windenergie zurückgreifen – zur Not auch am Präsidenten vorbei. (Sven Ullrich)